Der Arbeitsmarkt im August

Dynamik am hessischen Arbeitsmarkt zunehmend gebremst

31.08.2023 | Presseinfo Nr. 21

In Hessen ist die Arbeitslosigkeit im August saisonal bedingt gestiegen. Insgesamt waren 189.378 arbeitslose Frauen und Männer arbeitslos gemeldet, 7.818 Personen oder 4,3 Prozent mehr als im Vormonat. Die Arbeitslosenquote liegt jetzt bei 5,4 Prozent. Vor einem Jahr lag die Quote noch bei 5,1 Prozent. 

„In der Ferienzeit ist es üblich, dass die Arbeitslosigkeit steigt. Zur Jahresmitte laufen viele befristete Arbeits- und Ausbildungsverträge aus. Hinzu kommt, dass viele Unternehmen während der Sommerferien nicht neu einstellen und damit weniger Menschen ihre Arbeitslosigkeit beenden können“, sagt Dr. Frank Martin, Leiter der Regionaldirektion Hessen. 

Neben den saisonal üblichen Einflüssen zeige sich der Arbeitsmarkt in Hessen zwar weitestgehend stabil, dennoch wachse die Anspannung. „Auch wenn die Zahl der Arbeitslosen zuletzt gestiegen ist, bereitet der Mangel an Arbeits- und Fachkräften vielen Unternehmen Probleme“, so Martin. „Die Zahl der angebotenen freien Stellen ist nach wie vor hoch. Gleichzeitig kann die Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften nicht gedeckt werden. Die Qualifikation der Bewerb*innen und die Anforderungen der Unternehmen passen oft nicht zusammen.“

Es ist für Unternehmen nicht nur schwerer, sondern auch teurer, den passenden Mitarbeiter zu finden, so das Ergebnis einer aktuellen Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Damit gestaltet es sich für Betriebe auch schwieriger, ihre Beschäftigung aufrechtzuerhalten oder zu erhöhen. 

„Die Knappheit an Arbeitskräften bremst das Beschäftigungswachstum. Wir müssen den Menschen mehr Möglichkeiten geben, sich aus- und weiterzubilden, indem wir Qualifizierungsangebote ausbauen und die hierfür häufig erforderliche Beratung leichter zugänglich machen“, erläutert Martin. „Nur so wird es uns gelingen, Angebot und Nachfrage langfristig wieder ins Gleichgewicht zu bringen.“

Dazu werden in dem kommenden Monaten in ganz Hessen sogenannte Bildungspunkte eröffnet. Als niedrigschwellige Anlaufstellen für jede Person, die an Weiterbildung interessiert ist, wird dort zu Themen wie berufsbegleitende Qualifizierung, Wiedereinstieg in den Beruf oder Teilzeitausbildung beraten. 


Arbeitslosigkeit in Hessen: Saisonüblicher Anstieg der Arbeitslosigkeit
Die Arbeitslosenzahlen sind im August, wie für die Ferienzeit üblich, angestiegen. Im Berichtsmonat (Stichtag: 14.08.2023) waren in Hessen 189.378 Frauen und Männer arbeitslos gemeldet. Das waren 7.818 (+4,3 Prozent) mehr als im Juli und 13.420 (+7,6 Prozent) mehr als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote stieg im Vergleich zum Vormonat um 0,2 Prozentpunkte auf 5,4 Prozent an. Im August 2022 lag die Quote bei 5,1 Prozent. Saisonbereinigt stieg die Arbeitslosigkeit zum Vormonat um 1.000 Personen an. Zum Vorjahr wurde ein saisonbereinigter Anstieg um 12.000 Personen verzeichnet.

Der Anstieg der Arbeitslosigkeit zum Vormonat betraf alle betrachteten Personengruppen. Nicht überraschend stieg in der Ferienzeit im August am stärksten die Jugendarbeitslosigkeit mit einem Plus von 15,8 Prozent oder 2.816 jungen Menschen unter 25 Jahren. Weitere Zuwächse zeigten sich u.a. bei der Gruppe der Frauen (+5,6 Prozent) sowie der Menschen ohne deutschen Pass (+4,5 Prozent). Der Vorjahresvergleich zeigt eine ähnliche Entwicklung. Bedingt durch die Aufnahme geflüchteter Menschen aus der Ukraine in die Grundsicherung stieg die Zahl der Personen ohne deutschen Pass um +11,2 Prozent an. Die Personengruppe der Frauen verzeichnete einen Anstieg um +5,3 Prozent.

Die Unterbeschäftigung, die auch Personen in entlastenden arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen und in kurzfristiger Arbeitsunfähigkeit mitzählt, belief sich im August 2023 auf 243.863 Personen. Das waren rund 17.500 (+7,7 Prozent) mehr als vor einem Jahr.

Entwicklung in den Rechtskreisen: Langzeitarbeitslosigkeit nimmt zu
Insgesamt zählten im Berichtsmonat 68,8 Prozent (130.228) aller Arbeitslosen in Hessen zum Rechtskreis SGB II (Grundsicherung). Das sind +4,1 Prozent mehr als noch im Vormonat. Zum Rechtskreis SGB III (Arbeitslosenversicherung) gehörten 31,2 Prozent (59.150) aller Arbeitslosen. Das sind +4,8 Prozent mehr als im Juli 2023.

Im Bereich der Arbeitslosenversicherung (SGB III) stieg die Zahl der Arbeitslosen zum Vorjahr um +8,2 Prozent. In der Grundsicherung (SGB II) wurde ein Anstieg von +7,4 Prozent erfasst. Die Langzeitarbeitslosigkeit hat mit 59.543 Personen in der Grundsicherung im August wieder deutlich zugenommen (+2,7 Prozent zum Vormonat). Grund dafür ist maßgeblich die Betreuung ukrainischer Staatsangehöriger im SGB II seit Beginn des Ukrainekrieg.


Offene Stellen: Arbeitskräftenachfrage bleibt konstant
Der Stellenbestand der hessischen Agenturen weist mit 49.519 offenen Stellen weiterhin einen deutlichen Rückgang gegenüber dem Vorjahr (-10,7 Prozent) auf. Der Stellenzugang lag im August mit rund 11.100 gemeldeten Stellen ebenfalls unter dem Vorjahreswert (-4,0 Prozent). Zum Vormonat konnte ein Plus von 6,6 Prozent oder rund 690 Stellen verzeichnet werden.


Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung
Der hochgerechnete vorläufige Wert der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten belief sich im Juni 2023 auf 2.736.800 Personen. Damit ergibt sich ein Anstieg gegenüber dem Vorjahr von 25.600 Beschäftigten (+0,9 Prozent). Hessen liegt damit weiterhin über der Entwicklung des Bundes (+0,7 Prozent). 
Folgende Branchen verzeichnen im Vergleich zum Vorjahr weiterhin einen Rückgang der Beschäftigung: Land- und Forstwirtschaft (-2,6 Prozent), Handel, Instandhaltung, Reparatur von Kfz (-0,7 Prozent), Arbeitnehmerüberlassung (-0,1 Prozent), Kunst, Unterhaltung und Erholung (-1,4 Prozent), Verarbeitendes Gewerbe (-0,3 Prozent) und das Gesundheitswesen (-0,1 Prozent). Die größten Zuwächse weisen die Wirtschaftszweige Information und Kommunikation (+4,5 Prozent) sowie das Gastgewerbe (+3,1 Prozent) und Immobilien, freiberufliche, wissenschaftliche und technische Dienstleistungen (+3,2 Prozent) auf. 


Entwicklung in den Regionen: Niedrigste Arbeitslosenquote im Landkreis Fulda 
Weiterhin weist der Landkreis Fulda die niedrigste Arbeitslosenquote (3,5 Prozent) in Hessen auf. Aktuell liegen 12 der 26 hessischen Kreise unter der 5-Prozent-Marke. Dazu zählten der Kreis Rheingau-Taunus (4,9 Prozent), Limburg-Weilburg (4,8 Prozent), Vogelsberg (4,6 Prozent), Landkreis Kassel (4,5 Prozent) sowie die Landkreise Bergstraße (4,4 Prozent), Wetterau (4,4 Prozent), Hochtaunus (4,3 Prozent), Waldeck-Frankenberg (4,2 Prozent) sowie Hersfeld-Rotenburg (4,2 Prozent), Marburg-Biedenkopf und Schwalm-Eder (beide 4,6 Prozent). 

Die höchsten Quoten weisen die Städte Offenbach (8,7 Prozent), Stadt Kassel (8,4 Prozent), Wiesbaden (8,3 Prozent), Groß-Gerau (6,2 Prozent), Frankfurt (6,1 Prozent), der Landkreis Gießen (5,7 Prozent) sowie Darmstadt (5,8 Prozent) auf.

Ausbildungsmarkt: Noch viele freie Ausbildungsstellen
Die Nachfrage nach Auszubildenden für das Ausbildungsjahr 2022/2023 ist im Berichtsmonat nochmals gestiegen. Bisher wurden etwa 34.110 Ausbildungsplätze gemeldet. Die sind nochmals rund 850 Stellen mehr als im Vormonat (-146 zum Vorjahr). Ihnen gegenüber stehen rund 33.340 junge Menschen auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz, die sich bei den hessischen Agenturen für das aktuelle Ausbildungsjahr gemeldet haben. Das sind etwas mehr (+3,0 Prozent oder rund 960) als im August letzten Jahres. Als unversorgt zählten zum Stichtag noch 6.724 Bewerber*innen. Etwa 10.300 Ausbildungsplätze waren Mitte August noch unbesetzt.

Gute Aussichten auf einen Ausbildungsplatz haben Bewerber*innen aktuell noch in vielen Bereichen: im Einzelhandel/Verkauf, als Bürofachkraft, als Fachkraft für Lagerlogistik, als Medizinische Fachangestellte oder als Handelsfachwirt.

„Auch nach dem Ausbildungsstart ist auf dem hessischen Lehrstellenmarkt noch viel Bewegung. Für diejenigen, die noch keinen passenden Ausbildungsplatz gefunden haben, stehen die Chancen sehr gut“, sagt Dr. Frank Martin. Viele Unternehmen haben es schwer, ihre Ausbildungsplätze zu besetzen. „Zwei Faktoren haben Einfluss auf die Entwicklung am Ausbildungsmarkt“, erklärt Martin. „Zum einen wird der demografische Wandel zunehmend spürbar. Der Nachwuchs wird also zahlenmäßig immer kleiner. Auf der anderen Seite bewerben sich viele Jugendliche nur auf sehr wenige, ihnen bekannte Berufsbilder. Ich rate diesen jungen Menschen, Kontakt zur Berufsberatung der Arbeitsagenturen aufzunehmen. Die Berufsberaterinnen und Berufsberater unterstützen nicht nur bei der Berufswahl, sie wissen auch, wo noch Ausbildungsstellen frei sind.“


Hintergrundinformationen
Mit Daten der IAB-Stellenerhebung und der Statistik der Bundesagentur für Arbeit hat das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in einer aktuellen Studie die zunehmende Anspannung der Arbeitsmärkte dokumentiert und untersucht, welche Konsequenzen sich daraus für Unternehmen bei deren betrieblichen Rekrutierungsprozessen sowie dem Beschäftigungswachstum ergeben.

Die Studie ist abrufbar unter: https://doku.iab.de/kurzber/2023/kb2023-12.pdf

Aktuelle Informationen zum Arbeitsmarkt in Hessen sowie den Angeboten und Services der Agenturen für Arbeit und der Familienkasse finden Sie auch auf Twitter: https://twitter.com/rd_hessen