Jahresbilanz Ausbildungsmarkt 2023/2024

Anteil unbesetzter Ausbildungsstellen auf hohem Stand  

Angebot und Nachfrage gehen auf dem regionalen Ausbildungsmarkt weiter auseinander

Anteil der Auszubildenden mit Fluchthintergrund ist gestiegen

Viele Ausbildungsstellen bleiben unbesetzt

Kammern können eingetragene Ausbildungsverträge zum Vorjahr nicht steigern

30.10.2024 | Presseinfo Nr. 56

Das Berufsausbildungsjahr 2023/2024 endete am 30.September. Zusammen mit der Industrie- und Handelskammer, der Handwerkskammer, dem Grafschafter Jobcenter und dem Jobcenter Emsland bilanzierte die Agentur für Arbeit Nordhorn am 30. Oktober die Situation auf dem Ausbildungsmarkt.

 

Alle Institutionen waren sich einig, dass auch in den Jahren 2023/2024 der Ausbildungsmarkt von einem großen Angebot an offenen Ausbildungsstellen in unterschiedlichen Branchen gekennzeichnet ist. 

 

Agentur für Arbeit Nordhorn

Im Bezirk der Agentur für Arbeit Nordhorn ist die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen stärker zurückgegangen als die Bewerberzahlen. Dennoch ist die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen um +17,5% gestiegen. Somit bleibt der hiesige Ausbildungsmarkt auch weiterhin ein „Bewerbermarkt“ mit guten Chancen ins Berufsleben zu starten. Doch oft passen die Berufswünsche, die Vorstellungen über eine duale Ausbildung und die Kompetenzen der Jugendlichen nicht mit den angebotenen Ausbildungsstellen zusammen.

 „Die berufliche Orientierung bleibt für den Ausbildungsmarkt von zentraler Bedeutung. Nur durch gezielte Beratung und Erfahrungen in der Praxis lassen sich aus der Vielzahl beruflicher Möglichkeiten passende Ausbildungsangebote für jede und jeden Einzelnen herausfiltern. Eine gute Abstimmung dieser Aspekte minimiert das Risiko eines Ausbildungsabbruchs, was unbedingt vermieden werden sollte, um die Situation auf dem Ausbildungsmarkt nicht weiter zu belasten“, erklärt René Duvinage, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Nordhorn, zur aktuellen Lage. „Die Anforderungen in vielen Ausbildungsberufen sind gestiegen. Dennoch ermutigen wir die Betriebe, auch jenen jungen Menschen eine Chance zu geben, die nicht dem idealen Bewerberprofil entsprechen. In Zeiten des demografischen Wandels und dem sich dadurch noch verschärfenden Fachkräftemangels können wir es uns nicht leisten, auf potenzielle Nachwuchskräfte zu verzichten. Die Bundesagentur für Arbeit bietet eine Vielzahl von Fördermöglichkeiten, um auch in solchen Fällen eine erfolgreiche Ausbildung zu ermöglichen, wie etwa die assistierte Ausbildung und die Einstiegsqualifizierung“, so Duvinage.

 

Grafschafter Jobcenter

Auch in den Jahren 2023/2024 ist der Ausbildungsmarkt aus Sicht des Grafschafter Jobcenters von einem großen Angebot an offenen Ausbildungsstellen in unterschiedlichen Branchen gekennzeichnet. Viele regionale Unternehmen engagieren sich als Ausbildungsbetrieb und geben auch denjenigen Bewerbenden eine Chance, deren Lebenslauf nicht gradlinig verlaufen ist. Im Hinblick auf zukünftig dringend benötigte Fachkräfte sind die Firmen darum bemüht, ihre Ausbildungsplätze attraktiv zu gestalten und somit besetzen zu können. 

Die Integrationszahlen liegen wie in den Vorjahren auf einem guten Niveau. Erfreulich ist dabei, dass lediglich wenige vereinzelte Jugendliche aus dem SGB-II-Bezug zum 30.09.2024 ohne konkrete Perspektive geblieben sind. Ursächlich hierfür sind nicht alleine individuelle Passungsprobleme, sondern auch unmittelbar erfolgte Abbrüche. Im Zuge der Nachvermittlung, über eine vorbereitende Einstiegsqualifizierung oder andere Maßnahmen werden diesen Jugendlichen individuelle Unterstützungsangebote unterbreitet. Ziel ist hier, einen passenden Ausbildungsplatz für das kommende Jahr zu finden. 

Eine für Arbeitgeber interessante neue Zielgruppe sind u.a. die jungen Ukrainer/innen, welche nach erfolgreich absolviertem Spracherwerb in die Ausbildung einmünden könnten. An dieser Stelle engagiert sich das Integrationszentrum des Grafschafter Jobcenters. Mit dem kooperativen Ansatz der Arbeitsmarktakteure im Integrationszentrum sind in der Grafschaft Bentheim die Voraussetzungen für ein umfassendes Beratungsangebot für Migrantinnen und Migranten vorhanden. Dieses hat vielen Schulabgänger/innen oder Absolventinnen und Absolventen von Sprachkursen im Leistungsbezug den Start in eine betriebliche Ausbildung ermöglicht. 

Auch Jugendliche mit noch ausbaufähigen Deutschkenntnissen erhalten oftmals eine Chance auf einen betrieblichen Ausbildungsplatz, da viele regionale Firmen das Potenzial dieser jungen Menschen erkennen. Über parallel zur Ausbildung wahrgenommene Sprachkurse und über den Berufsschulunterricht erfolgt weiterhin der Spracherwerb. Junge Auszubildende, die im Leistungsbezug bleiben, werden durch das Grafschafter Jobcenter weiter betreut. Für diejenigen von ihnen, die nach dem Ausbildungsstart Unterstützung benötigen, können über die „Assistierte Ausbildung“ Hilfen zur fachlichen und persönlichen Begleitung durch Coaching sowie Beratung in Anspruch genommen werden.

 

Jobcenter Emsland

Gleichbleibende Ausbildungszahlen im Ausbildungsjahr 2023/2024 

Die Zahl der Integrationen in Ausbildung ist im Vergleich zu den Vorjahren im Bereich des Jobcenters Emsland annähernd gleichgeblieben. „Erfreulich ist jedoch, dass sich der Anteil von jungen Menschen mit Fluchthintergrund, die in Ausbildung eingemündet sind, weiter erhöht hat. Dies gilt insbesondere auch für Flüchtlinge aus der Ukraine, die inzwischen auch vermehrt über die notwendigen Sprachkenntnisse verfügen.“ betont der Leiter des Jobcenters Emsland, Stefan Kley. Eine hohe Zahl an Ausbildungsangeboten durch die Unternehmen und die zahlreichen Möglichkeiten der beruflichen Orientierung u. a. durch die emslandweiten Ausbildungsbörsen, spezielle Bildungsmaßnahmen und betriebliche Praktika bleiben dabei Erfolgsfaktoren für eine erfolgreiche Ausbildungsvermittlung in der Region. Weiterhin ist die Zunahme der Vermittlung von Altbewerbern und vermittlungsschwachen Bewerbern festzustellen. Dieser Trend ist bereits seit einiger Zeit im Zuge des Fachkräftemangels zu beobachten. Die Arbeitgeber reagieren damit auf die sich weiter verschärfende Bewerbersituation. Daher wird die Förderunterstützung zur Stabilisierung der Ausbildung durch das U25-Fallmanagement auch im Zusammenspiel mit der Jugendberufsagentur Emsland immer wichtiger, um eine Ausbildung erfolgreich zu absolvieren und Abbrüche zu vermeiden.

 

Handwerkskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim

Stabiler Ausbildungsmarkt im Handwerk

Mit Stand des diesjährigen Ausbildungsjahres haben 436 Frauen und 1.994 Männer (Erhebungsstichtag 30. September) ihre berufliche Karriere in einem Handwerksbetrieb im Kammerbezirk Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim gestartet. Die 2.430 neuen Auszubildenden erlernen einen von über 100 verschiedenen Ausbildungsberufen in der Region. Gegenüber dem entsprechenden Zeitpunkt 2023 zeigen sich damit marginale Änderungen von minus 0,7 Prozent. 

Auf den Agenturbezirk Nordhorn entfallen 1.222 neu eingetragene Lehrverträge (minus 0,4 Prozent). 

→ Emsland 939 

→ Grafschaft Bentheim 283 

„In einer Zeit vielschichtiger Herausforderungen und damit verbunden sich widersprechender Prognosen über die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung, bilden die einheimischen Handwerksbetriebe weiterhin auf hohem Niveau aus. Damit bleibt das Handwerk Stabilitätsanker für Wirtschaft und Gesellschaft in der Region.“, sagt Dr. Goran Miladinovic, Fachbereichsleiter Berufsbildung der Handwerkskammer. „Gleichzeitig unterstreichen die aktuellen Zahlen auch die Attraktivität des Handwerks bei den jungen Menschen. Denn sie wissen, welche guten Karrieremöglichkeiten sie in der Region bei den Handwerksbetrieben vorfinden.“

 

Statement von Juliane Hünefeld-Linkermann, Leiterin des Geschäftsbereichs Aus- und Weiterbildung der Industrie- und Handelskammer Osnabrück - Emsland - Grafschaft Bentheim:

Der Trend des Vorjahres setzt sich fort: Angebot und Nachfrage auf dem regionalen Ausbildungsmarkt gehen weiterhin deutlich auseinander. So konnten im vergangenen Ausbildungsjahr etwas mehr als die Hälfte der Ausbildungsbetriebe (54 Prozent) nicht alle angebotenen Ausbildungsplätze besetzen. Im Ausbildungsjahr 2022 lag dieser Wert bei 52 Prozent, im Jahr davor noch bei 39 Prozent. Der demografische Wandel und falsche Vorstellungen vieler Jugendlicher über die Karrierechancen mit einer dualen Ausbildung, lassen die Zahlen der Schulbänger sinken, die in eine Ausbildung gehen wollen. Deshalb nennen die regionalen Unternehmen auch als Hauptgrund für die Besetzungsprobleme die Bewerberlage: 40 Prozent der Unternehmen mit unbesetzten Ausbildungsplätzen haben keine Bewerbungen, 67 Prozent keine geeigneten Bewerbungen erhalten. Besonders gesucht sind Auszubildende in der Logistik, im Handel und in der Gastronomie. Auch im IT-Bereich und in gewerblich-technischen Berufen - zum Beispiel Elektroniker/in für Betriebstechnik – blieben Ausbildungsplätze frei.

Diese fehlende Nachfrage von Schulabgängern nach Ausbildungsplätzen ist auch verantwortlich dafür, dass wir die Eintragungszahlen im Bezirk der Agentur für Arbeit Nordhorn im Vergleich zum Vorjahr nicht steigern konnten. Allerdings stellt sich die Situation in den beiden Landkreisen des Agenturbezirks unterschiedlich dar. Während sich die Eintragungszahlen im Emsland zum Stichtag 30. September 2024 mit 1.275 Ausbildungsverträgen auf dem Niveau des Vorjahres bewegen, verzeichnen wir in der Grafschaft Bentheim einen Rückgang um 9,4 Prozent (50 Ausbildungsverträge). Besonders betroffen sind die sonstigen kaufmännische Berufe und der Handel. Zu den sonstigen kaufmännischen Berufen zählen zum Beispiel die Logistikberufe und die kaufmännisch ausgerichteten IT-Berufe. Auch in Niedersachsen war ein Rückgang von 1,5 Prozent bzw. 401 Verträgen im Vergleich zum Vorjahresmonat zu verzeichnen.

Angesichts der aktuellen Marktsituation konzentriert sich unsere IHK auf die Gewinnung von Jugendlichen für die berufliche Ausbildung. Wir werden deshalb unsere Berufsorientierung in der Grafschaft Bentheim und dem Emsland ausweiten. Wir schaffen gezielt Angebote für Schüler und deren Eltern sowie die Lehrkräfte der weiterführenden Schulen. Der Ausbildungsmarkt ist nach wie vor dynamisch. Ausbildungsbetriebe bieten zahlreiche offene Stellen in verschiedenen Branchen an. Jede Bewerbung auf einen der vielen verfügbaren Ausbildungsplätze in unserer Region ist lohnenswert, denn die Karrierechancen einer Berufsausbildung stehen denen eines Studienabschlusses in nichts nach.