Der Arbeitsmarkt hat sich 2022 trotz des Ukrainekriegs und Nachwirkungen der Pandemie stabil gezeigt. Im Jahresdurchschnitt waren im Bezirk der Arbeitsagentur Montabaur 5.407 Männer und Frauen ohne Job gemeldet (Westerwaldkreis: 3.310 / Rhein-Lahn-Kreis: 2.097). Die Arbeitslosenquote lag bei 3 Prozent (WW: 2,9 / RL: 3,2). Gegenüber 2021 ist das ein Minus von 318 Personen (WW: 255 / RL: 63) bzw. 0,2 Prozentpunkten in der Quote (WW: 0,2 / RL: 0,1).
„Im Jahresmittel ist die Arbeitslosigkeit 2022 weiter gesunken und hat mit einer Quote von glatten 3 Prozent fast wieder das Vor-Corona-Level erreicht “, sagt Elmar Wagner, Chef der Arbeitsagentur Montabaur. Die Entwicklung war im Jahresverlauf keineswegs gleichmäßig. Bis zum Frühsommer gab es im Vergleich zu den Vorjahren etwa 20 Prozent weniger Arbeitslose. Das kehrte sich um, als die Geflüchteten aus der Ukraine ab Jahresmitte in den Jobcentern erfasst wurden und in die Arbeitslosenstatistik einflossen.
Dass die Bilanz 2022 unterm Strich trotzdem eine Verbesserung ausweist, wertet Wagner als positives Zeichen. „Der Arbeitsmarkt hat sich in der Krise als erstaunlich robust erwiesen. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung blieb auf Rekordniveau und wächst sogar wieder.“ Am 30. Juni 2022 – diese Daten liegen jetzt vor - gingen im Agenturbezirk 105.333 Menschen einer Tätigkeit mit Sozialversicherungspflicht nach; das ist ein Plus von 1.930 Personen bzw. 1,9 Prozent gegenüber 2021.
Elmar Wagner: „Wie die Gesellschaft insgesamt leiden auch die regionalen Betriebe unter den Preissteigerungen durch Inflation und Energiekrise. In manchen Bereichen fehlt auch weiterhin Material wegen gestörter Lieferketten. Trotzdem trennt sich niemand leichtfertig von qualifiziertem Personal. Denn der Fachkräftebedarf hat sich auch während der Krise weiter zugespitzt – vor allem wegen des demografischen Wandels: Die Schulabgänger werden Jahr für Jahr weniger und zugleich gehen die Babyboomer in Rente.“
Die wachsende Lücke bei den benötigten Erwerbspersonen sieht der Agenturchef als eine Herausforderung, die nur mit gesteuerter Zuwanderung zu bewältigen sein wird. Er hofft, dass die Unternehmen mit dem neuen Zuwanderungsrecht schneller und unbürokratischer Fachkräfte aus dem Ausland gewinnen können: „Wir sollten den Blick aber zugleich auf eigene Potenziale richten. Das ist vor allem die junge Generation, von der niemand mangels Schul- und Berufsabschlusses für den Arbeitsmarkt verloren gehen darf. Außerdem gibt es viele Frauen, die bei passenden Rahmenbedingungen gerne in den Beruf zurückkehren oder statt Teilzeit lieber Vollzeit arbeiten würden. Eine wichtige Zielgruppe sind auch Beschäftigte, die mit passgenauer Qualifizierung den Fachkräftemangel im Betrieb beheben könnten.“
Für die Weiterbildung von Beschäftigten bietet die Agentur für Arbeit den Unternehmen beratende und finanzielle Hilfen. Gerade kleine und mittlere Betriebe können von einer Förderung nach dem Qualifizierungschancengesetz profitieren.
Der Stellenmarkt spiegelt, wie dringend Arbeitskräfte gebraucht werden. Der Bestand an offenen Stellen ist 2022 um fast 20 Prozent gestiegen. Im Jahresdurchschnitt gab es mehr als 4.000 Jobangebote und fast alle Stellen sind sozialversicherungspflichtig, unbefristet und sofort zu besetzen.
Fehlende Bewerbungen prägen auch die Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt. Viele Betriebe haben Mühe, den Nachwuchs zu finden, der für die Zukunftssicherung gebraucht wird. Besonders problematisch ist die Lage in den klassischen Handwerksberufen. Bäcker, Fleischer, Tischler, Fliesenleger und Dachdecker werden dringend gesucht. Auch in der industriellen Produktion bleiben Ausbildungsplätze häufig unbesetzt.
Jugendliche hatten noch nie so gute Startbedingungen für das Erwerbsleben wie heute. Wer am Ende des Ausbildungsjahres 2021/2022 noch auf der Suche war, konnte unter sieben Lehrstellen wählen. Trotz der für sie ausgezeichneten Marktlage tun sich Schulabsolvent*innen häufig schwer, ihren Platz zu finden. Denn die Pandemie mit Homeschooling, Distanzunterricht und fehlendem sozialen Miteinander hat Spuren hinterlassen. Umso wichtiger sind eine frühzeitige Berufsorientierung und die intensive Berufsberatung in den Schulen. Wagner: „Ganz wichtig sind auch Betriebspraktika und Praxistage. Die jungen Leute schnuppern in die Arbeitswelt und entdecken außerhalb des Unterrichts nicht selten Talente, auf die es im Unternehmen ankommt. Schwächere Schulnoten treten dann oft in den Hintergrund. Bei Bedarf kann die Agentur für Arbeit durch eine assistierte Ausbildung fördern.“
Beim Blick in die nahe Zukunft bleibt der Agenturchef optimistisch: „Trotz drohender Rezession gehen wir nicht davon aus, dass die Arbeitslosigkeit im neuen Jahr stark steigen wird. Die Achillesferse des Arbeitsmarkts bleibt der zunehmende Fachkräftemangel.“
Der Arbeitsmarkt im Dezember
Im Dezember ist die Arbeitslosigkeit im Agenturbezirk Montabaur leicht gestiegen. Ende des Jahres 2022 wurden 5.535 Menschen ohne Job gezählt; das sind 106 Personen mehr als im November. Die Arbeitslosenquote liegt bei 3,1 Prozent. Damit ist sie 0,1 Prozentpunkte höher als im Vormonat und 0,4 Prozentpunkte höher als im Vorjahresmonat. Im Dezember 2021 gab es 711 Erwerbslose weniger als derzeit.
Der Agenturbezirk Montabaur umfasst zwei Landkreise: Im Westerwaldkreis sind aktuell 3.325 Menschen ohne Beschäftigung gemeldet. Das sind 13 mehr als im November und 322 mehr als Ende 2021. Die Arbeitslosenquote beträgt wie im Vormonat 2,9 Prozent. Vor einem Jahr lag sie bei 2,6 Prozent.
Im Rhein-Lahn-Kreis ist mit 2.210 Arbeitslosen ein Anstieg um 93 Personen gegenüber dem November zu verzeichnen; verglichen mit dem Dezember 2021 gibt es 389 Erwerbslose mehr. Die Quote ist im Laufe des vergangenen Monats von 3,2 auf 3,4 Prozent gestiegen. Vor einem Jahr waren es 2,8 Prozent.