Die Zahl der Arbeitslosen steigt von Juni auf Juli um 8.233 oder 3,6 Prozent auf 238.839. Dieser Anstieg basiert allerdings nur zur Hälfte auf dem Zugang von ukrainischen Geflüchteten. Die Arbeitslosenquote liegt in Bayern im Juli 2022 bei 3,2 Prozent und damit nur noch um 0,1 Prozentpunkte unter dem Vorjahreswert. Im Vergleich zum Vormonat ist die Arbeitslosenquote um 0,1 Prozentpunkte gestiegen.
Diese Zahl bildet allerdings noch immer nicht den tatsächlichen Aufwuchs ab, da viele der ukrainischen Geflüchteten z.B. alleinerziehende Mütter mit Kleinkind nicht als arbeitslos gezählt werden (sogenannte Fälle nach § 10 SGB II – Erziehende mit Kindern). Ohne die ukrainischen Arbeitslosen wäre die Arbeitslosigkeit – wie saisonal üblich – von Juni auf Juli um 4.116 bzw. 2,0 Prozent gestiegen.
Im Vorjahresvergleich geht die Zahl der Arbeitslosen um 10.981 oder 4,4 Prozent zurück. Auch dieser Wert ist, wie nahezu alle aktuellen Arbeitsmarktzahlen, durch die Registrierung von Ukrainerinnen und Ukrainern beeinflusst. Besonders deutlich zeigt sich dies im Vorjahresvergleich bei der Arbeitslosenquote der Ausländer (8,3 Prozent, +1,3 Prozentpunkte) und der Arbeitslosenquote der Jugendlichen unter 20 Jahre die im Juli bei 2,6 Prozent liegt. Der Anstieg bei den Jugendlichen ist darauf zurückzuführen, dass nicht alle jungen Menschen nach der Ausbildung übernommen wurden sowie sich Jugendliche bis zum Beginn ihrer Ausbildung temporär arbeitslos melden.
„Der Anstieg der Arbeitslosigkeit im Juli ist demnach saisonüblich und beeinflusst durch die Registrierung der ukrainischen Geflüchteten. Eine Entwicklung, mit der wir gerechnet haben", erklärte Ralf Holtzwart, Chef der Regionaldirektion Bayern.
Arbeitslosenzahl im Juni: +8.233 auf 238.839 (+3,6 Prozent)
Arbeitslosenzahl im Vorjahresvergleich: -10.981 (-4,4 Prozent)
Arbeitslosenquote gegenüber Vormonat: +0,1 Prozentpunkte auf 3,2 Prozent
Arbeitslosenquote im Vorjahr: 3,3 Prozent
„Die aktuellsten statistischen Daten zu den Effekten der Flucht von Ukrainerinnen und Ukrainern auf Arbeitsuche und Arbeitslosigkeit stammen vom 12. Juli 2022. Daten zu arbeitsuchenden und arbeitslosen Ukrainerinnen und Ukrainern stehen monatsaktuell zur Verfügung. Weiterhin können allerdings einige Merkmale der Arbeitslosen, u. a. zur Schulbildung, Berufsabschlüssen und Zielberufen, zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht berichtet werden.
In 19 der 96 bayerischen Stadt-/Landkreise sinkt die Arbeitslosenzahl von Juni auf Juli. In 14 Kreisen wird dieser Anstieg allein durch Personen ukrainischer Staatsangehörigkeit ausgelöst; in 5 dieser Kreise ist dieses Minus zur Hälfte auf Personen ukrainischer Nationalität zurückzuführen. In 20 Stadt-/Landkreisen hat der Rückgang bei den Ukrainerinnen und Ukrainern nicht für einen Rückgang insgesamt ausgereicht“, erklärt Holtzwart.
„Geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainern wird mit Erteilen der Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt gewährt. Bis diese erteilt wird, reicht die Fiktionsbescheinigung für die Aufnahme einer Beschäftigung aus.
Bereits seit dem 1. Juni 2022 haben Geflüchtete aus der Ukraine Anspruch auf Grundsicherungsleistungen und sind somit bei den Jobcentern in der Betreuung.
Die erwachsenen Geflüchteten aus der Ukraine bringen grundsätzlich gute Voraussetzungen für die Arbeitsmarktintegration mit: Ein großer Anteil besitzt sogar einen Hochschulabschluss. Das liegt aber auch daran, dass viele Qualifikationen, die bei uns im dualen Ausbildungssystem erworben werden, dort an Hochschulen erlernt werden. Im Vergleich zu vielen anderen Migrantengruppen können wir bei den Ukrainerinnen von einem hohen Bildungsniveau sprechen. Es üben zwar 30 Prozent der ukrainischen Arbeitskräfte in Deutschland komplexe Experten- und Spezialisten-Tätigkeiten aus, aber auch 30 Prozent Helfer- und Anlerntätigkeiten. Dennoch sind die mittel- und langfristigen Integrationsperspektiven vergleichsweise günstig – wenn die Menschen aus der Ukraine in Bayern bleiben.
Bei Interesse an Beratung und Vermittlung bzgl. Beschäftigung und zum Arbeitsmarktzugang, unterstützen Jobcenter aber auch die Agenturen für Arbeit schnellstmöglich mit ihrem Dienstleistungs- und Förderangebot. Der Beratung in Richtung einer qualifikationsgerechten Beschäftigung wird hierbei eine besondere Bedeutung zukommen. Kinderbetreuung (Kindertageseinrichtungen und Schule), Sprachkurse und die Anerkennung beruflicher Abschlüsse sind dabei wichtige Rahmenbedingungen.
„Viele Unternehmen sind derzeit auf der Suche nach Arbeitskräften. Die meisten ukrainischen Geflüchteten stehen dem Arbeitsmarkt aktuell noch nicht zur Verfügung, da für sie das Erlernen der deutschen Sprache an erster Stelle steht. Zu einem späteren Zeitpunkt werden diejenigen, die nicht in ihre Heimat zurückkehren, aber sicherlich ins Berufsleben einmünden. Für die Ukrainerinnen und Ukrainer, die bereits auf Jobsuche sind, steht die Stellenbörse der Bundesagentur zur einfachen und kostenfreien Nutzung zur Verfügung. Hierzu beraten wir auch gerne direkt vor Ort in den Arbeitsagenturen und unterstützen, wenn die Stelle nicht zu hundert Prozent passt u.a. mit Leistungen aus dem Qualifizierungschancengesetz oder berufsbezogenen Sprachkursen“, so Holtzwart.
Unterbeschäftigung
„Die Zahl der Unterbeschäftigung umfasste im Juli 313.389 Personen und somit 3,0 Prozent weniger als im Vorjahr. Damit entwickelt sich die Unterbeschäftigung ähnlich zur Arbeitslosigkeit. Allen Arbeitslosen empfehle ich, die Zeit der Arbeitslosigkeit für ihre berufliche Weiterbildung aktiv zu nutzen. Wir bieten passende Qualifizierungen für alle Branchen an. Weiterbildung ist im Hinblick auf die Transformation eine Investition in die eigene Zukunft. So können die eigenen Chancen auf dem Arbeitsmarkt langfristig deutlich verbessert und die Kenntnisse auf den aktuellen Stand gebracht werden", sagte Holtzwart weiter.
Junge Menschen können noch unter vielen freien Lehrstellen auswählen
Von Oktober 2021 bis Juli 2022 wurden den bayerischen Arbeitsagenturen und Jobcentern (gE) insgesamt 96.092 Berufsausbildungsstellen gemeldet. Das sind 3,1 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.
Die Zahl der gemeldeten Bewerberinnen und Bewerber, die zur Vermittlung einer Ausbildungsstelle, die bayerischen Arbeitsagenturen und die gemeinsamen Einrichtungen bei der Suche eingeschaltet haben, lag bei 57.938 und damit unter dem Wert des Vorjahreszeitraums (-1,3 Prozent).
Unbesetzt blieben in Bayern bisher noch 45.368 Ausbildungsstellen. Gleichzeitig haben 15.856 junge Menschen noch keine Ausbildung oder eine Alternative gefunden.
"Wie auch im Vormonat ist festzustellen, dass sich weniger Jugendliche gemeldet haben, die eine Berufsausbildung anstreben und sich hierzu gerne beraten lassen möchten. Wir engagieren uns dafür, dass kein Jugendlicher verloren geht. Genau deshalb möchten wir diejenigen erreichen, die noch keine Vorstellung davon haben, was sie nach der Schule machen möchten. Junge Menschen in Bayern haben weiterhin sehr gute Chancen auf einen Ausbildungsplatz. So kommen rein rechnerisch auf einen Jugendlichen knapp zwei Ausbildungsstellen. Wir können also alle ermutigen: Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, Kontakt zur Berufsberatung der Arbeitsagentur aufzunehmen. Wir beraten individuell und neutral und haben darüber hinaus zahlreiche Online-Angebote, die bei der Berufswahl unterstützen. Mit dem kostenlosen Online-Test Check-U kann man beispielsweise herausfinden, welches Studium oder welche Ausbildung zu den eigenen Stärken passt", betonte Holtzwart.
Arbeitskräftenachfrage auf hohem Niveau – trübt sich dennoch etwas ein
Den Arbeitsagenturen und Jobcentern (gE) wurden im Juli 26.569 neue Stellen gemeldet und damit 2.962 bzw. 10,0 Prozent weniger als im Juni, und 7.724 bzw. 22,5 Prozent weniger als vor einem Jahr.
„Zum aktuellen Zeitpunkt sehen wir hier keinen Grund zur Sorge, der Stellenzugang geht saisonüblich zurück. Wir werden diese Entwicklung in den nächsten Monaten weiter beobachten. Weiter sollten wir hier berücksichtigen, dass wir im Freistaat bereits auf einem sehr hohen Niveau an gemeldeten Stellen liegen: In den ersten sieben Monaten 2022 wurden den Arbeitsagenturen und Jobcentern in den gemeinsamen Einrichtungen 205.995 neue Stellen gemeldet. Das sind 10,8 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Das spricht für einen hohen Bedarf an Arbeitskräften. Der aktuelle Bestand an gemeldeten Stellen liegt bei 162.194", erklärte Holtzwart.
Die Werte des Beschäftigungsbarometers, des Münchner Ifo-Institutes sind leicht zurückgegangen. Im Automobilbau und der Elektroindustrie bestehe aber nach wie vor ein hoher Bedarf, Fachkräfte einzustellen. Deutlich gesunken, ist der Wert allerdings im Dienstleistungssektor. Die befragten Unternehmen zeigen sich nach wie vor zufrieden mit ihrer aktuellen Geschäftslage. Mit Blick auf das kommende halbe Jahr, ist die Stimmung allerdings etwas getrübt und die Sorgen nehmen wieder erheblich zu. Grund dafür ist die starke Teuerungsdynamik und die Angst vor einer Einschränkung der Erdgasversorgung (Quelle: Ifo Bericht, Juli 2022).
Beschäftigung in Bayern wieder gestiegen
Die aktuellsten hochgerechneten Zahlen zur Beschäftigung liegen für den Mai 2022 vor. Zu diesem Stichtag waren in Bayern 5.857.000 Personen sozialversicherungspflichtig beschäftigt; das sind 118.500 bzw. 2,1 Prozent mehr als vor einem Jahr.
„Das Beschäftigungswachstum umfasst im Vergleich zum Vorjahr – in unterschiedlichem Umfang – alle Branchen mit Ausnahme des Finanzsektors und der privaten Haushalte. Im Vergleich zum Vorpandemiemonat Februar 2020 sind in Bayern insgesamt rund 143.000 neue sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse entstanden. In einzelnen Branchen ist die Zahl der Beschäftigten allerdings deutlich gesunken.
Im Verarbeitenden Gewerbe reduzierten sich die Beschäftigte gegenüber Februar 2020 um rund 31.000; genauso im Gastgewerbe – hier sank die Zahl der Beschäftigten um rund 5.000. Maßgeblich getragen wird das Beschäftigungswachstum vom Dienstleistungssektor. Allen voran von den Bereichen Immobilien, freiberufliche, wissenschaftliche und technische Dienstleistungen mit einem Plus von rund 34.000 sowie Information und Kommunikation mit einem Plus von rund 27.000. Auch der Bausektor zeigt einen Anstieg von ca. 29.000 Beschäftigten (im Vergleich zum Vorkrisenmonat Februar 2020).