Handwerk, Handel, Hotels und Gastronomie, produzierendes Gewerbe, Polizei und Verwaltungen haben eines gemeinsam: Sie brauchen dringend Nachwuchs und müssen feststellen, dass es immer schwieriger wird, die Fachkräfte von morgen zu gewinnen. Eine Chance dazu bot die Ausbildungsmesse der Agentur für Arbeit Montabaur in der Stadthalle Lahnstein: 40 Betriebe stellten sich mit ihren Ausbildungs- und Studiengängen vor. Das Publikum bildeten etwa 700 Jugendliche aus sieben Schulen, die demnächst ins Erwerbsleben starten möchten.
2020 war die Messe wegen Corona ausgefallen, 2021 fand sie digital statt. „Jetzt sind wir sehr froh, wieder ein Live-Forum bieten zu können – mit persönlichen Gesprächen, Möglichkeiten zum Ausprobieren und Produkten zum Anfassen“, sagte Elmar Wagner, Chef der Agentur für Arbeit Montabaur. „Wir bringen Angebot und Nachfrage zusammen. Unsere Berufsberatung ist für die jungen Leute vor Ort, der Arbeitgeberservice für die Unternehmen.“
Wagner machte gemeinsam mit Lahnsteins Oberbürgermeister Lennart Siefert einen Rundgang durch die Halle. Die Stadt Lahnstein unterstützt die Messe seit der Premiere im Jahr 2009 und nutzt sie wie ebenso die Arbeitsagentur, um sich als attraktive Arbeitgeberin zu präsentieren. „Auch für uns ist es wichtig, motivierte und kompetente Leute an Bord zu haben, und auch wir müssen uns in der Konkurrenz behaupten“, weiß Siefert. Als Plus wertet er den Standort der Stadtverwaltung im Großraum Koblenz. Punkten müsse man im Bereich Softskills, damit junge Leute aufmerksam werden - getreu dem Motto: Mit Speck fängt man Mäuse.
Das nahm das Emser ThermenHotel wörtlich. Am Stand duftete es nach Möhren-Zucchini-Spaghetti mit geröstetem Sesam, die in kleinen Schalen serviert wurden. Die Branche sei durch die Pandemie gebeutelt, erklärte Catharina Bollendorf, Assistentin der Direktion. Als Faktoren für die Personalgewinnung nannte sie gute Bezahlung, planbare Arbeitszeiten und das Vermeiden von Überstunden.
„Wir suchen ständig und kämpfen um jeden Einzelnen!“ Polizeihauptkommissar Manuel Neumann vom Koblenzer Präsidium ist gerade jetzt auf vielen Messen unterwegs: „Präsenz zeigen ist wichtig. Selbst wenn es nicht viele Gespräche sind: die qualitativ guten lohnen sich!“
Und was sagten die jungen Leute, die so umworben werden? Die meisten haben bereits mittels Praktika in die Berufswelt hineingeschaut und eine Vorstellung, wohin die Reise gehen soll. Gianluca (19) will sein Fachabitur im Sozialwesen machen und sich dann für Kinder und Jugendliche einsetzen. Elias (16) kann ganz entspannt sein, denn er hat seinen Ausbildungsvertrag als Industriemechaniker bereits unterschrieben. Dennis (17) bekam nach einer Schnupperphase in einem Betrieb sofort das Angebot, eine Lehre als Kfz-Mechatroniker zu machen. Er hat aber beschlossen, noch ein Jahr zur Schule zu gehen und mit der Mittleren Reife abzuschließen. Ein weiteres Praktikum in der interessierten Firma ist vereinbart, und es zeichnet sich ab, dass der junge Mann dort als Auszubildender einsteigt.
Azubis für Azubis: Die Personalverantwortlichen wissen, dass Kommunikation am besten auf derselben Wellenlänge funktioniert. In der Stadthalle Lahnstein waren es deshalb die Nachwuchskräfte, die engagiert und gut gelaunt für „ihre Betriebe“ Werbung machten. Vielleicht haben ihre Beispiele unentschlossene Kandidat*innen auf den Geschmack und neue Ideen gebracht. So lernt Cheyenne Caspar (20) bei der Philippine Lahnstein Werkzeugmechanikerin und bricht eine Lanze für das Handwerk, das unter besonders großen Zukunftssorgen leidet. Ein Bürojob wäre gar nichts für sie, meinte sie lachend. Und das Argument, in einem „Männerberuf“ unterwegs zu sein, lässt sie nicht gelten: „Das ist Quatsch. Frauen können das genauso!“