Wenn es um den Ausbildungsmarkt geht, ist der demografische Wandel schon lange keine Zukunftsmusik mehr, sondern spürbarer Alltag. Immer mehr Älteren, die sich in den Ruhestand verabschieden, stehen immer weniger junge Menschen gegenüber, die die Schule verlassen und in den Beruf einsteigen.
Die Agentur für Arbeit Montabaur zieht Bilanz für das gerade beendete Berichtsjahr 2022/23: Von Oktober 2022 bis September 2023 meldeten aus dem Agenturbezirk insgesamt 1.979 junge Leute bei der Berufsberatung mit dem Wunsch, eine Ausbildung zu machen; das sind 188 mehr als im Jahr zuvor (plus 10,5 Prozent). Zeitgleich meldeten die Betriebe aus der Region 2.192 offene Ausbildungsplätze. Hier liegt das Plus zum Vorjahr bei 159 Lehrstellen (7,8 Prozent).
Am 30. September wurden 87 Bewerberinnen und Bewerber gezählt, die noch auf der Suche sind. Dem gegenüber stehen 370 Ausbildungsplätze, auf die sich kein geeigneter Lehrling beworben hat. Rein rechnerisch könnte damit jeder junge Mensch, der noch nichts Passendes gefunden hatte, unter 4 Angeboten wählen. Aber die Berufswünsche der Jugendlichen und die Erwartungen der Ausbildungsbetriebe decken sich eben nicht so exakt, dass diese Rechnung aufgeht.
„Das aktuelle Ergebnis ist besser als im Vorjahr, wo jedem Jugendlichen ohne Lehrstelle sogar 7 unbesetzte Ausbildungsstellen gegenüberstanden“ erklärt Elmar Wagner, Chef der Agentur für Arbeit Montabaur. „Aber das Ausbildungsjahr 2021/22 stand noch im Schatten der Pandemie, die sich ungünstig auf die Berufsorientierung und den Start in Ausbildung auswirkte. Im längerfristigen Vergleich zeigt sich, dass die Situation vor allem für die Betriebe schwieriger wird.“
Besonders betroffen sind nach wie vor viele Handwerksbetriebe, doch auch Industrieunternehmen finden nach Beobachtung des Agenturleiters längst nicht mehr so leicht passende Auszubildende. „Immer deutlicher ist der fehlende Berufsnachwuchs im Alltag zu spüren, wenn Firmen erst nach Wochen oder Monaten Termine vergeben können oder Restaurants nur tageweise öffnen. Der Fachkräftemangel ist damit spürbar auch in den privaten Haushalten angekommen.“
Nicht nur für Arbeitgeber wird die Situation am Ausbildungsmarkt immer schwieriger, auch die Jugendlichen seien trotz oder gerade wegen der großen Auswahl zunehmend überfordert, so Wagner. „Es ist nicht neu, dass sich viele Jugendliche zu stark am Altbekannten orientieren und auf Berufe festlegen, die schon ihre Eltern ausüben oder die im Freundeskreis als attraktiv gelten. Viele Chancen gehen so verloren, weil junge Menschen die Berufsbilder, die womöglich am besten zu ihnen passen würden, einfach nicht kennen. Der rasante technische und digitale Berufswandel macht die Orientierung für viele nun noch schwieriger.“
Wenn es darum geht, einen Beruf mit guter Zukunftsperspektive zu wählen, sollte die Berufsberatung erste Anlaufstelle sein - so die Empfehlung des Agenturleiters: „Unsere Beraterinnen und Berater beschäftigen sich ständig mit dieser Thematik und können gezielt helfen. Nicht nur als erster Ansprechpartner für die Schulabsolventen, sondern sehr gerne auch für deren Eltern, die wichtige Ratgeber für ihre Kinder sein können.“
Die Vermittlung der Arbeitsagentur geht auch nach offiziellen Ausbildungsstart im September weiter: „Solange der Stoff der Berufsschule noch aufgeholt werden kann, bringen wir junge Leute mit Ausbildungswunsch gerne mit Betrieben auf Nachwuchssuche zusammen, damit für beide Seiten kein ganzes Jahr verloren geht und der Spätstart in 2023 auf den letzten Drücker gelingt.“
Informationen, Beratung und Vermittlung für Jugendliche bei der Berufsberatung (Telefon 0800 4 5555 00), für Betriebe beim Arbeitgeberservice (Telefon 0800 4 5555 20). Alles Wissenswerte auch unter www.arbeitsagentur.de