„Die Entwicklung jetzt steht auf einem ganz anderen Blatt“

Ein gelernter Schriftsetzer arbeitet die meiste Zeit in Druckereien und Medienunternehmen. Dann schlägt er ein neues Kapitel auf, um in der Pflege im St. Vincenz-Krankenhaus für das Wohl der Patientinnen und Patienten zu sorgen. Wie kommt er im Alter von fast 60 Jahren noch dazu?

07.08.2024 | Presseinfo Nr. 97

Konsequent folgt Michael Scholz einer Linie, seit er die Schule verlassen hat: Er erlernt den Beruf des Schriftsetzers. In einer Druckerei findet er danach Arbeit, erstellt Druckvorlagen. Bald rückt er, inzwischen Industriemeister Druck, in die Funktion des Abteilungsleiters auf und ist viele Jahre für die sogenannte Druckvorstufe verantwortlich.

Doch dann wandelt sich die Branche. Sein Beruf verschwindet. Das Unternehmen, das ihn beschäftigt, bleibt in der Form nicht bestehen.

Scholz verliert seine Anstellung. Dennoch folgt er weiter seiner Linie und sucht sich auch im Wandel weiter in Druckereien und Medienunternehmen eine Beschäftigung. „Ich bin immer wieder in die Unternehmen reingekommen“, betont Scholz. Zuerst im Offset und Siebdruck, dann als Kundenmanager für Digital- und Printmedien. Aber: „Die berufliche Stabilität, wie ich sie gekannt habe, erlangte ich nicht zurück. Ich konnte mir nicht mehr sicher sein, ob das immer so weitergeht“, sagt er.

So kommt es beruflich zu einem Schritt, bei dem er mit der Linie bricht, der er schon rund 40 Jahre gefolgt ist. Zweieinhalb Jahre liegt der Moment zurück. Wesentliche Konsequenz dessen ist, dass er nicht länger von Druckmaschinen umgeben ist, sondern etwa mit dem Stethoskop den Blutdruck von Patientinnen und Patienten misst.

Heute trägt er auf der Arbeit weiße Kleidung statt blauer Latzhose. Nach einer Ausbildung hat Michael Scholz im St. Vincenz-Krankenhaus in Paderborn eine neue berufliche Tätigkeit als Pflegefachassistent aufgenommen. Er hat sich somit in der späten Phase seiner Karriere völlig neu aufgestellt. Und es zeigt sich, wenn er bei den Patienten ist: Der Umgang ist routiniert, jeder Handgriff sitzt.

Scholz spürt: Er wird gebraucht und erfährt Wertschätzung. „An einem Tag in der Pflege bekommt man mehr Zuspruch als in der Industrie in einem ganzen Jahr“, sagt der heute 61-Jährige.

Obwohl er schon auf die 60 Jahre zuging, als er sich zum Berufs- und Branchenwechsel entschied, ist dieser für ihn folgerichtig. Der Wunsch, sich für die Gesundheit von Menschen einzubringen, war in ihm immer vorhanden. Er begann, sich mit der Betreuung hilfs- und pflegebedürftiger Menschen fachlich auseinanderzusetzen. Zudem sah er den großen Bedarf nach Pflegekräften. Die Aussicht auf eine sichere Beschäftigung bis zum Renteneintritt bestärkte ihn darin, den Weg in die Pflege zu gehen.

In einem Beratungsgespräch in der Agentur für Arbeit Paderborn erfuhr Michael Scholz mehr über den Ablauf einer Ausbildung und finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten. Die Förderung der Ausbildung zum Pflegefachassistenten/zur Pflegefachassistentin umfasst grundsätzlich Lehrgangskosten, Fahrtkosten, gegebenenfalls Unterbringungskosten und Arbeitslosengeld bei Weiterbildung. Inhaltlich werden alle grundlegenden Kenntnisse vermittelt, um im Nachgang in der Grundpflege arbeiten und die Pflegefachkräfte im Klinikalltag unterstützen zu können.

Empfohlen wird im Vorfeld einer Umschulung zum Pflegefachassistenten/zur Pflegefachassistentin oder zur Pflegefachkraft unabhängig vom Alter unter anderem ein kurzes Orientierungspraktikum, um in der Berufswahl sicherer zu werden. „Eine Weiterbildung oder weitere Ausbildung ist immer auch mit Zweifeln verbunden. Nach einem Praktikum haben Umschülerinnen und Umschüler einen besseren Eindruck davon, was auf sie zukommt und ihr Ziel deutlicher vor Augen“, sagt Arbeitsvermittlerin Annette Merschmann von der Agentur für Arbeit Paderborn, die im Schwerpunkt in die Pflegeberufe vermittelt.

Beschäftigte in den Pflegeberufen sind besonderen physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt. „Ein Praktikum dient somit auch dazu, dass Interessierte eigene Vorstellungen und die tatsächlichen Gegebenheiten abgleichen und ihre Potentiale testen können“, sagt die Arbeitsvermittlerin vor dem Hintergrund. Auch erfordern die Aufgaben in der Pflege in besonderem Maß eine sorgfältige und verantwortungsvolle Arbeitsweise. „Zudem ist es hilfreich, dass mit dem Praktikum schon Kontakt zu einem Arbeitgeber geknüpft werden kann, bevor die Umschulung beginnt. Auch über die beruflichen Perspektiven kann bereits konkret gesprochen werden“, sagt Arbeitsvermittlerin Annette Merschmann weiter.

So lernte auch Michael Scholz seinen heutigen Arbeitgeber, das St. Vincenz-Krankenhaus, vor seiner Ausbildung zum Pflegefachassistenten kennen. Zum Praktikumsende signalisierte ihm die Pflegedienstleitung, dass für ihn günstige Aussichten auf einen erfolgreichen Quereinstieg bestehen. „Es ist uns wichtig, dass sich die Teams neben unterschiedlichen Qualifikationen auch aus einem gesunden Mix junger Kolleginnen und Kollegen und Lebenserfahrenen zusammensetzen. In der Pflege wirkt sich das positiv aus“, erläutert Daniel Weskamp, Pflegedienstleiter im St. Vincenz-Krankenhaus: „Der Umgang mit Patientinnen und Patienten hat sehr viele Facetten, so dass sich unterschiedliche Kompetenzen, Erfahrungen und Lebenshintergründe der Kolleginnen und Kollegen sinnvoll ergänzen“.

Michael Scholz blickt nicht mit Wehmut auf die Zeit in seinen vorherigen beruflichen Tätigkeiten zurück: „Ich habe ja meinen alten Beruf. Und in diesem habe ich 40 Jahre hinter mir. Die Entwicklung jetzt steht auf einem ganz anderen Blatt“, sagt er.

Die besonderen Belastungen in der Pflege spürt er. Doch es gelinge ihm, mit diesen umzugehen: „Im Freundeskreis habe ich schonmal gehört: ‚Pass auf, es ist ein Bereich, in dem man schnell vereinnahmt werden kann‘. Aber ich denke nicht, dass das geschieht, wenn man ein Gespür für die Menschen entwickelt“, sagt der Pflegefachassistent. Manchmal seien es schon die kleinen Aufmerksamkeiten, durch die einer Patientin oder einem Patienten geholfen werden kann. Manches im Beruf müsse man aber wirklich erst lernen zu akzeptieren: „Dazu gehört zum Beispiel die Situation, in der ein Mensch den Wunsch hat zu sterben“, sagt Scholz.

Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in der Pflege

Für die kommenden Jahre ist in der Pflege mit deutlichen Personalengpässen zu rechnen. Die Zahl der in der Pflege sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Kreis Paderborn hat sich zwar von 5.837 im Jahr 2019 um 816 auf 6.653 im Jahr 2023 erhöht, jedoch bestehen in den folgenden Jahren durch erwartete Renteneintritte und zunehmende Alterung der Gesellschaft dennoch Engpässe. Die Gehälter in den Pflegeberufen sind in den vergangenen Jahren im Übrigen deutlich attraktiver geworden.

Kontakt zur Agentur für Arbeit Paderborn

Für eine Beratung zu den Möglichkeiten einer Umschulung in den Pflegeberufen und einer Förderung können sich Interessierte per Telefon unter 0800 4 5555 00 an die Arbeitsvermittlung der Agentur für Arbeit Paderborn wenden oder direkt unter www.arbeitsagentur.de/paderborn ein Beratungsgespräch buchen. Das Auswahlfeld auf der Internetseite heißt „Termin online vereinbaren“.