Arbeitslosenquote ist erstmalig wieder auf Vorkrisenniveau

Beschäftigung und die Arbeitskräftenachfrage deutlich über Vorkrisenniveau

01.02.2022 | Presseinfo Nr. 3

„Saisonüblich steigt die Zahl der Arbeitslosen im Freistaat zum Jahresbeginn um 30.671 bzw. 13,8 Prozentpunkte. Im Januar waren demnach 253.528 Menschen arbeitslos gemeldet. Im Vorjahresvergleich weist der Bestand an Arbeitslosen weiterhin ein deutliches Minus von 62.263 bzw. 20,0 Prozentpunkte aus.

Die richtig gute Nachricht ist aber, dass die Arbeitslosenquote mit 3,3 Prozent erstmalig wieder auf Vorkrisenniveau liegt (Arbeitslosenquote Januar 2019: 3,3 Prozent).
Im Vergleich zum Vormonat gab es bei der Arbeitslosenquote zwar einen saisonüblichen Anstieg um 0,4 Prozent – im Vergleich zum Vorjahresmonat ist sie aber um 0,9 Prozentpunkte gesunken. Der saisonübliche Anstieg der Arbeitslosigkeit ist zu Beginn des Jahres, sogar leicht weniger stark als in den Vorjahren und fällt bei Männern (+24.322 bzw. 19,7 Prozent), die eher in witterungsbedingten Berufen arbeiten, deutlicher aus als bei Frauen (+6.349 bzw. 6,4 Prozent)“, erklärte Ralf Holtzwart, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Bayern.

  

Arbeitslosenzahl im Januar:                             +30.671 auf 253.528 (+13,8 Prozent)

Arbeitslosenzahl im Vorjahresvergleich:         -63.263 (-20,0 Prozent)

Arbeitslosenquote gegenüber Vormonat:       3,3 Prozent (+0,4 Prozentpunkte)

Arbeitslosenquote im Vorjahr:                          4,2 Prozent (-0,9 Prozentpunkte)

  

„Die Bewegungskennzahlen zeigen im aktuellen Monat eine geringere Dynamik am Arbeitsmarkt, wie bereits in den Vormonaten: So liegen sowohl die Zu- als auch die Abgangszahlen von Arbeitslosen, nicht nur unter dem Vorjahreswert, sondern sind für einen Januar auch auf einem historisch niedrigen Niveau. Gründe dafür sind möglicherweise, dass viele Unternehmen im zweiten Krisenjahr im Hinblick auf den Fachkräftebedarf an ihren Mitarbeiter:innen festgehalten haben, auch durch den Einsatz von Kurzarbeitergeld gesichert und dass Betriebe vorsichtiger bei Neueinstellungen sind.

Bei den Langzeitarbeitslosen verzeichnen wir im Rechtskreis SGB III einen Rückgang. Während die Zahlen im SGB III im Vorjahresvergleich um 23,9 Prozent auf 16.862 zurückgehen, steigen sie im SGB II um 12,5 Prozent auf 51.923 deutlich an“ sagte Holtzwart.

"Die coronabedingten Auswirkungen spiegeln sich also in der Entwicklung der Arbeitslosigkeit vorerst nicht wider, wohl aber in den steigenden Anzeigen auf Kurzarbeit, die viele Unternehmen vorsorglich gestellt haben. Die Kurzarbeit bleibt für einen Teil der Unternehmen ein rettender Anker. Im Dezember wurden 6.010 Anzeigen für 64.704 Beschäftigte eingereicht. Im Vergleich zum Vormonat sind das 3.708 Anzeigen und 33.011 mehr Personen in Anzeigen. Im Dezember 2020 waren die Zahlen mit 13.645 Anzeigen für 123.628 Beschäftigten noch doppelt so hoch. Der Großteil der eingegangenen Anzeigen ist auf das Gastgewerbe, den Einzelhandel sowie Tätigkeiten in der Verwaltung und Führung eines Unternehmens zurückzuführen. Das Niveau vom Frühjahr 2020 wird aber nicht wieder erreicht, da zum jetzigen Zeitpunkt weitaus weniger Wirtschaftsbereiche betroffen sind. Im April 2020 wurde in Bayern für 1,5 Millionen Beschäftigte Kurzarbeit angezeigt," so Holtzwart.

  

Unterbeschäftigung rückläufig

„Die Unterbeschäftigung ist gegenüber dem Vorjahr um 67.440 bzw. 17,3 Prozent zurück gegangen und liegt bei 321.665. Im Vergleich zum Januar 2020, also vor Ausbruch der Pandemie, ergibt sich ebenfalls ein Minus von 9.214 oder 2,8 Prozent. Das absolute Minus zum Vorjahr fällt bei der Unterbeschäftigung stärker aus als bei der Arbeitslosigkeit – bei gleichbleibender Entlastung wäre die Arbeitslosigkeit deutlicher zurückgegangen.

Begründet ist das u.a. darin, dass die Zahl der Maßnahmeteilnehmer:innen der aktiven Arbeitsmarktpolitik um rund 8.000 niedriger liegt als vor einem Jahr. Vor allem bei Maßnahmen der Aktivierung und beruflichen Eingliederung und Beschäftigung schaffende Maßnahmen, fallen die Teilnehmer:innenzahlen deutlich geringer aus als im Januar 2021. Hier müssen wir es schaffen, die Menschen trotz der pandemiebedingten Besonderheiten, stärker für eine Teilnahme an den Maßnahmen zu motivieren und ihnen dabei mit Unterstützungsangeboten zur Seite zu stehen.

In Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung sind die Teilnehmer:innenzahlen hingegen leicht gestiegen“ sagt Holtzwart.

  

Arbeitskräftenachfrage zum Jahresbeginn deutlich über Vorkrisenniveau

„Die Nachfrage nach neuen Arbeitskräften ist auch im Januar des aktuellen Jahres hoch. So sind 22.421 neue Stellenmeldungen bei den Arbeitsagenturen und Jobcentern in gemeinsamer Einrichtung eingegangen und damit weit mehr als vor einem Jahr (+36,6 Prozent). Der Bestand an gemeldeten Stellen liegt mit 139.098 nicht nur deutlich über dem Vorjahreswert, sondern auch deutlich über Vorkrisenniveau.

Die Nachfrage nach neuen Arbeitskräften innerhalb der Branchen fällt allerdings sehr unterschiedlich aus. Mit einem Plus von 809,1 Prozent gab es prozentual gesehen, die größten Stellenzuwächse (Vorjahresvergleich) im Wirtschaftszweig Land-, Forstwirtschaft und Fischerei – hier gilt es allerdings zu berücksichtigen, dass es sich bei den absoluten Zahlen, um eher geringere Größen handelt. Gefolgt vom Wirtschaftszweig Bergbau, Energie- u. Wasserversorgung sowie der Entsorgungswirtschaft mit einem Plus von 103,8 Prozent. Auch im Gastgewerbe können wir im Vorjahresvergleich ein Plus von 92,5 Prozent an gemeldeten Stellen verzeichnen.

Im Verarbeitenden Gewerbe, im Bereich Metall- und Elektroindustrie sowie Stahlindustrie wird ebenso mehr Personal benötigt – hier sind im Vorjahresvergleich 80,5 Prozent mehr Stellen gemeldet worden. Im bisher stark wachsenden Wirtschaftszweig Information und Kommunikation wurden im Januar 44,7 Prozent mehr Stellen gemeldet als noch im Vorjahr. Die Pandemieentwicklung erschwert es den Unternehmen längerfristig zu planen, dennoch ist die Nachfrage nach neuen Arbeitskräften insgesamt weiterhin auf einem sehr guten Niveau“, erklärte Holtzwart.

   

Wachstumsbranchen, Kurzarbeit und Fachkräftesicherung lassen Beschäftigung in Bayern deutlich über Vorkrisenniveau steigen

„Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Bayern liegt nach den aktuellen hochgerechneten Werten im November 2021 bei 5,85 Millionen. Im Vergleich zum Vorjahr ist dies ein Plus von 87.500 bzw. 1,5 Prozent. Das ist ein sehr gutes Zeichen: Seit April 2021 hat die Beschäftigungsentwicklung immer mehr an Fahrt aufgenommen; das Plus zum Vorjahresmonat hat sich kontinuierlich vergrößert.

Zwischen den Branchen zeigen sich allerdings deutliche Unterschiede: So ist die Zahl der Beschäftigten in der Arbeitnehmerüberlassung binnen eines Jahres um über ein Zehntel (+10.900 bzw. +10,9 Prozent) angestiegen. Allerdings liegt diese Zahl, trotz des deutlichen Anstiegs im vergangenen Jahr (November 2021: 110.900) noch leicht unter dem Niveau vom November 2019 (November 2019: 112.000 Beschäftigte).

Ein deutliches Beschäftigungsplus zeigt sich im Vergleich zum Vorjahr bei den Immobilien, freiberufliche, wissenschaftliche, technische Dienstleistungen (+16.700 bzw. +3,6 Prozent), Information und Kommunikation (+11.700 bzw. +4,8 Prozent) sowie im Handel (+10.700 bzw. +1,4 Prozent).

Im Gastgewerbe ist die Zahl der Beschäftigten zum November 2020 um 2.800 bzw. +1,6 Prozent gestiegen.

Die Beschäftigungsentwicklung im Verarbeitenden Gewerbe, vor allem im Bereich Metall, Elektro und Stahl zeigt im Vorjahresvergleich ein Minus von 7.500 bzw. -0,8 Prozent und gegenüber November 2019 noch ein sattes Minus von 50.306 – hier können wir allerdings auch an der steigenden Anzahl an Stellenzugängen sehen, dass die Unternehmen Arbeitskräfte suchen.

Im Gesundheitswesen ist der Fachkräftebedarf sehr deutlich sichtbar: Auch während der Pandemie wurde Beschäftigung aufgebaut. Hier können wir im Vergleich zum Vorjahr von einem Plus von 9.600 bzw. 2,2 Prozent und einem Plus von 17.791 gegenüber November 2019 berichten.

Manche Branchen sind nach wie vor noch durch die aktuell geltenden Corona Vorgaben eingeschränkt oder haben mit Lieferengpässen zu kämpfen - hier zeigen die Entwicklungen, wie stabil und aufnahmefähig der Arbeitsmarkt im Freistaat ist.

Die Hauptrolle bei den großen und mittlerweile greifbaren Herausforderungen spielt sicherlich der hohe Bedarf an Fachkräften. Dieses Thema wird uns in diesem Jahr insbesondere im Freistaat sehr stark beschäftigen. Wir sind zur Sicherung des Fachkräftebedarfs vertieft mit unseren Arbeitsagenturen, den Jobcentern aber auch mit unseren Partner:innen am Arbeitsmarkt, wie den bayerischen Staatsministerien, Verbänden, Kammern, Projekt- und Paktpartner:innen sowie Gewerkschaften im Gespräch, um gute Lösungen zusammen auf den Weg zu bringen. Unsere Dienstleistungs-, Weiterbildungs- sowie Qualifizierungsangebote möchten wir für die Praxis optimal einsetzen. Wir möchten Unternehmen, insbesondere die Klein- und Mittelständischen Unternehmen, gerade bei dieser Herausforderung gut und praxisnah unterstützen“, erläuterte Holtzwart.

  

Aktuelle Situation im Bereich der Pflege

„Seit dem Inkrafttreten des Infektionsschutzgesetzes im Dezember 2021 mit der einrichtungsbezogenen Impfpflicht ab dem 15. März 2022, ist ein Anstieg der Arbeitsuchendmeldungen im Gesundheits- und Sozialwesen festzustellen. So haben sich in den Monaten Dezember 2021 und Januar 2022 (2-Monatssumme) insgesamt 10.656 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte bei den bayerischen Arbeitsagenturen arbeitsuchend gemeldet. Vergleicht man dies mit den Meldungen von Dezember 2019 bis Januar 2020, also vor der Pandemie, haben sich die Zahlen fast verdoppelt.

Betrachtet man speziell die oben inbegriffenen Pflegeberufe (Gesundheits- und Krankenpflege und Altenpflege) haben sich im gleichen Zeitraum 3.753 Beschäftigte arbeitsuchend gemeldet. Das entspricht einem Anstieg um 174,3 Prozent bzw. 2.385 Personen, im Vergleich zu Dezember 2019 bis Januar 2020.

Zum Vergleich: In Bayern waren zum Stichtag 30.06.2021 insgesamt 782.348 Menschen in Gesundheits- und Sozialwesen und darunter 240.784 Menschen speziell in den Pflegeberufen (Gesundheits- und Krankenpflege sowie Altenpflege) sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Im Dezember 2021 und im Januar 2022 haben sich also knapp 1,4 Prozent der Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialwesen und 1,6 Prozent in den Pflegeberufen arbeitsuchend gemeldet.

Ob diese Entwicklung bzw. der erhöhte Zugang an Arbeitsuchendmeldungen allein auf die einrichtungsbezogene Impfpflicht zurückzuführen ist, kann derzeit nicht eindeutig beantwortet werden. Die Gründe warum sich Menschen bei den Arbeitsagenturen arbeitsuchend melden sind vielseitig und werden durch uns nicht explizit erfragt. Neben der Ablehnung der Impfung ist es auch möglich, dass die Betroffenen sich bei der Versorgung von Corona-Patienten nicht weiter dem erhöhten Risiko aussetzen möchten oder im zweiten Pandemie-Winter einfach die Grenzen ihrer Belastbarkeit erreicht sind. Eine ganz andere Möglichkeit wäre, dass die Bedingungen in der Pflegeeinrichtung nicht den Wünschen entsprechen.

Wir beobachten die Entwicklungen weiterhin genau und setzen unsere Bemühungen fort, den Fachkräftebedarf unter anderem durch Zuwanderung von Pflegekräften zu decken“ erklärt Ralf Holtzwart.