Eva-Maria Kelch, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Passau, empfing den Bundestagsabgeordneten Thomas Erndl (CSU) zu einem Gespräch und informierte über die aktuelle Situation am Arbeitsmarkt für die Stadt Passau und die beiden Landkreise Passau und Freyung-Grafenau.
Themen waren neben dem robusten Arbeitsmarkt, auch die insgesamt gute sozialversicherungspflichtige Beschäftigungssituation im Agenturbezirk Passau sowie die Lage auf dem Ausbildungsmarkt. Die Agentur für Arbeit Passau verzeichnet während der Wintermonate regelmäßig den höchsten Saisonausschlag in Deutschland. Witterungsbedingt sind besonders der Bau- sowie den Baunebenbereich, der Tourismus sowie Berufe im Freien und Teile der Fertigung betroffen. Diese Wirtschaftsbereiche können während der kalten Jahreszeit ihren Betrieb nicht wie üblich aufrechterhalten und setzen daher Arbeitnehmer/innen frei – oft jedoch mit einer Zusage auf Wintereinstellung. Aus solchen Gründen steigt dann laut Kelch die Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Frühjahr oder Sommer stärker an. Mit einer Saisonbereinigung kann spätestens zu Frühlingsbeginn gerechnet werden. Im Jahr 2023 lag die durchschnittliche Arbeitslosenquote bei 3,5 Prozent und somit nah der Vollbeschäftigung.
Besonders an der aktuellen Stellensituation zeigte sich Erndl interessiert. Im Bezirk der Agentur für Arbeit Passau waren im Januar 3.045 Arbeitsstellen gemeldet. Gesucht werden sowohl Fachkräfte als auch Arbeitskräfte und dies über alle Branchen hinweg. Wobei zu Beginn des Jahres die größte Konzentration auf fertigungstechnische Berufe, medizinische und nicht-medizinische Gesundheitsberufe, Fertigungsberufe, Lebensmittel- und Gastgewerbeberufe, Aus- und Ausbauberufe, Verkehrs- und Logistikberufe sowie Handelsberufe liegt.
„Die Wirtschaftszweige, von denen der Großteil der Arbeitskräftenachfrage in der Region ausgeht, sind das Verarbeitende Gewerbe, das Gesundheits- und Sozialwesen, der Handel sowie der Baubereich“, kommentiert Eva-Maria Kelch und schlussfolgert weiter „in diesen Bereichen sind auch die meisten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten gemeldet.“
Im Austausch war Kelch mit Erndl auch über die Situation in der Bauindustrie, die aufgrund der Inflation und des rapide gestiegenen Zinsniveaus deutlich weniger Aufträge verzeichnen. Dennoch ist der Arbeitskräftebedarf auch in dieser Branche stabil, viele Arbeitslose haben zudem eine Zusage auf Wiedereinstellung im Frühjahr.
Der Ausbildungsmarkt entwickelte sich seit einigen Jahren bereits zu einem deutlichen „Bewerbermarkt“. Es gibt im Agenturbezirk mehr als doppelt so viele gemeldete Ausbildungsstellen wie gemeldete Bewerber/innen. Insofern bemühen sich Arbeitgeber auf Messen aktiv darum, Kontakte zu Schulabgängern zu knüpfen und für ihre Berufe zu werben. Besonders wichtig ist es daher für Kelch, dass der Übergang von der Schule in die Ausbildung gelingt. Die Berufsberatung ist an allen Schulen tätig und führt mehrmals pro Woche Beratungen direkt an den Schulen durch. Schulabgänger/innen dürfen nicht durch das Raster fallen, denn der Arbeitsmarkt ist aufnahmefähig und aufnahmewillig.
Kelch thematisierte dazu auch die demografische Wende, welche auf uns in den nächsten Jahren mit Abgang der Generation der sogenannten „Babyboomer“ zukommt. Das Problem des Arbeitskräftemangels wird sich weiter verschärfen, da auch durch eine berufliche Ausbildung nicht genug zukünftige Fachkräfte zur Verfügung stehen. Bislang spiegelt sich die Demografie nur bedingt in den Daten wider: von 2018 bis 2023 ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Agenturbezirk Passau von etwa 126.000 stetig auf über 132.000 gestiegen. Grund hierfür ist laut Kelch vor allem die Zuwanderung. Bei einer durchschnittlichen Arbeitslosigkeit von drei Prozent im Jahr 2023 handelt es sich in erster Linie um Fluktuationsarbeitslosigkeit. „Eine wesentliche Rolle bei den zunehmenden Personaleinstellungen hat der Zuzug von Arbeitskräften aus Ungarn, Polen, Bulgarien und Rumänien gespielt. Die Folgen der EU-Osterweiterung sind also in erhöhten Beschäftigungszahlen erkennbar“, so Kelch.
Interessiert war Erndl auch an der Entwicklung der Voll- und Teilzeitbeschäftigung. Im Agenturbezirk sind aktuell 46,6 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten weiblich, 53,4 Prozent der Beschäftigten männlich. Rund 70 Prozent der Arbeitnehmer/innen arbeiten in Vollzeit, 30 Prozent der Beschäftigten arbeiten in Teilzeit. Der Trend geht in Richtung Teilzeitarbeit, weiß Kelch: „Darunter sind alle Arbeitszeitmodelle zu finden, die unterhalb der klassischen Vollzeitarbeit liegen. Meist sind es individuelle Regelungen mit dem Arbeitgeber, wie zum Beispiel eine Vier-Tage-Woche oder eine 35-Stundenwoche. Auch in der Arbeitsagentur Passau, die sich durch eine familienorientierte Geschäftspolitik auszeichnet, finden sich mittlerweile die verschiedensten Arbeitszeitmodelle. Wenn Arbeitnehmer/innen ein besseres Gleichgewicht zwischen Arbeits- und Privatleben finden, trägt dies zur Mitarbeiterzufriedenheit bei und erhöht letztlich die Produktivität.“