Der Ausbildungsmarkt 2022/2023: Vieles ist (immer) noch möglich; jetzt Ausbildung starten

Die Agentur für Arbeit Meschede-Soest zieht gemeinsam mit ihren Ausbildungs-marktpartnern Bilanz zum Ausbildungsjahr 2022/2023.

24.11.2023 | Presseinfo Nr. 95

„Es sind aussichtsreiche Zeiten für Ausbildungssuchende, die aus einer vielfältigen Mischung der offenen Ausbildungsstellen wählen können“, bilanziert Oliver Schmale, Chef der Agentur für Arbeit Meschede-Soest, das aktuelle Ausbildungsjahr. Bis Ende September 2023 sind im Hochsauerlandkreis und im Kreis Soest insgesamt 4.390 Berufsausbil-dungsstellen gemeldet worden. Dem gegenüber stehen 2.830 Bewerber und Bewerberinnen, die sich im Laufe des Berichtsjahres bei den Agenturen für Arbeit vor Ort gemeldet haben. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Anzahl von Bewerber/innen um 4,5 Prozent gesunken. Im gleichen Zeitraum ist die Zahl der Ausbildungsstellen um 1,3 Prozent gestie-gen. „Der Ausbildungsmarkt entwickelt sich in den beiden Kreisen unseres Agenturbezirks ähnlich, wenngleich die Anzahl von Ausbildungsinteressierten im Kreis Soest annä-hernd stabil bleibt und im Hochsauerlandkreis eher sinkt.“

Kreis Soest
1.415 Jugendliche aus dem Kreis Soest haben sich seit Oktober 2022 an die Berufsberatung der heimischen Agenturen für Arbeit gewandt, um einen Ausbildungsplatz zu finden. Der Vielzahl an Bewerberinnen und Bewerbern stehen 1.735 gemeldete Berufsausbildungsstellen gegenüber, von denen am Ende des Beratungsjahres noch 137 betriebliche Ausbildungsplätze unbesetzt waren; 71 Jugendliche waren noch unversorgt. Jedem Jugendlichen standen rechnerisch rund 1,9 unbesetzte Ausbildungsstellen zur Verfügung.
„Obwohl nicht mehr Jugendliche zur Verfügung stehen als in den vorherigen Jahren, ist in diesem Jahr die Anzahl der unbesetzten Ausbildungsstellen weiter gesunken. Dazu passt auch, dass das Ausbildungsinteresse bei den Jugendlichen konstant bleibt.“ Eine jüngst veröffentlichte Untersuchung des IAB ergab, dass sich Auszubildende zunehmend für Berufe mit umweltfreundlichen Tätigkeiten entscheiden. Zu den Berufen mit diesen sogenannten „Green Skills“ zählen u.a. die Berufe in der Dachdeckerei und in der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik. Die Untersuchungsergebnisse spiegeln sich auch im Ausbildungsinteresse wieder: Die Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik verzeichnet mit einem Plus von 15 Bewerber/innen die zweitgrößten Zuwächse. Beim Blick auf weitere Berufsfelder lässt sich erkennen, dass einige Ausbildungsstellen im Metallbau und im Verkauf unbesetzt bleiben.

Hochsauerlandkreis
1.415 Jugendliche aus dem Hochsauerlandkreis haben sich seit Oktober 2022 an die Berufsberatung der heimischen Agenturen für Arbeit gewandt, um einen Ausbildungsplatz zu finden. Der Vielzahl an Bewerberinnen und Bewerbern stehen 2.655 gemeldete Berufsausbildungsstellen gegenüber, von denen am Ende des Beratungsjahres noch 321 betriebliche Ausbildungsplätze unbesetzt sind; 67 Jugendliche waren noch unversorgt. Jedem Jugendlichen standen rechnerisch rund 4,8 unbesetzte Ausbildungsstellen zur Verfügung.

„Die Schere zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungsmarkt klafft weiter auseinander. Erfreulicherweise sind in diesem Jahr nur noch wenige Bewerberinnen und Bewerber unversorgt, wenngleich noch einige offene Ausbildungsstellen übrigbleiben. In diesem Berufsberatungsjahr haben die Unternehmen knapp 9 Prozent mehr Ausbildungs-stellen gemeldet als im Vorjahr“. Beliebt bei den Jugendlichen im Hochsauerlandkreis sind kaufmännische Berufe. Im Einzelhandel bestehen noch viele Möglichkeiten, einen Ausbildungsplatz zu finden.

„Wir sollten bei all der Bilanzierung auch bereits im Blick haben, dass durch die Rückkehr zu G8 im Jahr 2026 landesweit rund 40.000 weniger Schulabgehende erwartet werden. Wir rechnen deshalb damit, dass die Unternehmen in den nächsten zwei Jahren mehr Ausbildungsstellen melden könnten. Jugendliche, die derzeit noch einen Ausbildungsplatz suchen, sollten Kontakt zur Berufsberatung aufnehmen. Es ist auch zu diesem Zeitpunkt immer noch möglich, eine Ausbildung zu starten.“


Die Ausbildungsmarktpartner ziehen folgendes Fazit:
„Die Zahlen der neuen abgeschlossenen Ausbildungsverträge in unseren Unternehmen konnten nach dem hervorragenden Ergebnis des vergangenen Jahres von plus 7,6 Pro-zent, dem Spitzenwert in ganz NRW, auf hohem Niveau gehalten werden“, freut sich Jörg Nolte, Hauptgeschäftsführer der IHK Arnsberg Hellweg-Sauerland, „und das trotz der deutlich weiter anwachsenden Schere zwischen dem Angebot von Ausbildungsplätzen und der Nachfrage von jungen Menschen bei der Agentur für Arbeit“. Nolte geht aber auch davon aus, dass bei dieser Entwicklung kein weiterer Anstieg in den nächsten Jahren zu erwarten ist. „Die Sicherung des Fach- und Arbeitskräftenach-wuchses ist schon heute eine der größten Konjunkturrisiken für unsere Unternehmen“, weiß der IHK-Chef. Demografisch bedingt wird sich das Problem mit dem Ausscheiden der Babyboomer aus dem Erwerbsleben in den nächsten Jahren noch verschärfen. Positiv ist, dass wieder ein größerer Teil junger Menschen die Attraktivität und die Karrierechancen der beruflichen Bildung erkannt hat. Mittlerweile beginnen wieder mehr junge Menschen eines Jahrgangs in NRW eine Ausbildung als ein Studium. Dennoch steht insgesamt zu wenig Nachwuchs zur Verfügung. „Es gilt, gemeinsame Anstrengungen zu unternehmen, um zusätzliche Fachkräftepotenziale für die Unternehmen der Region zu erschließen“, sagt Jörg Nolte. Diese könnten beispielsweise auch durch eine gezielte Nachqualifizierung gehoben werden.

Hendrik Schmitt, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Südwestfalen:
„Es ist auch in diesem Jahr wieder erschreckend zu sehen, wie schwierig sich die Suche nach Auszubildenden gestaltet, denn auch in 2023 geht die Schere zwischen offenen Ausbildungsstellen und Bewerbern erneut auseinander. Eine Lücke, die sich in den nächsten Jahren noch einmal zu vergrößern droht – nicht zuletzt infolge der demografischen Entwicklung und des konjunkturellen Abschwungs.

Im Bezirk der Handwerkskammer Südwestfalen mussten wir zum Stichtag 30. September bei neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen einen geringfügigen Rückgang von 0,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr verbuchen. Erfreulich ist im Hochsauerlandkreis jedoch in diesem Jahr ein leichter Zugang von rund vier Prozent: Wurden 2022 lediglich 526 Ver-träge abgeschlossen, sind es jetzt wieder 548. Damit befinden wir uns zwar im Durchschnitt der letzten fünf Jahre (545 Verträge), liegen aber deutlich hinter Vor-Corona-Zeiten mit über 600 Verträgen.

Problematisch – und letztlich seit Jahren bekannt – ist die demografische Entwicklung. Hinzu kommt, dass die berufliche Ausbildung nicht den Stellenwert bei der Berufswahl erhält, die sie verdient. Der Akademisierungstrend ist nach wie vor ungebrochen. Hier gilt es, mit vereinten Kräften gegenzusteuern. Die Politik muss handeln, die berufliche Bildung muss endlich so ausgestaltet werden, dass Schüler, Eltern und Lehrer die betriebliche Ausbildung als gleichwertige Alternative wahrnehmen.

Gelingt uns das nicht, ist mittelfristig aufgrund des Fachkräftemangels mit erheblichen Wohlstandsverlusten zu rechnen. Eines muss uns klar sein, die Spirale dreht sich immer weiter: Weniger Personal, weniger Aufträge, weniger Umsatz, weniger Gewerbesteuern, weniger öffentliche Leistungen usw.

Das Team Fachkräftesicherung der Handwerkskammer Südwestfalen setzt sich daher gezielt mit vielfältigen Aktionen und Maßnahmepaketen für Nachwuchs- und Fachkräftewer-bung ein. Als Handwerkskammer engagieren wir uns gemeinsam mit dem Zentralverband des Deutschen Handwerks, um gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. Unsere Wirtschaft und damit die Zukunftsfähigkeit unseres Landes stehen auf dem Spiel!“

Detlef Schönberger, Hauptgeschäftsführer Kreishandwerkerschaft Hellweg-Lippe:
„Die Zahl der im Kreis Soest insgesamt neu abgeschlossenen Ausbildungsverhältnisse im Handwerk ist im Vergleich zum Vorjahr (Stichtag 31.10.2023) um insgesamt 11,8 Prozent gestiegen. 608 Verträge im Vergleich zu 544 im Vorjahr. Besonders erfreulich ist das Plus der Auszubildenden bei den klimarelevanten Handwerken wie Anlagenmechaniker/in für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik, Elektroniker/in Energie- und Gebäudetechnik sowie Dachdecker/in. Die beispielgebende Kampagne „Handwerker. Klimaschützer von Beruf“ im Kreis Soest zeigt somit Wirkung (www.handwerker-klimaschuetzer-von-beruf.de). Jugendliche und ihre Eltern erkennen zunehmend die hervorragenden Zukunftschancen und die Möglichkeiten, tatkräftig an der Energiewende vor Ort mitzuwirken. Coole Messeauftritte, die Pressekampagne Traumberufe im Handwerk, die Passt!-App, Wheel-Datings und viele andere Aktivitäten in kongenialer Kooperation mit regionalen Netzwerkpartnern stellen Handwerksberufe in ihrer gesamten Vielfalt und Attraktivität heraus. Daran gilt es weiterhin gemeinsam mit ganzer Überzeugung und Leidenschaft zu arbeiten. Denn das erfreuliche Plus bei den Ausbildungsverträgen deckt den Bedarf an Fachkräften im Handwerk bei Weitem nicht. Viele Handwerksunternehmen können keine Aufträge mehr annehmen oder müssen Filialen schließen, weil ihnen Mitarbeiter/innen fehlen. Berufe wie Bäcker, Fleischer, Fliesen-, Platten- und Mosaikleger, Maler, Metallbauer oder Stuckateur sind bei jungen Menschen vielfach nicht im Fokus, bieten aber spannende Aufgabenbereiche. Da lohnt es sich, ein Praktikum mit eigenen Erfahrungen zu machen. Die Ausbildungs-Coaches der Kreishandwerkerschaft informieren gerne und stellen direkt Kontakte zu Innungsbetrieben in der Region her: Telefon 02921 892-214 und -232, E-Mail: ausbil-dungsberatung@kh-hl.de.“