Der Arbeitsmarkt in Mönchengladbach und im Rhein-Kreis Neuss hat sich im vergangenen Jahr als "stabil, aufnahmefähig und stressresistent" erwiesen, bilanzierte Rainer Imkamp, Leiter der Agentur für Arbeit Mönchengladbach, in einer gemeinsamen Pressekonferenz zur "Jahresbilanz 2022" mit den Jobcentern Mönchengladbach und Rhein-Kreis Neuss. "Trotz Herausforderungen, die sich aus den Folgen des russischen Krieges gegen die Ukraine, der Inflation oder den Nachwirkungen der Corona-Pandemie entwickelt haben, konnten wir zum Jahresende festhalten: Die Arbeitslosigkeit ging im Jahresdurchschnitt um 7,9 Prozent zurück, wobei sich insbesondere die Jugend- und die Langzeitarbeitslosigkeit positiv und besser als im nordrhein-westfälischen Landesdurchschnitt entwickelt haben."
Rainer Imkamp zeigte sich zuversichtlich, dass sich der Arbeitsmarkt auch 2023 stabil entwickeln kann, und erläuterte, wie die Arbeitsagentur und die beiden Jobcenter daran mitwirken werden: "Wir werden im neuen Jahr noch mehr unterwegs sein, um die Menschen dort abzuholen, wo sie sich aufhalten, seien es Stadtfeste, Berufsorientierungs- und Weiterbildungsmessen oder Aktionstage an ungewöhnlichen Orten. Optimiert wird das Beratungsangebot außerdem, weil die Jugendberufsagentur von Stadt Mönchengladbach, Jobcenter und Arbeitsagentur zum Jahreswechsel in gemeinsame Räume an der Lürriper Straße 56 gezogen ist und weil im Rhein-Kreis Neuss ebenfalls die Gründung einer rechtskreisübergreifenden Jugendberufsagentur vorbereitet wird. Ich bin mir, nicht zuletzt dank solcher Neuerungen, sicher: Alle motivierten und flexiblen Jugendlichen aus Mönchengladbach und dem Rhein-Kreis Neuss, die bis Ende Februar mit ihrem Halbjahreszeugnis zu unserer Berufsberatung kommen, können mit einem guten Ausbildungsplatz im Sommer rechnen. Auch bei schwächeren Noten gibt es gute Chancen, nach einer entsprechenden Vorbereitung eine Ausbildung zu starten. Ein Fachkräftebedarf ist vor Ort erkennbar vorhanden. Potenziale aufseiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind gegeben und finanzielle Ressourcen zur Förderung von Weiterbildung, Qualifizierung und Umschulung sind aufseiten der Arbeitsagentur und Jobcenter vorhanden. Und zuletzt eröffnet das zum 1. Januar bundesweit eingeführte Bürgergeld neue Chancen für den Arbeitsmarkt."
Sabine Hustedt und Klaus Müller, die Geschäftsführer der Jobcenter Rhein-Kreis Neuss und Mönchengladbach, bekräftigten diese Einschätzung über das Bürgergeld, mit dem die sogenannten Hartz-IV-Leistungen abgelöst worden sind. "Das Bürgergeld führt zu einer qualitativen Verbesserung. Wir haben immer schon versucht, mit unseren Kundinnen und Kunden auf Augenhöhe zu kommunizieren – die gesetzlichen Regelungen zum Bürgergeld ermöglichen uns jetzt aber, noch ein Stück weit partnerschaftlicher zusammenzuarbeiten", erklärte Klaus Müller, Geschäftsführer des Jobcenters Mönchengladbach. Beispielhaft verwies er außerdem darauf, dass seit dem 1. Januar die Regelsätze erhöht worden sind und dass ab dem 1. Juli für Langzeitarbeitslose neue Anreize zur beruflichen Qualifizierung geschaffen werden, indem ein monatliches Weiterbildungsgeld in Höhe von 150 Euro eingeführt wird. Der Wechsel zum Bürgergeld sei in den Jobcentern mit Spannung erwartet worden und "geräuschlos gelungen", berichtete Sabine Hustedt, Geschäftsführerin des Jobcenters Rhein-Kreis Neuss.
Das Betreuen von Geflüchteten aus der Ukraine war im vergangenen Jahr eine große Aufgabe der Jobcenter, die es auch 2023 bleiben wird. Darin zeigten sich Klaus Müller und Sabine Hustedt einig, die in der gemeinsamen Pressekonferenz erklärte: "Zunächst hatte seit Juni 2022 die essentielle Versorgung der Geflüchteten an erster Stelle gestanden, dass sie sich Essen kaufen und eine Wohnung beziehen können. Im zweiten Schritt sind dann Integrations- und Sprachkurse hinzu gekommen, um die Basis für eine gelingende Integration legen zu können. Wir erleben dabei sehr motivierte Menschen, deren Leben aber auch von der Frage geprägt ist, ob und wann sie wieder in ihre Heimat zurückkehren sollen. Darauf gilt es individuell in den Beratungen einzugehen."
Rund 2.000 ukrainische Geflüchtete sind seit Februar vergangenes Jahres im Jobcenter der Stadt Mönchengladbach registriert worden, im Rhein-Kreis Neuss waren es bislang etwa 3.200. "In der überwiegenden Zahl handelt es sich um Frauen und Kinder, die zu uns gekommen sind", schilderte Klaus Müller. "Unsere Aufgabe ist es in diesem Jahr, mit ihnen Wege aus ihrer Kriegsnot-Situation heraus zu planen."
Als zusätzliche Aufgabe des Jobcenters Rhein-Kreis Neuss stellte Sabine Hustedt den Aufbau einer Jugendberufsagentur in Aussicht. Erste Gespräche dazu seien angelaufen, in den nächsten Wochen würden diese mit weiteren, für das Gelingen dieses Projekts notwendigen Partnern vertieft. In Mönchengladbach war eine solche Jugendberufsagentur im Jahr 2021 von Stadt, Jobcenter und Agentur für Arbeit gegründet worden. Dazu berichtete Rainer Imkamp: "Das räumliche Zusammenführen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Lürriper Straße 56 konnte Ende 2022 abgeschlossen werden."
Detaillierter Blick auf die Jahreswerte 2022
Im Bezirk der Arbeitsagentur für Mönchengladbach und den Rhein-Kreis Neuss lag die Arbeitslosigkeit im Jahresdurchschnitt bei 26.376 Personen. Das sind 2.277 Personen oder 7,9 Prozent weniger als 2021. Der Rückgang fiel dabei stärker aus als im nordrhein-westfälischen Landesvergleich (-6,9 Prozent), wozu sowohl die Stadt Mönchengladbach mit minus 7,2 Prozent als auch der Rhein-Kreis Neuss mit minus 8,7 Prozent beitrugen. Die durchschnittliche Arbeitslosenquote lag bei 6,9 Prozent und damit 0,5 Prozentpunkte niedriger als im Durchschnitt des Vorjahres.
Die durchschnittliche Jugendarbeitslosigkeit (15 bis unter 25 Jahre) lag bei 2.021 und damit um 421 Personen oder 17,2 Prozent unter dem Durchschnitt des Vorjahres. Der Rückgang fiel dabei im nordrhein-westfälischen Landesvergleich überdurchschnittlich aus: NRW verzeichnete ein Minus von 10,0 Prozent, während die Stadt Mönchengladbach minus 18,6 Prozent und der Rhein-Kreis Neuss minus 15,0 Prozent verzeichneten. Ebenso ging die durchschnittliche Langzeitarbeitslosigkeit (länger als ein Jahr) zurück: um 1.062 Personen oder 8,4 Prozent auf durchschnittlich 12.644. Der Agenturbezirk Mönchengladbach lag damit wiederum unter der landesweiten Veränderung von minus 9,1 Prozent (Stadt Mönchengladbach -6,3 Prozent, Rhein-Kreis Neuss -10,8 Prozent).
Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung stieg im Vorjahresvergleich. Zum Stichtag 30. Juni 2022 (aktuell verfügbare Daten) waren in der Stadt Mönchengladbach und im Rhein-Kreis Neuss insgesamt 263.709 Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Das sind 4.221 Personen oder 1,6 Prozent mehr als zum 30. Juni 2021. Dabei stieg die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bei Frauen (+2,2 Prozent) stärker als bei Männern (+1,2 Prozent).
13.262 neue offene Stellen meldeten die Unternehmen in Mönchengladbach und im Rhein-Kreis Neuss im Jahr 2022. Das sind 425 weniger als im Vorjahr (-3,1 Prozent). Die Anzahl der freien Arbeitsstellen im Bestand stieg bis zum Jahresende trotzdem auf inzwischen 6.424. Ein Jahr zuvor waren es 6.037 Stellen gewesen (+6,4 Prozent). Der Großteil der neu gemeldeten Arbeitsstellen richtete sich dabei an Fachkräfte (7.271), Mitarbeitende für Helfertätigkeiten wurden in der Jahressumme 3.003 gesucht sowie 1.595 Spezialisten und 1.393 Experten.
Die Kurzarbeit war 2022 kontinuierlich weniger erforderlich, um Beschäftigte zu halten und Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Aktuellen Hochrechnungen zufolge haben im Agenturbezirk im August noch 440 Personen und 55 Betriebe verkürzt gearbeitet. Ein Jahr zuvor waren es noch 5.478 Personen und 1.193 Betriebe. Der bisherige Höchstwert war während der Corona-Pandemie im April 2020 mit 4.742 Betrieben und 37.454 Personen verzeichnet worden.