Heinz Thiele, Leiter der Agentur für Arbeit Paderborn:
„Entsprechend der für den Monat Juli üblichen Entwicklung steigt im Kreis Paderborn die Arbeitslosigkeit. Im Vergleich zum Vormonat ist eine Steigerung um 4,4 Prozent zu verzeichnen. Die Arbeitslosenquote erhöht sich dabei um 0,3 Prozentpunkte auf 5,6 Prozent. Die Entwicklung am Arbeitsmarkt bleibt im Juli 2023 trotz des Dämpfers alles in allem unauffällig. Die gestiegene Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vorjahr kratzt etwas an der Stabilität, aber eine negative Trendwende ist auch vor dem Hintergrund des demographischen Wandels der nächsten Jahre nicht zu erkennen. Dafür spricht auch eine hohe Aufnahmefähigkeit mit 3.400 offenen Stellen im Bestand.
Ursächlich für die gestiegene Arbeitslosigkeit sind insbesondere saisonale Faktoren: In der Urlaubszeit stellen Unternehmen weniger Personal neu ein. Viele kleine und mittlere Unternehmen verschieben ihre personellen Entscheidungen auf die Zeit nach den Ferien. Auch ist die Arbeitslosigkeit in den Ferien für gewöhnlich erhöht, weil Jugendliche die Schule abgeschlossen haben und Absolventinnen und Absolventen einer Ausbildung nicht immer vom Ausbildungsbetrieb übernommen werden. Nach den Ferien werden sich ihnen verstärkt Anschlussperspektiven eröffnen.
Der Anstieg der Arbeitslosenzahl in der Arbeitslosenversicherung, dem sogenannten SGB-III-Bereich, lässt allerdings auch darauf schließen, dass manche Unternehmen zurückhaltend bei Neueinstellungen sind. Die Inflation, insbesondere die gestiegenen Energiekosten und zunehmend auch höhere Investitionskosten bremsen teilweise die unternehmerischen Aktivitäten im Kreis. Auch halten sich private Verbraucherinnen und Verbraucher mit Käufen weiter zurück. Das von erhöhter Unsicherheit geprägte wirtschaftliche Umfeld schwächt die Dynamik am Arbeitsmarkt.
Die Lage am Arbeitsmarkt bleibt für die Suche und Aufnahme einer Beschäftigung günstig. Arbeitskräfteknappheit und Fachkräftemangel bleiben als wesentliche Herausforderungen bestehen. Menschen, die arbeitslos sind, unterstützt die Arbeitsagentur Paderborn durch Qualifizierung, Beratung und Vermittlung auf ihrem Weg in Arbeit.“
Arbeitslosigkeit
Die Zahl der Arbeitslosen ist im Kreis Paderborn im Monat Juli 2023 gestiegen. Insgesamt waren 9.897 Personen arbeitslos gemeldet. Verglichen mit den Zahlen des Vormonats sind das 421 Personen oder 4,4 Prozent mehr. Gegenüber dem Vorjahresmonat steigt die Zahl der Arbeitslosen um 843 Personen beziehungsweise 9,3 Prozent. Die Arbeitslosenquote beträgt im Monat Juli 2023 5,6 Prozent. Vor einem Jahr belief sie sich auf 5,2 Prozent (plus 0,4 Prozentpunkte).
Entwicklung in der Arbeitslosenversicherung - SGB III
Im Bereich der Arbeitslosenversicherung wurden in diesem Monat 3.173 Personen gemeldet. Die Zahl hat sich im Vergleich zum Vormonat erhöht um 322 Personen beziehungsweise 11,3 Prozent. Im Vorjahresvergleich bedeutet dies eine Erhöhung um 377 Personen oder 13,5 Prozent.
Entwicklung in der Grundsicherung - SGB II
In der Grundsicherung sind 99 Arbeitslose mehr als im Vormonat und 466 mehr als im Vorjahr zu verzeichnen. Im Verhältnis entspricht dies plus 1,5 Prozent zum Vormonat beziehungsweise plus 7,4 Prozent zum Vorjahr. Insgesamt zählen 6.724 Personen und damit 67,9 Prozent aller Arbeitslosen zur Grundsicherung gemäß SGB II.
Jugendarbeitslosigkeit
977 Arbeitslose sind im Berichtsmonat im Kreis Paderborn unter 25 Jahre alt. Im Vormonat waren dies noch 83 weniger und im gleichen Monat des Vorjahres 93 weniger arbeitslose junge Menschen. Die prozentuale Veränderung beläuft sich somit auf plus 9,3 Prozent zum vorherigen Monat beziehungsweise plus 10,5 Prozent im Vorjahresvergleich.
Arbeitslose ab 50 Jahre
Die Anzahl arbeitsloser Personen ab 50 Jahre ist im Vergleich zum Vormonat gestiegen, und zwar um 95 Personen oder 2,8 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr sind es 211 Arbeitslose mehr (plus 6,5 Prozent). Insgesamt sind 3.472 Menschen ab 50 Jahre im Kreis Paderborn betroffen.
Langzeitarbeitslose
Die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist im Kreis Paderborn im Berichtsmonat gestiegen. 3.330 Personen waren länger als ein Jahr nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt, darunter zählen 92,0 Prozent (3.065 Personen) zur Grundsicherung. Verglichen mit den Gesamtzahlen des Vormonats sind das 25 Langzeitarbeitslose mehr. Im Vergleich zum Vorjahr steigt die Zahl dieser Arbeitslosen damit um 78 Personen.
Stellenangebot
Unternehmen aus dem Kreis haben in diesem Monat 472 Stellen gemeldet, das sind 7 stellen mehr als im Vormonat. Im Bestand befinden sich insgesamt 3.400 offene Stellen, 65 weniger als im Vormonat und 202 Stellen weniger als im Vorjahresmonat.
Arbeitsmarkt in Ostwestfalen-Lippe
Die Arbeitslosigkeit in Ostwestfalen-Lippe ist im Monat Juli 2023 erneut gestiegen. Aktuell sind 66.296 Personen arbeitslos gemeldet, das ist eine Zunahme zum Vormonat um 2.013 Menschen oder 3,1 Prozent. Im Vergleich zum Juli 2022 liegt die Arbeitslosigkeit um 4.455 Menschen oder 7,2 Prozent höher. Die Arbeitslosmeldungen fallen im aktuellen Monat mit 12.930 Personen im Vergleich zum Vorjahresmonat um 1.084 geringer aus.
Die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist im Juli 2023 zum Vormonat gestiegen (plus 170; plus 0,7 Prozent). Im aktuellen Berichtsmonat sind 25.665 Personen länger als ein Jahr auf Arbeitssuche. Das sind 3,5 Prozent mehr als im Juli 2022. Der Anteil Langzeitarbeitsloser an allen Arbeitslosen beträgt aktuell 38,7 Prozent (2022: 40,1 Prozent, 2021: 43,4 Prozent, 2020: 32,6 Prozent, 2019: 35,6 Prozent jeweils Juli).
Der Bestand an gemeldeten Arbeitsstellen, die durch Jobcenter und Arbeitsagenturen in Ostwestfalen-Lippe angeboten werden können, geht aktuell weiter zurück und beträgt im Berichtsmonat 23.081 Stellen. Damit liegt der Stellenbestand 5.294 Stellen unter dem Vorjahreswert. Im Juli 2023 wurden 3.076 freie Arbeitsstellen neu gemeldet. Im Vergleich zum Vorjahresmonat liegt der Stellenzugang damit 878 Stellen oder 22,2 Prozent niedriger.
Die niedrigsten Arbeitslosenquoten in der Region finden sich im Kreis Höxter (4,5 Prozent) und Kreis Gütersloh (4,5 Prozent), gefolgt vom Kreis Lippe (5,1 Prozent), Kreis Paderborn (5,6 Prozent), Kreis Herford (5,7 Prozent), Kreis Minden-Lübbecke (6,0 Prozent) und der Stadt Bielefeld (8,4 Prozent). Insgesamt hat Ostwestfalen-Lippe eine Arbeitslosenquote von 5,8 Prozent (Vormonat 5,6 Prozent, Vorjahr 5,4 Prozent).