Vor einem Jahr sorgte die Insolvenz des traditionsreichen Versandhändlers Klingel für einen regelrechten Schock in der Region Nordschwarzwald – auch bei Martina Lehmann, der Chefin der Agentur für Arbeit. Jetzt, ein Jahr später, kann sie eine positive Bilanz ziehen: Über 80 Prozent der 1.336 Mitarbeitenden, die alle von der Insolvenz betroffen waren, haben eine neue berufliche Perspektive gefunden.
„Fast 1.400 Menschen, nahezu alle aus meinem Agenturbezirk, die vor dem beruflichen Aus standen,“ Martina Lehmann erinnert sich noch gut an diesen Freitag im September, als sie von der Insolvenz erfuhr. „Das hat mich total erschüttert und mir war sofort klar, dass wir für die vielen Betroffenen sehr schnell und unbürokratisch da sein müssen."
Noch über das Wochenende wurde eine arbeitsagenturinterne Taskforce eingerichtet, die umgehend Maßnahmen erarbeitete, um die Beschäftigten bestmöglich zu unterstützen. In enger Abstimmung mit der Personalleitung und dem Betriebsrat von Klingel baute die Agentur für Arbeit innerhalb weniger Tage an allen drei Standorten eigene Niederlassungen in Form von Vermittlungsbüros auf. Mitarbeitende der Arbeitsagentur aus allen Niederlassungen im Nordschwarzwald wurden dafür zusammengezogen. „Alle Kolleginnen und Kollegen, nicht nur aus Pforzheim, haben mitgeholfen, Überstunden gemacht, das war gar keine Frage,“ so die Agenturchefin. Im ersten Schritt musste eine funktionierende und sichere IT aufgebaut werden, dann wurde sofort mit der Datenerfassung und den Vermittlungs- und Beratungsgesprächen begonnen. Für den Fall der Fälle war auch die schnelle Auszahlung von Arbeitslosengeld sichergestellt.
Dass sie einmal diese Bilanz würde ziehen können, damit hatte Lehmann im vergangenen Herbst nicht gerechnet. Sie nennt verschiedene Gründe, die zu den zahlreichen Vermittlungen geführt hätten: „Zuallererst ist dieser Erfolg das Ergebnis der engen Zusammenarbeit zwischen der Agentur für Arbeit, den zahlreichen Unternehmen aus der Region und auch dem von OB Boch einberufenen Krisenstab. „Gerade die große Bereitschaft und Solidarität der regionalen Wirtschaft war ein entscheidender Faktor für den Erfolg unserer Vermittlungsbemühungen,“ so Lehmann. Viele Unternehmen haben schnell auf die Situation reagiert und neue Arbeitsplätze bei uns gemeldet, um die von der Insolvenz betroffenen Menschen zu unterstützen.
Auch, dass Klingel selbst mitgespielt und Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt hat, ist für die erfolgreiche Vermittlungsarbeit sehr wichtig gewesen. Darüber hinaus seien viele der Klingel-Beschäftigten sehr gut qualifiziert und auf dem Arbeitsmarkt gefragt gewesen. Neue Jobs ergaben sich für die ehemaligen Klingel-Beschäftigten insbesondere im IT-Bereich, im Einzelhandel, im Bereich Büro / Verwaltung, im Lager- und Logistikbereich, in der Pflege, im Metall- und Elektrobereich sowie in der Reinigung.
Interessant ist, dass nicht nur gut qualifizierte Fachkräfte, sondern auch Beschäftigte ohne abgeschlossene Ausbildung mit geringerem Qualifikationsniveau neue berufliche Perspektiven gefunden haben. „Hier war die Beratung meiner Vermittlungsfachkräfte besonders wichtig und intensiv, teilweise über Monate hinweg, damit mit zielgerichteter Weiterbildung und Umschulung der Weg in eine ganz neue berufliche Zukunft geebnet werden konnte,“ erläutert Lehmann.
„Gerade weil sich die konjunkturelle Eintrübung mittlerweile deutlich negativ auf den Arbeitsmarkt auswirkt, werden wir für die noch verbliebenen 220 ehemals bei Klingel beschäftigten Frauen und Männer unsere Anstrengungen unvermindert fortsetzen, damit auch sie noch ihren Weg in eine gesicherte berufliche Zukunft finden“, verspricht Lehmann.
„Ich bin nicht nur meinen Mitarbeitenden in der Agentur für Arbeit unendlich dankbar für ihr riesiges Engagement rund um diese in dieser Dimension bislang einmalige Insolvenz, sondern auch allen regionalen Unternehmen und Partnern, die sich für die Betroffenen haupt- und nebenamtlich eingesetzt haben. Sie haben, wie auch die Klingel-Beschäftigten selbst, einen maßgeblichen Beitrag zu unserem Vermittlungserfolg geleistet,“ so Lehmann abschließend.