Das Berufsausbildungsjahr 2022/2023 endete am 30.September. Zusammen mit den Ausbildungsmarktpartnern der Industrie- und Handelskammer, der Handwerkskammer, dem Grafschafter Jobcenter und dem Jobcenter Emsland bilanzierte die Agentur für Arbeit Nordhorn am 2. November die Situation auf dem Ausbildungsmarkt.
Alle Institutionen waren sich einig, dass auch in den Jahren 2022/2023 der Ausbildungsmarkt von einem großen Angebot an offenen Ausbildungsstellen in unterschiedlichen Branchen gekennzeichnet ist.
Agentur für Arbeit Nordhorn
Im Bezirk der Agentur für Arbeit Nordhorn sind die gemeldeten Ausbildungsstellen stärker angestiegen als die Bewerberzahlen. Somit bleibt der hiesige Ausbildungsmarkt ein „Bewerbermarkt“ mit guten Chancen ins Berufsleben zu starten.
„Erfreulicherweise sind in diesem Ausbildungsjahr die Bewerberzahlen im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Dennoch bleiben viele Ausbildungsstellen unbesetzt, da sich nicht genügend Bewerberinnen und Bewerber für diese Ausbildungsstellen finden. Dies kann verschiedene Gründe haben, wie beispielsweise eine mangelnde Attraktivität des Berufs, fehlende Informationen über die Ausbildungsmöglichkeiten oder eine unzureichende Passung zwischen den Erwartungen der Unternehmen und den Interessen der Bewerberinnen und Bewerber. Es ist daher wichtig, dass sowohl Unternehmen als auch potentielle Auszubildende aktiv daran arbeiten, passende Lösungen zu finden. Für den Ausbildungsmarkt bleibt daher die berufliche Orientierung und die Durchführung von Praktika besonders wichtig“, kommentiert René Duvinage, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Nordhorn, die Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt. „Einige Betriebe geben inzwischen auch jungen Menschen eine Chance, die nicht zu den „optimalen“ Kandidaten gehören. In Zeiten von Fachkräftemangel können wir auf keine Nachwuchskraft verzichten. Die Bundesagentur für Arbeit hat viele Fördermöglichkeiten, damit die Ausbildung auch in diesen Fällen gelingen kann (zum Beispiel die assistierte Ausbildung)“, so Duvinage.
Grafschafter Jobcenter
In der aktuellen Arbeitsmarktlage engagieren sich viele regionale Unternehmen als Ausbildungsbetrieb und geben weiterhin auch Bewerberinnen und Bewerbern eine Chance, die nicht auf einen geradlinigen Lebenslauf oder gute Schulnoten verweisen können. Die Unternehmen sind nach ihren Möglichkeiten darum bemüht, auch in der momentanen Situation die Entwicklung von künftig dringend benötigten Fachkräften voranzutreiben.
Die Integrationszahlen liegen weiterhin auf einem guten Niveau. Lediglich vereinzelte Jugendliche aus dem SGB-II-Bezug blieben zum 30.09.2023 ohne konkrete Perspektive. Dies ist nicht allein auf individuelle Passungsprobleme zurückzuführen, sondern ebenso auf unmittelbar erfolgte Abbrüche. Diesen Jugendlichen werden im Zuge der Nachvermittlung und/oder über vorbereitende Einstiegsqualifizierung weitere Angebote unterbreitet.
Der Anteil an Personen mit Migrationshintergrund, die eine Ausbildung aufgenommen haben, ist in diesem Jahr leicht angestiegen. Ukrainische Geflüchtete haben bisher allerdings nur in Einzelfällen eine Ausbildung in der Grafschaft Bentheim begonnen. Das ist darauf zurück zu führen, dass es von Mai 2022 bis zum Ausbildungsbeginn zum 1.8.2023 nur wenigen Personen gelungen ist, ein für eine Berufsausbildung ausreichendes Sprachniveau zu erreichen – dafür war in aller Regel noch nicht genug Zeit. Für das folgende Jahr ist in dieser Bewerbergruppe mit mehr Potential zu rechnen, da nun zunehmend Sprachkurse mit höherem Niveau starten und gleichzeitig die berufsbildenden Schulen viele Angebote machen, um jungen Menschen über die Berufseinstiegsklassen die nötigen Kenntnisse zu vermitteln.
Jobcenter Emsland
Aufsteigende Tendenz im Ausbildungsjahr 2022/2023 im Bereich des Jobcenters Emsland
Die Zahl der Integrationen in Ausbildung ist im Vergleich zum Vorjahr weiter gestiegen und entwickelt sich wieder in Richtung des Vor-Corona-Niveaus. Dabei sind regionale Unterschiede zu erkennen; so hat es im mittleren Emsland die deutlichsten Steigerungen gegeben. „Erfreulich ist, dass wieder ein hoher Anteil von jungen Menschen mit Fluchthintergrund in Ausbildung eingemündet ist. Dabei spielten Flüchtlinge aus der Ukraine aufgrund von sprachlichen Defiziten noch eine untergeordnete Rolle. Dies wird sich im laufenden Ausbildungsjahr perspektivisch verändern“, betont der Leiter des Jobcenters Emsland, Stefan Kley. Die weiterhin hohe Zahl an Ausbildungsangeboten und die wieder uneingeschränkten Möglichkeiten der beruflichen Orientierung u. a. durch die emslandweiten Ausbildungsbörsen, spezielle Bildungsmaßnahmen und betriebliche Praktika sind dabei die Erfolgsfaktoren für die Region. Mit dem U25-Fallmanagement und im Zusammenspiel mit der Jugendberufsagentur Emsland steht den jugendlichen Bewerbern im SGB II ein umfassendes Beratungs- und Betreuungsangebot zur Verfügung, um eine Ausbildung erfolgreich zu absolvieren.
Handwerkskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim
Neuvertragszahl erreicht annähernd das Vorjahresniveau.
Zwischen Januar und September 2023 sind 2.374 Ausbildungsverträge in die Lehrlingsrolle der Handwerkskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim neu eingetragen worden. Das waren fünf Neuverträge weniger als im Vorjahreszeitraum.
Regional betrachtet liegt der Wert mit 1.187 neu abgeschlossener Ausbildungsverträge im Bezirk der Agentur für Arbeit Nordhorn um 1,2 Prozent (15 Verträge) unter dem Vorjahresvergleichswert.
Für eine abschließende Gesamtbilanz ist es allerdings nach wie vor zu früh. Inwieweit sich das aktuelle Zwischenergebnis bei den Neuverträgen noch verbessern lässt, hängt auch von der gerade laufenden Nachvermittlungsphase ab.
Der Königsweg zur Fachkräftegewinnung ist und bleibt für das Handwerk die Ausbildung eigener Fachkräfte. Hierzu Dr. Goran Miladinovic, Fachbereichsleiter Berufsbildung bei der Handwerkskammer: „Hier ist in den letzten Jahren viel in die falsche Richtung gelaufen, die demographische Entwicklung genauso wie der Trend zur Akademisierung, bei dem die berufliche Bildung lange als Bildung zweiter Klasse angesehen wurde. In letzter Zeit ist jedoch einiges in Bewegung geraten. Das Ansehen der beruflichen Bildung ist in Politik, Medien und Gesellschaft wieder gestiegen. Langsam wird eben doch erkannt wie wichtig Handwerk ist, für die Versorgung mit unverzichtbaren Gütern und Dienstleistungen genauso wie für die Bewältigung von zukunftssichernden Aufgaben wie der Energiewende und dem Klimaschutz.“
Nun muss sich dieses neue Ansehen der Handwerksberufe noch stärker in den Berufswahlentscheidungen von Schulabgängern und auch ihren Eltern niederschlagen. Auch hier gibt es ermutigende Zeichen, aber damit wir die Trendwende schaffen, dürfen wir mit unserer intensiven Informationsarbeit nicht nachlassen. Berufsorientierung ist ausbaubar, in allen Schulformen. Miladinovic: „Es braucht eine ergebnisoffene und vorurteilsfreie Berufsorientierung an Schulen. Nur so werden den Jugendlichen alle Möglichkeiten aufgezeigt, die sich ihnen für ihre berufliche Zukunft bieten. Unser Ziel ist es, Handwerk für alle jungen Menschen erlebbar zu machen. Nur so können sie entscheiden, ob eine handwerkliche Ausbildung etwas für sie ist oder eben nicht. Jenseits von Klischees, in einer bewussten Entscheidung.“
Statement von Juliane Hünefeld-Linkermann, Leiterin des Geschäftsbereichs Aus- und Weiterbildung der Industrie- und Handelskammer Osnabrück - Emsland - Grafschaft Bentheim:
„Die Zahl der Ausbildungsverträge in der Wirtschaftsregion Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim hat sich nach einer Delle in den Vorjahren wieder erhöht. Zum Stichtag 30. September 2023 konnte unsere IHK im Agenturbezirk Nordhorn 1791 neue Verträge mit Ausbildungsbeginn im aktuellen Jahr registrieren. Dies entspricht einem Plus von 3,7 % bzw. 64 Verträgen im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresmonat. Mit Blick auf die sinkende Zahl an Schulabgängern ist der Zuwachs ein Erfolg. Nach dem Rückgang an Ausbildungsverträgen infolge der Corona-Pandemie und des ausgebliebenen Anschlussjahrganges an den niedersächsischen Gymnasien im Jahr 2020 hatte sich die Situation am regionalen Ausbildungsmarkt bereits 2022 verbessert. Dennoch suchen weiter viele Unternehmen händeringend Auszubildende.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Marktlage richten sich die Aktivitäten der IHK auf die Gewinnung weiterer Jugendlicher für die berufliche Bildung. Hierbei wird vor allem auf die bundesweite IHK-Ausbildungskampagne #KÖNNENLERNEN gesetzt. In den sozialen Medien wird die Kampagne bereits seit dem Frühjahr ausgespielt. Die humorvollen Kurzvideos von neun Auszubildenden, davon mit Henk Hornschuh ein Azubi aus Osnabrück, über den Alltag im Betrieb, Tipps und Tricks beim Berufseinstieg oder das Leben nach Feierabend haben bisher 35.000 Abonnenten erreicht und 18 Millionen Klicks erzielt. Neben Außenwerbung und Social-Media-Aktivitäten setzt die IHK auf weitere regionale Aktionen wie Beratungsangebote oder Azubi-Messen. Als besondere Zielgruppe stehen aktuell junge Migranten im Fokus. Um diese und deren Eltern von den Vorteilen einer beruflichen Ausbildung zu überzeugen, veröffentlicht die IHK muttersprachliche Informationen auf den Social-Media-Kanälen, etwa auf türkisch, arabisch oder ukrainisch. Auch die persönlichen IHK-Beratungsangebote können in diesen Sprachen wahrgenommen werden.
Unter dem Strich zeigt sich: Auf dem Ausbildungsmarkt ist nach wie vor Bewegung. Ausbildungsbetriebe bieten freie Ausbildungsstellen in unterschiedlichen Branchen an. Jede Bewerbung auf einen der vielen freien Ausbildungsplätze in unserer Region lohnt sich, denn die Karrierechancen mit einer Berufsausbildung stehen denen mit einem Studienabschluss in nichts nach.“