Die Zahl der Arbeitslosen steigt von Mai auf Juni um 21.048 oder 10,0 Prozent auf 230.606. Maßgeblich für diesen Anstieg ist der Zugang von ukrainischen Geflüchteten. Die Arbeitslosenquote liegt in Bayern im Juni 2022 bei 3,1 Prozent und damit nur noch um 0,3 Prozentpunkte unter dem Vorjahreswert (Mai 2022: -0,8 Prozentpunkte). Zum Stichtag am 13.Juni 2022 sind in Bayern 25.201 Arbeitslose mit ukrainischer Staatsangehörigkeit registriert. Dies entspricht einem Anteil von 10,9 Prozent an allen Arbeitslosen.
Diese Zahl bildet allerdings nicht den tatsächlichen Aufwuchs ab, da viele der ukrainischen Geflüchteten z.B. alleinerziehende Mütter mit Kleinkind, den Status Arbeitslos nicht haben (sogenannte Fälle nach § 10 SGB II). Ohne die ukrainischen Arbeitslosen wäre die Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vormonat um 1.808 oder 0,9 Prozent gesunken; allerdings fällt dieser Rückgang deutlich geringer aus als in den vergangenen Monaten. Im Vorjahresvergleich geht die Zahl der Arbeitslosen um 26.194 oder 10,2 Prozent zurück.
Besonders deutlich zeigt sich der Anstieg im Vormonatsvergleich der Arbeitslosenquote der Ausländer (7,9 Prozent, +2,1 Prozentpunkte) und der Arbeitslosenquote der Jugendlichen unter 20 Jahre (2,2 Prozent, +0,8 Prozentpunkte). „Der Anstieg der Arbeitslosigkeit im Juni ist demnach nicht saisonüblich, dennoch erwartungsgemäß", erklärte Ralf Holtzwart, Chef der Regionaldirektion Bayern.
Arbeitslosenzahl im Juni: +21.048 auf 230.606 (+10,0 Prozent)
Arbeitslosenzahl im Vorjahresvergleich: -26.194 (-10,2 Prozent)
Arbeitslosenquote gegenüber Vormonat: +0,3 Prozentpunkte auf 3,1 Prozent
Arbeitslosenquote im Vorjahr: 3,4 Prozent
„Geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainern wird mit Erteilen der Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt gewährt. Seit dem 1. Juni 2022 können diese Personen Leistungen aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) erhalten.
Einige Jobcenter haben bereits im Mai mit der Betreuung von geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainern begonnen, so dass erste Auswirkungen auf die Kennzahlen bereits zu diesem Zeitpunkt am Arbeitsmarkt zu beobachten waren. In den statistischen Daten mit Stand 13. Juni 2022 (Statistischer Stichtag) zeigen sich im Juni sehr deutliche Effekte der Flucht von Ukrainerinnen und Ukrainern auf Arbeitsuche und Arbeitslosigkeit“ erklärt Holtzwart.
In 86 der 96 bayerischen Stadt-/Landkreise steigt die Arbeitslosenzahl von Mai auf Juni ebenfalls an. In 50 Kreisen wird dieser Anstieg allein durch Personen ukrainischer Staatsangehörigkeit ausgelöst; in 32 dieser Kreise ist dieses Plus zu mehr als der Hälfte auf Personen ukrainischer Nationalität zurückzuführen.
„Unabhängig davon, wie lange die Geflüchteten aus der Ukraine bei uns bleiben wollen oder müssen, bemühen wir uns ab dem ersten Tag um eine Situations- und Kompetenz-adäquate Beschäftigung.
Grundsätzlich bringen die erwachsenen Geflüchteten aus der Ukraine gute Voraussetzungen für die Arbeitsmarktintegration mit: So ist der Anteil der Hochschulabschlüsse in der Ukraine höher als in Deutschland. Das liegt aber auch daran, dass viele Qualifikationen, die bei uns im dualen Ausbildungssystem erworben werden, dort an Hochschulen erlernt werden. Im Vergleich zu vielen anderen Migrantengruppen können wir bei den Ukrainerinnen von einem hohen Bildungsniveau sprechen. Es üben zwar 30 Prozent der ukrainischen Arbeitskräfte in Deutschland komplexe Experten- und Spezialisten-Tätigkeiten aus, aber auch 30 Prozent Helfer- und Anlerntätigkeiten. Dennoch sind die mittel- und langfristigen Integrationsperspektiven vergleichsweise günstig - wenn die Menschen aus der Ukraine hier bleiben wollen oder müssen.
Fast vier Fünftel der Arbeitsuchenden und Arbeitslosen mit ukrainischer Staatsangehörigkeit sind Frauen, davon sind sieben von zehn im Alter zwischen 25 und unter 55 Jahre.
Ukrainische Frauen im erwerbsfähigen Alter, könnten also teilweise helfen, die hiesigen Engpässe in akademischen, technischen und medizinischen Berufen zu verringern, so das IAB in einem aktuellen Forumsbeitrag (https://www.iab-forum.de/viele-gefluechtete-ukrainerinnen-koennten-mittelfristig-in-engpassberufen-unterkommen/).
In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass insbesondere auch die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse und die Sprachkenntnisse wichtige Barrieren darstellen, um am deutschen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Hier müssen alle Beteiligten gute und möglichst zeitnahe Lösungen finden.
Bei Interesse an Beratung und Vermittlung bzgl. Beschäftigung und zum Arbeitsmarktzu-gang, unterstützen Jobcenter und auch die Agenturen für Arbeit schnellstmöglich mit ihrem Dienstleistungs- und Förderangebot. Der Beratung in Richtung einer qualifikationsgerechten Beschäftigung wird hierbei eine besondere Bedeutung zukommen. Kinderbetreuung (Kindertageseinrichtungen und Schule), Sprachkurse und die Anerkennung beruflicher Abschlüsse sind wichtige Rahmenbedingungen.
„Unternehmen die Arbeitskräfte suchen und gerne auch ukrainische Flüchtlinge einstellen möchten, steht die Stellenbörse der Bundesagentur zur einfachen und kostenfreien Nutzung zur Verfügung. Gerne beraten wir hierzu auch direkt vor Ort und unterstützen auch dann, wenn die Stelle nicht zu hundert Prozent passt u.a. mit Leistungen aus dem Qualifi-zierungschancengesetztes oder berufsbezogenen Sprachkursen“, so Holtzwart.
Unterbeschäftigung
„Die Zahl der Unterbeschäftigung umfasste im Juni 302.947 Personen -8,3 Prozent weniger als im Vorjahr. Damit entwickelt sich die Unterbeschäftigung ähnlich zur Arbeitslosigkeit. Ich empfehle, die Zeit der Arbeitslosigkeit für die berufliche Weiterbildung zu nutzen. Über alle Branchen hinweg können wir passende Qualifizierungen anbieten. Das ist eine Investition in die eigene Zukunft mit langfristig deutlich besseren Chancen auf dem Arbeitsmarkt", sagte Holtzwart weiter.
Junge Menschen können noch unter vielen freien Lehrstellen auswählen
Von Oktober 2021 bis Juni 2022 wurden den bayerischen Arbeitsagenturen und Job-centern (gE) insgesamt 94.088 Berufsausbildungsstellen gemeldet. Das sind 4,1 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.
Die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber, die in diesem Zeitraum die Ausbildungsvermittlung der bayerischen Agenturen und Jobcenter in gemeinsamer Einrichtung bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz eingeschaltet haben, lag bei 56.243 und damit etwas geringer als im Vorjahr.
Bisher blieben in Bayern noch 48.618 Ausbildungsstellen unbesetzt. Gleichzeitig haben 19.764 junge Menschen noch keine Ausbildung oder eine Alternative gefunden. Damit kommen aktuell auf einen jungen Menschen ohne Ausbildungsvertrag mehr als zwei freie Berufsausbildungsstellen.
"Der Rückgang der Zahl der Jugendlichen, die sich für eine Ausbildung gemeldet haben, bereitet uns ein wenig Sorgen. Wichtig ist es, dass wir gerade diejenigen erreichen, die nicht wissen, was sie nach der Schule machen möchten; sie dürfen uns nicht verlorengehen. Junge Menschen in Bayern haben sehr gute Chancen auf einen Aus-bildungsplatz. Jugendliche die noch nicht wissen, wie es nach dem Sommer weiter-geht, können wir nur ermutigen: Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, Kontakt zur Berufsberatung der Arbeitsagentur aufzunehmen. Wir beraten individuell und neutral und haben darüber hinaus zahlreiche Online-Angebote, die bei der Berufswahl unterstützen. Mit dem kostenlosen Online-Test Check-U kann man beispielsweise herausfinden, welches Studium oder welche Ausbildung zu den eigenen Stärken passt", betonte Holtzwart.
Arbeitskräftenachfrage weiterhin hoch
Die Nachfrage nach Arbeitskräften ist weiterhin hoch, auch wenn die Stellenmeldungen im Juni leicht rückläufig waren. So wurden den Arbeitsagenturen und Jobcentern (gE) 29.531 neue Stellen gemeldet und damit 523 bzw. 1,7 Prozent weniger als im Mai, aber 913 bzw. 3,2 Prozent mehr als vor einem Jahr.
„Die Betriebe in Bayern haben auch im Juni wieder viele Stellen gemeldet, auch wenn der Zugang im Vergleich zum Vormonat Mai leicht rückläufig war, ist der hohe Bedarf an Arbeitskräften ersichtlich. Im ersten Halbjahr 2022 wurden den Agenturen für Arbeit und Jobcentern in gemeinsamer Einrichtung im Freistaat insgesamt 179.426 neue Stellen gemeldet. Das sind 18,4 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Der Bestand an gemeldeten Stellen liegt bei 160.698", erklärte Holtzwart.
Beschäftigung in Bayern wieder gestiegen
Die aktuellsten hochgerechneten Zahlen zur Beschäftigung liegen für den April 2022 vor. Zu diesem Stichtag waren in Bayern 5.842.600 Personen sozialversicherungspflichtig beschäftigt; das sind 112.900 bzw. 2,0 Prozent mehr als vor einem Jahr.
„Der stärkste Beschäftigungszuwachs im Vergleich zum Vorjahresmonat ist im Wirtschaftszweig Gastgewerbe (+17.000 bzw. +10,1), der Arbeitnehmerüberlassung (+7.100 bzw. 7,1 Prozent), im Bereich Information und Kommunikation (+15.200 bzw. +6,2 Prozent sowie im Bereich Erziehung und Unterricht (+6.400 bzw. +3,1 Prozent) und Immobilien, freiberufliche, wissenschaftliche und technische Dienstleistungen (+14.400 bzw. +3,0 Prozent) zu sehen.
Die Beschäftigung steigt im Freistaat weiterhin an, wenn auch weniger dynamisch. Gleichzeitig sinkt die Zahl der Kurzarbeitenden kontinuierlich. Im März (aktuellste hoch-gerechnete Daten) waren in Bayern 17.266 Betriebe und 152.000 Personen in Kurzarbeit. Im Mai gingen noch Anzeigen von 611 Betrieben ein, das sind nur noch halb so viele im April (1.193).
Auch wenn die Zahl der Beschäftigten aktuell höher als im Vormonat und im Vorjahr (+9.900 bzw. +112.900) ist, zeichnet sich im Vergleich zu den Wachstumsraten der Vormonate, dass sich das Beschäftigungswachstum ein wenig abschwächt.
Dennoch entwickelt sich die bayerische Wirtschaft weiterhin gut“, so Holtzwart abschließend.