OSNABRÜCK. Nach aktuellsten Zahlen (Stichtag: 30. Juni 2023) arbeiten in der Stadt Osnabrück 5.101 Menschen sozialversicherungspflichtig in einem Pflegeberuf. Dies waren 162 mehr als im Jahr zuvor, der Wert lag damit erstmalig oberhalb der 5.000er-Marke. Im Landkreis sank die Zahl im gleichen Zeitraum um 78 Personen, lag aber mit 6.484 weiter deutlich über dem Niveau der Vor-Corona-Zeit (2019: 6.011 Menschen). In der gesamten Region Osnabrück waren Ende Juni 2023 somit 11.585 Menschen im Pflegesektor sozialversicherungspflichtig tätig.
Fern: Pflege neben Klimaberufen der Zukunftssektor schlechthin.
„Ohne Zweifel nimmt die Beschäftigung in Pflegeberufen zu und wird noch deutlich wachsen müssen“, erklärt Christiane Fern, Leiterin der Agentur für Arbeit Osnabrück. „Die Gesellschaft wird immer älter und pflegebedürftiger. Das lässt sich mit den vorhandenen Kräften nicht stemmen. Deswegen ist für die nachwachsenden Generationen diese Branche ein Zukunftssektor mit hoher Beschäftigungssicherheit. Und inzwischen lässt sich hier als Fachkraft auch überdurchschnittlich gut Geld verdienen.“
Pflegefachkräfte in Vollzeit können überdurchschnittlich gut verdienen.
Aber wie viel Geld können Pflegekräfte in der Region verdienen? In der Stadt Osnabrück erhielten Vollzeitkräfte 2022 in der Pflege ein Medianentgelt von monatlich 3.892 Euro, branchenübergreifend lag der Wert für Fachkräfte bei 3.438 Euro. Im Landkreis lagen die vergleichbaren Werte in der Pflege bei 3.620 Euro und branchenübergreifend bei 3.215 Euro monatlich. Tendenziell steigerten sich die Medianentgelte seit 2018 in der Pflege für Vollzeitkräfte sogar stärker als über alle Branchen hinweg. In der Stadt verdienten Pflegefachkräfte 492 Euro monatlich mehr als vier Jahre zuvor, Fachkräfte anderer Branchen im Median 316 Euro mehr. Vergleichbare Entwicklung im Landkreis: für Pflegefachkräfte monatlich 512 Euro mehr, in allen anderen Branchen zusammen im Median 308 Euro.
Deutlich mehr Frauen in der Pflege, zumeist in Teilzeit.
Gute Aussichten also – zumindest für Vollzeitkräfte. „Und hier beginnt das Problem, das schließlich auch mitursächlich ist für Personalengpässe“, so Fern. So waren von den Beschäftigten in der Pflege in der Stadt 81,3 Prozent weiblich, im Landkreis gar 86,2 Prozent. Fern: „Von diesen Frauen arbeitet die Mehrheit in Teilzeit und folglich oft weniger als in den Betrieben gebraucht wird, um personellen Engpässen entgegenzuwirken. Hier müssen Unternehmen und Gesellschaft die Bedingungen schaffen, dass zumindest diejenigen, die länger arbeiten könnten und wollen, dies auch umsetzen können.“ Von den 4.149 weiblichen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Stadt arbeiteten Ende Juni 2023 56,6 Prozent in Teilzeit, im Landkreis waren es zeitgleich 67,2 Prozent. Die 952 in der Stadt sozialversicherungspflichtig in der Pflege beschäftigten Männer arbeiteten zu 67,3 Prozent in Vollzeit, von den 898 im Landkreis galt dies für 68,3 Prozent. Fern: „Diese Umstände sorgen folglich dafür, dass diese Männer allein schon durch das Mehr an Stunden deutlich mehr im Schnitt verdienen.“
Fachkräftemangel bleibt – Arbeitslose oft nur mit Helferprofil.
Gute Verdienstmöglichkeiten, sichere Jobperspektive. Warum finden die Unternehmen nicht die benötigten Fachkräfte? Einen Hinweis bietet der Vergleich zwischen offenen gemeldeten Arbeitsstellen und Arbeitslosen, die dem Pflegesektor zugerechnet werden können. In der Stadt Osnabrück waren im Jahresdurchschnitt 2023 119 Pflegestellen gemeldet, 95 davon verlangten mindestens Fachkräfteniveau (79,8 Prozent). Zeitgleich waren dort jahresdurchschnittlich 81 dem Bereich Pflege zuzuordnende Arbeitslose gemeldet, 60 davon (74,1 Prozent) allerdings nur mit dem Profil für Helferstellen. Im Landkreis standen jahresdurchschnittlich 101 Stellen – 68,3 Prozent für mindestens Fachkräfteniveau – 96 Arbeitslose gegenüber, 71 davon (74 Prozent) mit Helferprofil. Gerade dieses „Missmatch“ ließ in den vergangenen Jahren die Verweildauer offener Stellen bis zur Besetzung (Vakanzzeit) im Landkreis 2023 auf durchschnittlich 344 Tage steigen, in der Stadt auf inzwischen durchschnittlich 767 Tage. „Die Grundvoraussetzung dafür, den Bedarf in der Pflege zumindest in Teilen mit Arbeitslosen zu decken, sind umfassende Qualifizierungsanstrengungen, die wir auch immer wieder in Gang setzen“, kommentiert Fern. „Und dennoch werden wir nur mit vielen Stellschrauben – mit mehr Nachwuchs, Quereinstiegen, einer höheren Erwerbsquote und Stundenaufstockungen bei Frauen und mit ausländischen Fachkräften – die Engpässe angehen können.“
Anteil ausländischer Beschäftigte deutlich gestiegen.
Teilweise wird der Bedarf an sozialversicherungspflichtig Beschäftigten bereits mit ausländischen Staatsbürgern gedeckt. So arbeiteten Ende Juni 2023 in der Stadt Osnabrück 551 Ausländer sozialversicherungspflichtig und damit 87 mehr (plus 18,8 Prozent) als im Jahr zuvor und 286 mehr als 2018 (plus 107,9 Prozent), im Landkreis waren es 521 Personen, 64 mehr (plus 14 Prozent) als 2022 und 232 mehr als 2018 (plus 80,3 Prozent). „Die Migration von Fachkräften wird ein wichtiger Schlüssel für die Situation in der Pflege sein“, erläutert Fern. „In Deutschland sind bereits viele ausländische Menschen, die wir auch für die Pflege gewinnen könnten. Zugleich gibt uns das Fachkräfteeinwanderungsgesetz die Grundlagen, um mehr Menschen als Fachkräfte aus verschiedenen Ländern für uns zu gewinnen. Das ‚Rekrutierungsnetzwerk Pflege‘, das wir in unserer Region mit diversen Arbeitsmarktpartnern gegründet haben, ist dafür ein wichtiger Baustein.“