Hessische Betriebe standen auch 2023 vor komplexen Herausforderungen. Nach den Reports zur wirtschaftlichen Lage der Betriebe, den Personalbewegungen und -engpässen sowie dem Ausbildungsgeschehen betrachtet der nun vorliegende vierte Report des jährlichen IAB-Betriebspanels das Weiterbildungsgeschehen in den Betrieben. Dazu wurden rund 960 Betriebe befragt.
Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori hob zur Veröffentlichung hervor: „Wir brauchen berufliche Weiterbildung, um die hessische Wirtschaft zukunftsfest zu machen. Daher freut es mich, dass das Weiterbildungsgeschehen in den hessischen Betrieben deutlich angezogen hat. Die Betriebe tun ihren Teil, indem sie ihre Beschäftigten dabei finanziell oder mit Freistellungen unterstützen, und die Beschäftigten bauen die dringend benötigten Kompetenzen auf – davon profitieren alle. Wir als Landesregierung kümmern uns zusammen mit dem Bund um gute Rahmenbedingungen, zum Beispiel eine umfassende Weiterbildungsberatung. Dank der engen Kooperation zwischen den landesseitig geförderten Bildungscoaches und den Beratungsstrukturen der Agenturen für Arbeit in Hessen steht den Unternehmen und den Beschäftigten ein enges Netz kompetenter Ansprechpartner zur Verfügung.“
„Es ist erfreulich, dass die hessischen Unternehmen das Instrument der Weiterbildung verstärkt nutzen“, kommentiert Dr. Frank Martin, Leiter der Regionaldirektion Hessen. „Die hessische Wirtschaft wird das schrumpfende Erwerbspersonenpotential und der Fachkräfteengpass in Zukunft intensiv beschäftigen. Wir müssen den Menschen deshalb mehr Möglichkeiten geben, sich aus- und weiterzubilden, indem wir Qualifizierungsangebote ausbauen und die hierfür häufig erforderliche Beratung leichter zugänglich machen“, erläutert Martin. Dazu wurden in Hessen sogenannte Bildungspunkte eröffnet. Als niedrigschwellige Anlaufstellen für jede Person, die an Weiterbildung interessiert ist, wird dort zu Themen wie berufsbegleitende Qualifizierung, Wiedereinstieg in den Beruf oder Teilzeitausbildung beraten.
Weiterbildungsengagement und Weiterbildungsquote steigen
Weiterbildung ist essenziell, um in den Betrieben Kompetenzen aufzubauen und anzupassen, mit denen verschiedene Transformationsprozesse und Krisen bewältigt werden können. Entsprechend ist Weiterbildung für rund drei Viertel der Betriebe bedeutsam als Strategie zur Fachkräftesicherung, für mittlere und große Betriebe allerdings in deutlich stärkerem Maße als für kleine und Kleinstbetriebe. Im ersten Halbjahr 2023 förderten 43 Prozent der Betriebe Weiterbildungsmaßnahmen für ihre Beschäftigten; damit stieg das Weiterbildungsengagement das zweite Jahr in Folge, auch wenn es noch nicht wieder das Vorpandemieniveau von 2019 (51 Prozent) erreichte. Noch stärker entwickelte sich jedoch die Weiterbildungsquote der Beschäftigten: 31 Prozent nahmen in diesem Zeitraum an einer betrieblich geförderten Weiterbildungsmaßnahme teil, ein Anteil, der sogar den von 2019 überstieg (28 Prozent) und zuletzt 2016 so hoch ausgefallen war.
Große Vielfalt an Weiterbildungsformaten
Die Belebung in den Weiterbildungsaktivitäten lässt sich auch daran ablesen, dass alle Formate betrieblich geförderter Weiterbildung 2023 stärker zum Einsatz kamen als in den Vorjahren. Dies betrifft sowohl externe als auch interne Formate und sowohl solche in Präsenz als auch digital durchgeführte. Während externe Kurse, Lehrgänge und Seminare insgesamt das am häufigsten genutzte Format blieben und auch Vorträge und Tagungen wieder mehr besucht wurden, fällt besonders auf, dass es deutliche Anstiege bei den Angeboten zur direkten Weiterbildung am Arbeitsplatz und zum selbstgesteuerten Lernen mit Hilfe von Medien gab. Das verdeutlicht die zunehmende Relevanz von flexiblen und individuell anpassbaren Weiterbildungsformaten.
Zeitliche und finanzielle Unterstützung
Geförderte Weiterbildungsmaßnahmen fanden am häufigsten vollständig während der Arbeitszeit statt (in 73 Prozent der Betriebe).
Dies ist umso wahrscheinlicher, je größer der Betrieb ist. Auch eine Verteilung auf Arbeits- und Freizeit wird zunehmend häufiger vereinbart (derzeit zu 22 Prozent). Ein ähnliches Bild zeigt sich bezogen auf die Finanzierung der Weiterbildungsmaßnahmen: 75 Prozent der Betriebe übernahmen die Weiterbildungskosten für ihre Beschäftigten komplett, gegenüber 14 Prozent, die keine Kosten übernahmen. Hierin liegt ebenfalls ein bedeutsamer Hebel für die Weiterbildungsmotivation der Beschäftigten.
Zielgruppen mit besonderem Weiterbildungspotenzial
Die Befragung 2023 wurde auch dazu genutzt, Erkenntnisse zu gewinnen, wie stark in den hessischen Betrieben Zielgruppen vertreten sind, für die gezielte Weiterbildung von besonderem Interesse sein kann. So machen Geringqualifizierte seit Jahren recht konstant etwa ein Viertel der hessischen Beschäftigten aus. In die Altersgruppen ab 50 Jahren fällt wiederum gut ein Drittel der hessischen Beschäftigten. Die Teilzeitquote lag trotz eines leichten Rückgangs gegenüber dem Vorjahr mit 31 Prozent weiterhin auf hohem Niveau. Aus der Ukraine geflüchtete Personen werden dagegen nur in einem Bruchteil der hessischen Betriebe beschäftigt. Gerade bezogen auf Geringqualifizierte und Teilzeitbeschäftigte zeigt sich in Studien regelmäßig, dass diese seltener in Weiterbildungsmaßnahmen einbezogen werden; hier gibt es noch ungenutztes Potenzial.
Hintergrundinformationen
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) lässt seit 1993 jährlich Betriebe im Rahmen des IAB-Betriebspanels durch das Marktforschungsinstitut Verian Group (ehemals Kantar Public) befragen. Die Auswertung für Hessen erfolgt durch das Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur. Gefördert werden die hessischen Zusatzauswertungen von der Europäischen Union und aus Mitteln des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum sowie der Bundesagentur für Arbeit.
Die hessischen Bildungscoaches werden aus Mitteln des Landes Hessen und der Europäischen Union (Europäischer Sozialfonds) gefördert.
Informationen zu Berufsberatung und Weiterbildungsangeboten für Erwachsene in Hessen finden Sie unter folgendem LINK.