Die Eingangszone der Agentur für Arbeit ist der Ort, an dem Kundinnen und Kunden bei ihrem ersten Besuch empfangen werden. Hier können sie ihr Anliegen darlegen und es werden erste Daten aufgenommen. Manche Angelegenheiten lassen sich auch gleich hier abschließend bearbeiten.
In der Frankfurter Eingangszone sitzen einige Kunden/-innen einer Frau gegenüber, die die Agentur für Arbeit auch von der anderen Seite des Tisches kennt: der Fachassistentin Mays Abdulrahman.
Ihren ersten Kontakt mit der Arbeitsverwaltung hatte Mays Abdulrahman 2016 mit dem Jobcenter. Sie war mit Mutter und Schwester aus Syrien nach Deutschland geflüchtet. Ihr Vater war im Bürgerkrieg ums Leben gekommen und auch die restliche Familie fürchtete um ihr Leben.
Im syrischen Aleppo hatte die studierte Grundschullehrerin sieben Jahre in ihrem Beruf gearbeitet. Als Lehrerin konnte sie in Deutschland aber nicht arbeiten. Da sie ohne Deutschkenntnisse war, stand der Spracherwerb an erster Stelle. Die Deutschkurse bis zum Niveau C1 absolvierte sie mit Leichtigkeit in kürzester Zeit. Die deutsche Sprache liegt ihr; daher fiel ihr das Lernen leicht.
Mays Abdulrahman wollte so bald wie möglich einen Einstieg ins Berufsleben finden, mit dem sie auf Dauer finanziell unabhängig sein konnte. Fatalerweise beendete sie eine Ausbildung im Tourismusbereich aber in der Hochphase der Corona-Epidemie. Die Chancen, eine Stelle zu finden, gingen in dieser Zeit gegen Null. Aber Mays Abdulrahman ist nicht der Typ Mensch, der die Hände in den Schoß legt. Sie beschloss, ihrem Bauchgefühl zu folgen und sich für eine Ausbildung bei der Bundesagentur für Arbeit zu bewerben. „Menschen, die - wie ich vor einigen Jahren - zur Arbeitsagentur kommen, die bestmögliche Beratung zu geben - das war mein Traum“, sagt sie im Rückblick. „Weil ich selbst einmal Kundin war, verfüge ich über einen Erfahrungsschatz, den ich einbringen kann - gerade als Person, die die Sprache nicht konnte und in einem anderen Land aufgewachsen ist“.
Sie bewarb sich bei der Agentur für Arbeit Offenbach für die dreijährige Ausbildung zur Fachkraft für Arbeitsmarktdienstleistungen. Thomas Iser, als Vorsitzender der Geschäftsführung der Offenbacher Arbeitsagentur in der Auswahlkommission, erinnert sich noch gut an das damalige Vorstellungsgespräch: „Wir haben diskutiert, ob die Bewerberin, die im Gespräch absolut überzeugte, in der Lage sein würde, die anspruchsvolle Ausbildung mit ihren Deutschkenntnissen zu bewältigen.“ Sie konnte, wie sich bald herausstellen sollte.
Mays Abdulrahman begann im September 2021 und konnte ihre Ausbildung aufgrund ihrer hervorragenden Leistungen um ein halbes Jahr verkürzen. Aber nicht nur das. Von allen Absolventen/-innen ihres Abschlussjahrgangs legte sie die Prüfungen als Jahrgangsbeste mit der Note 1 ab.
Aufgrund dieser Bestleistung bekommt sie die Möglichkeit, schon nach kurzer Zeit in ihren Traumjob einzusteigen: Demnächst wird sie Kundinnen und Kunden als Arbeitsvermittlerin beraten.
Wie sie all das geschafft hat? „Mit Liebe für die deutsche Sprache und Leidenschaft für den Auftrag der Bundesagentur“, sagt Abdulrahman ernsthaft. „Deutschland ist ein tolles Land, aber es gibt auch hier Menschen, die es schwer haben - und wenn ich es jemandem leichter machen kann, sich beruflich einzubringen und seinen oder ihren Weg zu gehen, dann befinde ich mich am richtigen Platz.“