Der Arbeitsmarkt im Juni

Geflüchtete aus der Ukraine lassen Arbeitslosenzahlen in Hessen leicht steigen

30.06.2022 | Presseinfo Nr. 12

  • 7.780 Menschen mit ukrainischer Staatsbürgerschaft sind aktuell in den Jobcentern in Hessen als arbeitslos gemeldet
  • 79 Prozent davon sind Frauen

Wie prognostiziert sind die Arbeitslosenzahlen im Juni 2022 im Vergleich zum Vormonat angestiegen. Rund 159.000 Frauen und Männern zählten im Berichtsmonat (Stichtag: 13.06.22) als arbeitslos. Die Arbeitslosenquote stieg auf 4,6 Prozent. Vor einem Jahr lag die Arbeitslosenquote noch bei 5,1 Prozent. 

„Der Rechtskreiswechsel vieler geflüchteter Personen aus der Ukraine vom Asylbewerberleistungsgesetz in die Grundsicherung hat die Arbeitslosenzahlen in Hessen steigen lassen. In der Grundsicherung wird sich diese Entwicklung auch noch in den nächsten Monaten fortsetzen. Denn nicht alle geflüchteten Personen sind bereits bei den Jobcentern angekommen. Eine schnelle Integration in den Arbeitsmarkt ist wünschenswert, aber fehlende Sprachkenntnisse und Kinderbetreuungsplätze werden den Prozess sicherlich verlangsamen. Der Bedarf an Arbeitskräften in Hessen ist groß, so dass wir gute Chancen sehen, Menschen und Arbeit zusammenzubringen“, erklärt Dr. Frank Martin, Leiter der Regionaldirektion Hessen. 

Der hessische Arbeitsmarkt zeigt sich im Großen und Ganzen weiterhin stabil: „Die sinkenden Konjunkturprognosen zeichnen sich aktuell noch nicht auf dem hessischen Arbeitsmarkt ab. Die Nachfrage nach Fachkräften ist immer noch hoch und die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung steigt weiter an. Wir liegen aktuell sogar deutlich über dem Vorkrisenniveau. Die hessische Wirtschaft war und ist noch auf Wachstumskurs und hat in den letzten drei Jahren zwischen 50.000 und 70.000 zusätzliche sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze hervorgebracht. Der Bestand an offenen Stellen ist ebenfalls ein Indikator für einen konstanten Fachkäftebedarf. Die gestörten Lieferketten, der Ukraine-Krieg und der drohende Energieengpass bleiben aber große Risiken für die Konjunktur und damit für den hessischen Arbeitsmarkt“, so Martin. 

Geflüchtete: 5 Prozent der hessischen Arbeitslosen kommen aus der Ukraine
Von den aktuell etwa 90.200 arbeitslosen Menschen ohne deutschen Pass kommen rund 7.900 aus der Ukraine. Davon sind 7.780 Personen auf Leistungen aus der Grundsicherung angewiesen. Arbeitslose mit ukrainischer Staatsbürgerschaft sind mehrheitlich zwischen 25 und 55 Jahren alt (rd. 5.600) und weiblich (rd. 6.200 oder 79,4 Prozent).

Im Mai 2022 waren lediglich 461 Personen mit ukrainischer Staatsbürgerschaft in Hessen als arbeitslos gemeldet. Im letzten Jahr lag die Zahl noch bei insgesamt 550 Personen, davon waren 392 in der Grundsicherung verortet.

Arbeitslosigkeit in Hessen: Anstieg der Arbeitslosenzahlen im Berichtsmonat
Die Arbeitslosenzahlen sind im Vergleich zum Vormonat gestiegen. Im Juni waren in Hessen 158.975 Frauen und Männer arbeitslos gemeldet. Das waren 6.325 (+4,1 Prozent) mehr als im Mai und 18.707 (-10,5 Prozent) weniger als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote stieg im Vergleich zum Vormonat um 0,2 Prozentpunkte auf 4,6 Prozent an. Im Juni 2021 lag die Quote bei 5,1 Prozent. Saisonbereinigt stieg die Arbeitslosigkeit zum Vormonat um 8.000 Personen an. Zum Vorjahr konnte ein Rückgang um 19.000 Personen verzeichnet werden. 

Der Anstieg der Arbeitslosigkeit zum Vormonat betraf alle betrachteten Personengruppen. Wie erwartet, zeigten sich die größten Zuwächse bei der Gruppe der Frauen (+8,0 Prozent) sowie der Menschen ohne deutschen Pass (+11,5 Prozent). Im Vorjahresvergleich reduzierte sich bei allen Personengruppen die Arbeitslosenzahl. 

Die Unterbeschäftigung, die auch Personen in entlastenden arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen und in kurzfristiger Arbeitsunfähigkeit mitzählt, belief sich im Juni 2022 auf 211.767 Personen. Das waren 22.000 (-9,4 Prozent) weniger als vor einem Jahr.

Entwicklung in den Rechtskreisen: Erwarteter Anstieg in der Grundsicherung 
Mit dem Rechtskreiswechsel vieler Geflüchteter aus dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in die Grundsicherung (SGB II) stieg die Zahl der Personen, die Leistungen aus der Grundsicherung erhalten, in Hessen an. 

Insgesamt zählten im Berichtsmonat 68,3 Prozent (108.558) aller Arbeitslosen in Hessen zum Rechtskreis SGB II (Grundsicherung) und somit rund 8,0 Prozent mehr als noch im Vormonat. Zum Rechtskreis SGB III (Arbeitslosenversicherung) gehörten 31,7 Prozent (50.417) aller Arbeitslosen - etwa 3,0 Prozent weniger als noch im Mai 2022.
Im Bereich der Arbeitslosenversicherung (SGB III) sank die Zahl der Arbeitslosen zum Vorjahr um -25,5 Prozent. In der Grundsicherung (SGB II) wurde ein Minus von -1,3 Prozent erfasst. 

Offene Stellen: Arbeitskräftenachfrage bleibt hoch
Die Nachfrage nach Arbeitskräften ist weiterhin hoch. Der Stellenbestand der hessischen Agenturen weist mit rund 55.400 offenen Stellen noch immer einen deutlichen Zuwachs gegenüber dem Vorjahr (+23,5 Prozent) auf. Verglichen mit dem Vormonat zeigte sich die Nachfrage leicht rückläufig (-0,4 Prozent). 

Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung: 54.800 Beschäftigungsverhältnisse mehr als im Vorjahr
Der hochgerechnete vorläufige Wert der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten belief sich im April 2022 auf 2.703.800 Personen. Damit ergibt sich ein Zuwachs gegenüber dem Vorjahr um +2,1 Prozent oder 54.800 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Hessen liegt damit leicht über dem Niveau des Bundes (+2,0 Prozent). 
Ein Minus im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet weiterhin allein das Verarbeitende Gewerbe (-0,5 Prozent). Das Gastgewerbe konnte wiederholt mehr Beschäftigte ausweisen (+5,7 Prozent) und verzeichnet damit den größten Zuwachs. Der Beschäftigtenstand der Vorkrise konnte trotzdem noch nicht erreicht werden. Mit 78.800 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten liegt das Gastgewerbe noch rund 11,0 Prozent unter den Zahlen von April 2019.

Entwicklung in den Regionen: Landkreis Fulda hält niedrigste Arbeitslosenquote in Hessen
Aktuell weisen zwölf der 26 hessischen Kreise eine Arbeitslosenquote von unter 4,0 Prozent auf. Der Landkreis Fulda liegt mit einer Quote von 2,8 Prozent hessenweit am niedrigsten. Unter der Vier-Prozent-Marke lagen ebenfalls der Kreis Bergstraße (3,5 Prozent) sowie die Landkreise), Waldeck-Frankenberg (3,5 Prozent), Wetterau (3,6 Prozent), Hersfeld-Rotenburg (3,7 Prozent), Schwalm-Eder (3,7 Prozent), Kassel (3,8 Prozent), Rheingau-Taunus (3,8 Prozent), Maintaunus (3,9 Prozent), Hochtaunus (3,9 Prozent), Darmstadt-Dieburg (3,9 Prozent) und Odenwald (3,9 Prozent).

Die höchsten Quoten weisen die Städte Offenbach (8,0 Prozent), Kassel (7,1 Prozent), Wiesbaden (7,1 Prozent), Frankfurt (5,7 Prozent), Darmstadt (5,0 Prozent) sowie der Kreis Gießen (5,0 Prozent) auf.

Entwicklung konjunkturelle Kurzarbeit: Weiterhin Rückgang der Anzeigen und der realisierten Kurzarbeit
Im Berichtsmonat Juni erreichten die Agenturen für Arbeit in Hessen nur noch 94 neue Anzeigen (Mai: 242) für rund 1.300 Personen.

Im Dezember 2021 bezogen rund 82.200 hessische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in rund 7.200 Betrieben konjunkturelles Kurzarbeitergeld. Erste Hochrechnungen gehen von einem weiteren Rückgang der Zahlen für die Folgemonate aus. Für März 2022 werden rund 6.100 Betriebe und knapp 70.000 Kurzarbeitende in Hessen prognostiziert.

Ausbildungsmarkt: Etwa die Hälfte aller gemeldeten Ausbildungsstellen noch unbesetzt
Die Nachfrage nach Auszubildenden für das Ausbildungsjahr 2021/2022 ist im Berichtsmonat nochmals gestiegen. Bisher wurden etwa 32.600 Ausbildungsplätze gemeldet: Ein Anstieg um 6,7 Prozent zum Vorjahresmonat. Ihnen gegenüber stehen rund 29.600 junge Menschen auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz, die sich bei den hessischen Agenturen für das aktuelle Ausbildungsjahr gemeldet haben. Das sind -4,2 Prozent weniger als im Juni letzten Jahres. Als unversorgt zählten zum Stichtag noch etwa 12.600 Bewerber/innen. Etwa 16.470 Ausbildungsplätze waren Mitte Juni noch unbesetzt. 

„Das Risiko, zum Stichtag September noch viele unbesetzte Ausbildungsstellen verkünden zu müssen, ist hoch. Über die Hälfte aller gemeldeten Ausbildungsstellen ist aktuell noch unbesetzt. Ich hoffe, dass in den nächsten drei Monaten noch mehr Bewegung auf dem Ausbildungsmarkt entsteht. Erfahrungsgemäß kommen in den Sommerferien noch viele Jugendliche auf die Berufsberatung zu und Arbeitgeber entscheiden schneller, um potentielle Azubis noch an sich zu binden. Es zeichnet sich aber jetzt schon ab, dass alle -BA wie Kammern - viel Energie auf die Nachvermittlungsaktion verwenden müssen. Bis Ende des Jahres besteht damit für junge Menschen die Möglichkeit, noch in diesem Jahr eine Ausbildung zu beginnen“, so Martin. 

Die meisten unbesetzten Ausbildungsplätze gibt es derzeit noch in den Bezirken der Agenturen für Arbeit Bad-Hersfeld-Fulda (Stellen-Bewerber-Relation 3,1:1) , Korbach (2,3:1) und Limburg-Wetzlar (1,7:1).

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