Die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber entwickelt sich positiv. Das Ausbildungsstellenangebot geht zurück. Es bleibt für viele Unternehmen schwierig, angebotene Ausbildungsstellen zu besetzen. In den vergangenen Wochen hat eine große Zahl der Bewerberinnen und Bewerber einen Ausbildungsplatz gefunden. Bis in den Winter hinein haben Bewerbungen Ausbildungsinteressierter weiter gute Erfolgsaussichten.
• 2.204 gemeldete Ausbildungsstellen
• 2.049 Bewerberinnen und Bewerber
• 192 Jugendliche noch unversorgt
• 142 Ausbildungsstellen nicht besetzt
Heinz Thiele, Leiter der Agentur für Arbeit Paderborn, zieht Bilanz zum Berichtsjahr 2022/2023: „Die gestiegene Zahl der Bewerberinnen und Bewerber am Ausbildungs-markt im Kreis Paderborn ist eine erfreuliche Entwicklung. Diese nimmt Unternehmen allerdings bei der Fachkräftesicherung kaum Druck. Mit dem demographischen Wan-del prägt ein hoher Bedarf nach Fachkräften weiter das Geschehen auf dem Ausbildungsmarkt. Weil Nachwuchskräfte benötigt werden, bleibt die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen auch bei derzeit bestehenden wirtschaftlichen Unsicherheiten hoch. Unsere Region ist wirtschaftlich dringend darauf angewiesen, dass Kapazitäten für die Ausbildung insgesamt ausgeweitet und umfassend genutzt werden.
Ohne eine intensive Gewinnung von Nachwuchskräften besteht das Risiko, dass zu-künftige Fachkräfteengpässe die wirtschaftliche Entwicklung im Kreis bremsen.“
2.049 Jugendliche und junge Erwachsene haben sich seit Oktober 2022 auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz an die Agentur für Arbeit Paderborn gewandt. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl um 11,5 Prozent gestiegen. 2.204 Ausbildungs-stellen haben Betriebe seit Oktober 2022 gemeldet. Das Ausbildungsstellenangebot ist im Vorjahresvergleich um 4,9 Prozent zurückgegangen. „Der Trend vom Arbeitgebermarkt zu einem Arbeitnehmermarkt wird sich fortsetzen“, sagt Heinz Thiele: „Das Ungleichgewicht versetzt zwar junge Menschen, die sich um eine Ausbildung bewerben, in eine gute Position. Aus betrieblicher Sicht geben die Herausforderungen bei der Fachkräftesicherung aber weiter Anlass zur Sorge. Ohne wirksame Strategien werden viele Unternehmen Fachkräftebedarfe der kommenden Jahre schwerlich decken können. Genügend Fachkräfte zu finden, wird vielen Betrieben weiter große Schwierigkeiten bereiten.“
Auch aktuell haben Bewerberinnen und Bewerber noch gute Chancen auf einen Aus-bildungsplatz. Von den allein im Berichtsjahr 2022/23 gemeldeten 2.204 Ausbildungsstellen sind noch 142 Stellen unbesetzt. 192 Jugendliche sehen sich momentan noch nach einer Ausbildungsstelle um. „Unternehmen stellen Auszubildende bis in den Winter hinein ein. Es lohnt sich unbedingt, bei noch ausbleibendem Erfolg am Ball zu bleiben und sich mit Unterstützung der Berufsberatung weiter zu bewerben“, rät der Leiter der Agentur für Arbeit Paderborn Heinz Thiele ausbildungsinteressierten Jugendlichen. Den Ausbildungsbetrieben empfiehlt er vor dem Hintergrund des bestehenden Fachkräftemangels, Jugendliche auch dann auszubilden, wenn sie nicht von Vornherein alle gewünschten Voraussetzungen mitbringen, dafür aber über eine hohe Motivation und ein entsprechend großes Entwicklungspotential verfügen.
Der Leiter der Arbeitsagentur betont zudem: „Gemeinsam mit unseren Netzwerkpartnern unterstützen die Berufsberaterinnen und Berufsberater der Agentur für Arbeit Paderborn alle Ausbildungsinteressierten in den kommenden Monaten intensiviert bei ihrer beruflichen Orientierung. Offene Fragen lassen sich in einem individuellen Beratungsgespräch oft zielführend klären, so dass ein Ausbildungsplatz durch unseren Arbeitgeberservice vermittelt werden kann. Es ist wichtig, dass Vertragsabschlüsse am Ausbildungsmarkt wo möglich auch in diesem Jahr noch zustande kommen. Wer eine Ausbildung in Betracht zieht, ist eingeladen, eine neutrale Beratung bei der Berufsberatung in der Agentur für Arbeit wahrzunehmen“, sagt Heinz Thiele.
Mit Blick auf das Ausscheiden der Generation der Babyboomer aus dem Erwerbsleben in den nächsten Jahren äußert sich Heinz Thiele auch wie folgt: „Wir sind erst am Anfang der Herausforderung, Talente zu gewinnen und zu binden.“ Dabei betont Thiele: „Was Unternehmen im Kreis Paderborn mit ihrem großen Engagement in der betrieblichen Ausbildung bereits heute leisten, liegt messbar über dem Landes-schnitt.“ Dennoch warnt er deutlich: „Bleiben gemeldete Ausbildungsstellen im Raum Paderborn unbesetzt und kommt es zu Ausbildungsabbrüchen, die vielleicht vermeidbar gewesen wären, wirkt sich das negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe aus. Wir müssen als Region heute besser vorsorgen; Ausbildungsbetriebe sollten mit Weitsicht und auch im Vergleich zu Wettbewerbern prüfen, wie sie die Ausbildung tiefer im Unternehmen verankern.“
Mit Herausforderungen der Fachkräftesicherung am Ausbildungsmarkt empfiehlt die Agentur für Arbeit größere Flexibilität bei der Ausbildungsstellenvermittlung sowohl auf Seiten der Arbeitgeber als auch auf Seiten der Bewerberinnen und Bewerber – zumal der Übergang von der Schule in den Beruf durch verschiedene von der Arbeitsagentur finanzierte Maßnahmen begleitet werden kann. Die Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme (BvB) unterstützt Jugendliche und junge Erwachsene, die längere Zeit keine Ausbildung finden. Die außerbetriebliche Ausbildung (BaE) kann zudem den Zugang zu einem Ausbildungsbetrieb öffnen. Eine solche BaE fördert junge Menschen gezielt und ebnet bei Startschwierigkeiten regelmäßig den Weg in eine betriebliche Ausbildung. Auch die Assistierte Ausbildung (AsA) ermöglicht als Förderinstrument für Bewerberinnen und Bewerber oder Auszubildende sowie für die Unterstützung der Arbeitgeber eine Win-Win-Situation. Ziel ist es hierbei auch Ausbildungsabbrüchen vorzubeugen.
Die Berufsberaterinnen und Berufsberater der Agentur für Arbeit Paderborn haben für den Schlussspurt im Ausbildungsjahr auch einen Sofortzugang eingerichtet, so dass Jugendliche und deren Eltern mit ihnen in der Bahnhofstraße 26, 33102 Paderborn ohne Termin sprechen können. Wer sich am Empfang kurz meldet, wird direkt zur Beratungsfachkraft weitergeleitet. Der Sofortzugang besteht am Montag und Dienstag je von 8 Uhr bis 15.30 Uhr, mittwochs und freitags je von 8 Uhr bis 12.30 Uhr sowie zusätzlich donnerstags von 8 bis 16 Uhr.
Um Jugendlichen die Orientierung und den Berufseinstieg im Kreis Paderborn zu erleichtern, arbeitet die Agentur für Arbeit eng mit Kooperationspartnern zusammen. So bietet beispielsweise die Internetplattform CONNECT Schülerinnen und Schülern, Lehrkräften, Eltern und Unternehmen ganzjährig Hilfestellung. Jährlich gibt es zudem auf der Ausbildungsmesse CONNECT im Schützenhof Möglichkeiten zur Information und Kontaktaufnahme.
Gesamtangebot / Gesamtnachfrage im Laufe des Berichtsjahres
2.2.204 gemeldete Ausbildungsstellen / 2.049 gemeldete Bewerberinnen und Bewerber
Im Berichtsjahr wurden der Arbeitsagentur in Paderborn 2.204 Ausbildungsstellen zur Besetzung gemeldet, 114 oder 4,9 Prozent weniger als im Vorjahr.
Auf der Bewerberseite haben sich im Laufe des Berichtsjahres 2.049 Jugendliche über die Berufsberatung der Agentur für Arbeit um einen Ausbildungsplatz bemüht, 212 oder 11,5 Prozent junge Menschen mehr als im Vorjahr.
Von den Ausbildungsstellen waren Ende September noch 142 unbesetzt, 192 Jugendliche waren noch auf der Suche nach einer Ausbildungsstelle.
Bilanz der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld
„Wir beobachten trotz der momentanen Krisensituation einen stabilen, teilweise verbesserten Ausbildungsmarkt“, berichtet Ute Horstkötter-Starke, Geschäftsführerin Berufliche Bildung der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld, mit Blick auf die bis Ende September 2023 neu eingetragenen Ausbildungsverhältnisse bei den IHK-Mitgliedsunternehmen. Das Vor-Corona-Niveau sei zwar noch nicht wie-der erreicht, aber immerhin habe sich der Wert im Kreis Paderborn im Vorjahresvergleich wieder um 1,2 Prozent verbessert. In absoluten Zahlen erhöhte sich die Zahl der neuen Ausbildungsverträge um 15 auf jetzt 1.286. Die prozentuale Entwicklung sei zwischen den kaufmännischen und gewerblich-technischen Ausbildungsberufen jedoch sehr unterschiedlich: Mit minus 2,6 Prozent (Vorjahr: plus 1,2 Prozent) liege
die Anzahl der neu eingetragenen Ausbildungsverhältnisse im kaufmännischen Bereich leicht unter dem Vorjahresniveau, während mit zusätzlichen 33 Verträgen im gewerblich-technischen Ausbildungsbereich ein Wachstum von 5,7 Prozent erreicht worden sei.
Besonders bei den IT-Berufen mit einem Zuwachs von 15,6 Prozent zeichne sich weiter eine sehr gute Entwicklung ab. Erfreulich sei, dass der Ausbildungsberuf „Kaufleute im Einzelhandel“ trotz der schwierigen Situation der Branche im Kreis Paderborn wieder leicht zulegen konnte.
Nach den Corona-bedingten starken Rückgängen bei den gastgewerblichen Berufen freut sich die Branche über einen wiederholten Zuwachs in diesem Jahr von 31 Prozent.
„Mit dieser Situation sind wir vor dem Hintergrund der Entwicklungen im vergangenen Jahr sehr zufrieden. Auch wenn sicherlich noch weiteres Entwicklungspotential be-steht, lässt sich festhalten: Die berufliche Ausbildung ist wieder stark. Es freut uns dabei zu erleben, dass die nach der Pandemie eingeschränkten Informations- und Beratungsmöglichkeiten in Schulen wieder in gewohnten Bahnen stattfinden und Unternehmen wieder mehr Praktika anbieten“, hält Horstkötter-Starke fest. Dies trage wesentlich zur beruflichen Orientierung junger Menschen bei.
Trotzdem sei das Zusammenfinden von geeigneten Bewerbern und Unternehmen immer noch recht schwierig. Die IHK habe in Zusammenarbeit mit den Partnern in der Berufsorientierung der Region unter anderem durch digitale Angebote des sogenannten AZUBI-Speeddatings auf der Plattform „Ausbildungschance OWL“ und der Berufsorientierungsplattform „Connect“ sowie der sehr erfolgreichen Ausbildungs-messe „Connect“ versucht, diese Lücke zu füllen.
Besonders die Plattform Connect, auf der auch die gleichnamige Ausbildungsmesse integriert sei, biete Schülerinnen und Schülern sowie Lehrkräften und Eltern hervor-ragende Möglichkeiten, sich sehr breit und vielfältig über die Möglichkeiten des Übergangs von der Schule in den Beruf zu informieren und Ausbildungs- und Praktikums-stellen zu finden.
„Für die Zukunft werden wir weiterhin alles daransetzen, gemeinsam mit den Partnern rund um die berufliche Ausbildung unseren ‚Instrumentenkasten‘ für die Informationen zu Ausbildungsmöglichkeiten, Ausbildungsbetrieben und darüber hinaus für die potenziellen Auszubildenden so zu erweitern, dass wir eine nachhaltige Berufswahlvorbereitung für die jungen Menschen ermöglichen können“, so Horstkötter-Starke weiter.
Die IHK selbst werde sich auch zukünftig massiv für die Förderung der Beruflichen Bildung einsetzen und die bereits seit Jahren erfolgreich eingeführten Projekte wie die schon erwähnten Plattformen „Ausbildungschance OWL“ und „Connect“, sowie das Projekt „Kooperation IHK-Schule-Wirtschaft“ oder „Berufliche Bildungslotsen“ fortsetzen. Bei den „Beruflichen Bildungslotsen“ spreche die IHK in Abstimmung mit den jeweiligen Ausbildungsbetrieben Auszubildende an, um sie zu schulen und in den Klassen der allgemeinbildenden Schulen über ihre Ausbildungsberufe berichten zu lassen. Hier diskutieren sie mit den Schülerinnen und Schülern auf Augenhöhe über die positiven Perspektiven beruflicher Bildung und vor allem über die eigenen Erfahrungen.
Mit dem Berufsstarterseminar „Fit in die Ausbildung“ entspräche die IHK zudem seit vielen Jahren dem Wunsch vieler Ausbildungsbetriebe, die Ausbildungsreife der jugendlichen Bewerberinnen und Bewerber noch stärker zu fördern, ergänzte die IHK-Geschäftsführerin. „Es ist immer sehr schade, wenn Ausbildungsstellen unbesetzt blieben, weil geeignete Bewerberinnen und Bewerber fehlen. Dem wollen wir entgegenwirken.“
Horstkötter-Starke wies auch noch einmal intensiv darauf hin, dass neue Ausbildungsverträge auch jetzt noch eingetragen werden können. „Mit dem 31. Oktober ist noch nichts vorbei!“, so die IHK-Geschäftsführerin. Eine Eintragung sei noch bis zum Jahreswechsel möglich und sinnvoll.
Kreishandwerkerschaft warnt vor Zunahme des Nachwuchs- und Fachkräftemangels
„Nachdem im letzten Jahr ein Zehn-Jahres-Höchstwert in der Ausbildungsstatistik angezeigt wurde, ist die Zahl der Ausbildungsverhältnisse in 2023 wieder gesunken und die Entwicklung damit weiterhin Besorgnis erregend“, berichtet Aloys Buschkühl, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Paderborn-Lippe. Auch das Hoch des letzten Jahres decke den Bedarf der Betriebe an Nachwuchsfachkräften nicht annähernd.
„Denn nur allein in Anbetracht des Rentenabgangs der kommenden Jahre müsste die Statistik zweimal so viele Ausbildungsverhältnisse aufweisen“, so Buschkühl. Hinzu kämen Klimawandel und Energiewende, die den Bedarf an Fachkräften noch weiter in die Höhe treiben.
„Ausbildungsabbrüche, das Nicht-Bestehen der Gesellenprüfung und die Abwanderung in Industrie oder Studium reduzieren die ohnehin zu niedrige Anzahl an Auszubildenden zusätzlich“, gibt Buschkühl weiterhin zu bedenken. Aktuell seien 136 Aus-bildungsstellen unbesetzt. Besonders gefragt: Elektroniker, Heizungs- und Anlagenbauer, Dachdecker, Bäcker und Metallbauer.
Fazit des Geschäftsführers: „Das Handwerk leidet hier vor Ort unter einem massiven Nachwuchs- und Fachkräftemangel, der sich in den kommenden Jahren noch weiter und merklich zuspitzen wird, wenn nicht intensiv gegengesteuert wird.“
Erfreulich sei allerdings, dass die gerade für die Klimawende relevanten Gewerke wie Anlagenmechaniker und Elektroniker nach wie vor hoch im Kurs ständen. „Einen Zuwachs verzeichnen wir in diesem Jahr bei den Dachdeckern. Im Allzeithoch und nach wie vor beliebtester Beruf ist der des Kfz-Mechatronikers. Auch die Gewerke Friseur, Maler, Tischler, Metall und Maurer sind nach wie vor beliebt“, so Buschkühl.
Die Kreishandwerkerschaft Paderborn-Lippe hat aufgrund der Entwicklung ihre Anstrengungen im Bereich der hauseigenen Ausbildungsoffensive „Folge deinem ich“ weiter verstärkt und um eine digitale Kampagne erweitert.
„Die seit 2015 bestehende Aktion, die gezielt und auf Augenhöhe auf Schülerinnen und Schüler zugeht und für die vielen Möglichkeiten in den handwerklichen Ausbildungsberufen wirbt, hat wesentlich dazu beigetragen, dass sich der Trend in der Ausbildungsstatistik seit Bestehen der Offensive erkennbar nach oben entwickelt hat“, ist sich der Geschäftsführer sicher.
Nichts desto trotz sei nach wie vor ein gesellschaftliches Umdenken von Nöten. Der Handwerker dürfe nicht erst dann wertgeschätzt werden, wenn er gebraucht werde. Die Wertschätzung sollte bereits in den Schulen, auch in den Gymnasien und den Gesamtschulen, beginnen. Das sei eine wichtige Daueraufgabe.
„Das Abitur schließt eine Ausbildung im Handwerk nicht aus, Abiturientinnen und Abiturienten sind im Handwerk ausdrücklich willkommen!" so Aloys Buschkühl ab-schließend.
Kontaktweg für die Jugendlichen
Jugendliche, die noch für dieses oder auch für nächstes Jahr eine Ausbildungsstelle suchen, können über die kostenlose Hotline 0800 4 5555 00 der Agentur für Arbeit Paderborn einen Beratungstermin anfragen.
Ein einfacher Weg zu freien Ausbildungsstellen vor Ort führt über die App „AzubiWelt“ der Bundesagentur für Arbeit.