Aufgrund der vielfältigen Belastungen und Unsicherheiten, ausgelöst durch die weltweiten Krisen, war das Jahr 2023 ein Jahr schwacher Wirtschaftsdaten, was auch am rheinhessischen Arbeitsmarkt nicht spurlos vorüber gegangen ist. Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung stiegen im Jahresdurchschnitt 2023 deutlich an. So erhöhte sich die Zahl der Arbeitslosen in Rheinhessen im Vergleich zum Vorjahr um 1.535
oder 9,2 Prozent auf 18.251 Menschen. Die Unterbeschäftigung, die z.B. Personen in Maßnahmen der Arbeitsmarktpolitik und in kurzfristiger Arbeitsunfähigkeit mitzählt, nahm gegenüber 2022 um 1.138 oder 5,9 Prozent auf 20.508 Personen zu. Die Arbeitslosenquote betrug im Jahresdurchschnitt 2023 5,0 Prozent, im Vorjahr hatte sie bei 4,6 Prozent gelegen.
Besonders deutlich war der Anstieg der Arbeitslosenzahlen im Vergleich zum Vorjahr bei den ausländischen Arbeitskräften mit einem Plus von 16,1 Prozent und bei den Jüngeren unter 25 Jahren mit einem Plus von 13,4 Prozent. Insgesamt entfielen rund zwei Drittel des Anstiegs auf die von den Jobcentern betreuten Arbeitslosen. Auch bei den Stellenmeldungen schlug die nachlassende konjunkturelle Dynamik zu Buche. Mit 16.398 neuen Stellen wurden in 2023 13,3 Prozent weniger offene Stellen gemeldet als im Jahr davor. Im Bestand waren jahresdurchschnittlich 6.875 offene Stellen, ein Minus von 10,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Mit den gestiegenen Arbeitslosenzahlen stiegen auch die Kosten für das Arbeitslosengeld. 2023 zahlte die Mainzer Arbeitsagentur 140,7 Mio. Euro Arbeitslosengeld I, gegenüber 124,1 Mio. im Jahr zuvor. Die Kosten lagen dennoch unter dem Niveau der Jahre 2020 und 2021. Deutlich gestiegen sind mit 19,1 Mio. auch die Aufwendungen für das Insolvenzgeld. Rückläufig waren dagegen mit 3,3 Mio. die Kosten für das Kurzarbeitergeld.
Laut Heike Strack, Leiterin der Mainzer Arbeitsagentur, hat sich der heimische Arbeitsmarkt im vergangenen Jahr dennoch als verlässlich und widerstandsfähig erwiesen. „Gemessen an dem schwierigen konjunkturellen Umfeld und dem eingetrübten Geschäftsklima hat sich der Arbeitsmarkt nach wie vor stabil gezeigt“, erklärt sie. Zwar habe die Nachfrage nach neuen Mitarbeitern nachgelassen, sei aber dennoch vergleichsweise hoch und die konjunkturell bedingte Kurzarbeit habe im Jahresverlauf auf einem im langjährigen Vergleich moderaten Niveau gelegen.
Ein weiteres Indiz dafür, dass sich der Arbeitsmarkt nach wie vor gut behauptet habe, sei zudem ein erneuter Anstieg bei den Beschäftigtenzahlen, auch wenn dieser laut den aktuell vorliegenden Zahlen in der ersten Jahreshälfte 2023 lediglich 1,1 Prozent betragen habe. Neue Beschäftigungsverhältnisse entstanden vor allem im Bereich der Dienstleistungen, in der Energieversorgung, in der Gastronomie, in der öffentlichen Verwaltung und in den Bereichen Information und Kommunikation sowie Erziehung und Unterricht. Weniger Beschäftigte gab es dagegen unter anderem im Handel und im Gesundheitsbereich. Insgesamt war der Beschäftigungsaufbau bei den Spezialisten und Experten am größten, während die Jobs im Helferbereich weiter zurückgingen.
Geflüchtete beenden erste Sprach- und Integrationskurse
Neben der schlechteren Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes, insbesondere für Ungelernte, trugen auch zahlreiche Arbeitslosmeldungen von geflüchteten Menschen zum Anstieg der Zahlen bei. Im Dezember 2023 waren rund 3.000 erwerbsfähige Personen mit ukrainischer Staatsangehörigkeit und rund 6.000 Personen aus Asylherkunftsländern bei der Arbeitsagentur und in den rheinhessischen Jobcentern registriert. Viele der Geflüchteten, sei es aus der Ukraine oder aus anderen Ländern, haben die ersten Sprachkurse beendet und verfügen damit über Grundkenntnisse der deutschen Sprache. „Für diese Menschen steht mit der Vermittlung in Arbeit nun die zweite Phase der Integration an“, so Strack. „Auch wenn die Sprachkenntnisse noch nicht perfekt sind, bin ich sicher, dass diese Menschen dazu beitragen können, einige Personallücken in den Betrieben zu schließen.“ Mit einer engmaschigen Betreuung, einer gezielten Ansprache und Beratung von Arbeitgebern sowie regelmäßigen Angeboten für ein gegenseitiges Kennenlernen im Rahmen von Jobbörsen und Bewerbertagen werde man den von Arbeitsminister Hubertus Heil angekündigten Job-Turbo im Bezirk der Mainzer Arbeitsagentur umsetzen. Rund 1.150 Personen mit ukrainischem Pass sind bereits in rheinhessischen Betrieben beschäftigt. Weitere 4.550 Beschäftigte kommen aus Asylherkunftsländern.
Fachkräftemangel bleibt die größte Herausforderung
Auch wenn der Arbeitsmarkt derzeit nicht mehr ganz so aufnahmefähig sei wie in den vergangenen Jahren, bleibe der Fachkräftemangel die größte Herausforderung am Arbeitsmarkt, so Strack weiter. Angesichts der demografischen Entwicklung in den kommenden Jahren werde man die Fachkräftelücken nur mit einer weiteren Erhöhung der Beschäftigung von Menschen, die aus anderen Ländern zu uns kommen, schließen können. Schon jetzt speise sich der aktuelle Beschäftigungsaufbau vor allem aus einer Zunahme der Beschäftigung von ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. „All diese Menschen, die als Fachkräfte oder aus humanitären Gründen zu uns kommen, werden auf die eine oder andere Art unsere Unterstützung brauchen. Zuallererst natürlich die Unterstützung beim Spracherwerb, aber auch bei der Anerkennung ihrer im Ausland erworbenen Abschlüsse und bei der beruflichen Weiterbildung.“
Letztere spiele vor dem Hintergrund der Transformation und den zunehmenden Passungsproblemen am Arbeitsmarkt für alle Jobsuchenden genauso wie für alle Beschäftigten eine immer größere Rolle. Daher setzt die Arbeitsagentur bereits seit Jahren verstärkt Qualifizierungs- und Weiterbildungsangebote und entwickelt diese stetig weiter. Zum Jahresanfang 2024 ging das neue Onlineportal www.mein-now.de an den Start, das als zentrales Medium für berufliche Weiterbildung auf landesspezifische und bundesweite Angebote verweist. Neben Informationen zu Berufen und Branchen bietet das Portal Tests zur beruflichen Orientierung, eine Suche nach Weiterbildungsangeboten sowie Informationen zu Förder- und Beratungsmöglichkeiten. Bis Ende des Jahres 2024 sollen weitere Funktionen folgen. Regional ist die Agentur für Arbeit Mainz Teil des Netzwerkes „Rheinhessen qualifiziert“. In diesem Zusammenschluss tauschen sich die Netzwerkpartner regelmäßig aus, nutzen Synergien und bündeln bestehende Weiterbildungsangebote. Im Jahr 2023 gab es im Verantwortungsbereich der Mainzer Arbeitsagentur rund 2.000 Eintritte in berufliche Weiterbildungen, rund 11 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.