Der hessische Arbeitsmarkt ist nicht nur von globalen Unsicherheiten wie Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg oder Energiekrise betroffen. Durch die demografische Entwicklung und die steigende Zahl der Altersaustritte wird die Fachkräftegewinnung immer mehr zu einem Problem. Waren während der Pandemie starke Einbrüche bei Personalbewegungen zu beobachten, zeigt die Nachpandemielage nun eine Verbesserung.
Der vorliegende dritte Report des jährlichen IAB-Panels untersucht, wie sich die akuten Krisen auf die Personalbedarfe hessischer Betriebe und die Arbeitsmarktdynamik im Jahr 2022 auswirkten. Dazu wurden rund 950 Betriebe befragt.
Dynamik der Personalbewegungen nimmt wieder zu
Im ersten Halbjahr 2022 nahmen 32 Prozent der hessischen Betriebe Neueinstellungen vor, 29 Prozent verzeichneten Personalabgänge. Die Einstellungs- und die Abgangsrate sind mit 7,2 bzw. 5,8 Prozent im Vergleich zu den beiden pandemiegeprägten Vorjahren gestiegen. Es gab wieder deutlich mehr Neueinstellungen als Personalabgänge.
Die Neueinstellungen betrafen überwiegend Fachkräfte. Bei 59 Prozent der neu besetzten Arbeitsplätze war im ersten Halbjahr 2022 ein Berufs- oder Hochschulabschluss erforderlich.
Knapp die Hälfte der Personalabgänge erfolgte durch Kündigung seitens der Arbeitskräfte - ein neuer Höchstwert. Betriebliche Kündigungen lagen mit 20 Prozent auf einem vergleichsweise geringen Niveau.
Arbeits- und Fachkräftebedarf auf neuem Rekordhoch
Im ersten Halbjahr 2022 konnten in den hessischen Betrieben 37 Prozent der Fachkraftstellen nicht besetzt werden. Hochgerechnet blieben damit rund 82.000 Positionen unausgefüllt. Somit wurde ein neuer Höchstwert erreicht. Der Bedarf der Betriebe ist sogar noch größer. Zum Zeitpunkt der Befragung äußerten 36 Prozent der Betriebe, dass sie noch weitere rund 162.000 Arbeitskräfte zum nächstmöglichen Einstellungstermin suchen.
Im Baugewerbe scheinen besonders große Besetzungsprobleme vorhanden zu sein. Die Nicht-Besetzungsquote betrug bei den Fachkraftstellen 63 Prozent. Auch in Kleinstbetrieben gelang es nur schwer, Fachkraftstellen zu besetzen. In Großbetrieben bestanden dafür nur vergleichsweise geringe Probleme.
Personalgewinnung - das zentrale Problem in den kommenden Jahren
Probleme bei der Rekrutierung qualifizierter Beschäftigter stellen die größte personalpolitische Herausforderung dar. Mehr als die Hälfte der Betriebe in Hessen rechnen in den kommenden zwei Jahren mit Schwierigkeiten bei der Einstellung von benötigten Fachkräften. 28 Prozent rechnen mit ähnlichen Problemen bei der Gewinnung von Beschäftigten für einfache Tätigkeiten. Zusätzliche Herausforderungen werden in der Überalterung und der Fluktuation der aktuellen Belegschaften gesehen.
Hintergrundinformationen
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) lässt seit 1993 jährlich Betriebe im Rahmen des IAB-Betriebspanels durch das Marktforschungsinstitut Kantar befragen. Die Auswertung für Hessen erfolgt durch das Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur. Gefördert werden die hessischen Zusatzauswertungen von der Europäischen Union und aus Mitteln des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen sowie der Bundesagentur für Arbeit.
Den aktuellen Bericht und weitere Veröffentlichungen zum IAB-Betriebspanel Hessen finden Sie unter folgendem LINK.