„Der NRW-Arbeitsmarkt tritt derzeit auf der Stelle“, sagte Roland Schüßler, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit. „Zwar ist die Zahl der Menschen mit einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung ein weiteres Mal gestiegen, sogar auf einen historischen Höchststand. Doch Menschen, die arbeitslos sind, konnten davon nur wenig profitieren. Deshalb das Bild vom Treten auf der Stelle: Zwar gibt es Bewegung am Arbeitsmarkt, doch die hat im Oktober nicht ausgereicht, um die Arbeitslosigkeit zu verringern.“
Als maßgeblichen Grund sieht Schüßler die schwache konjunkturelle Entwicklung der Wirtschaft an Rhein, Ruhr und Lippe in den vergangenen Monaten: „Viele Unternehmen zögern derzeit weiterhin aufgrund der aktuell herausfordernden wirtschaftlichen Lage mit der Einstellung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Folgen können wir zum Beispiel erkennen, wenn wir auf die Regionen blicken. In einer vorwiegend industriell geprägten Region wie Ostwestfalen schwächeln die Neueinstellungen stärker als in einer Region wie dem Rheinland, die neben der Industrie auch starke Dienstleistungen zu bieten hat, die weniger konjunktursensibel reagiert.“ Während im Rheinland die Arbeitslosigkeit geringfügig sank, stieg sie in OWL leicht, „da hier keine Neueinstellungen in den Dienstleistungen zu einem rechnerischen Ausgleich zu den leichten Jobverlusten in der Industrie geführt haben.“
Wenn eingestellt wird, dann sind es in der Regel eher Fachkräfte, sagte Schüßler. Dadurch ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in NRW leicht um 1,2 Prozent oder 86.900 Personen gestiegen: „Das hat gereicht, damit wir im August trotz der angespannten wirtschaftlichen Lage mit 7.344 Millionen Beschäftigten den nun höchsten Stand in der Beschäftigung erreicht haben, den es bislang in diesem Monat gab. Es gibt also Bewegung am Arbeitsmarkt, doch reicht sie nicht aus, damit arbeitslose Menschen davon profitieren können.“
Einen großen Anteil am Wachstum der Beschäftigung in NRW haben Menschen mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit, sagte Schüßler: „Seit 2018 ist die Zahl der sozialversichert beschäftigten Menschen in NRW um rund 473.000 Personen gestiegen. Von diesen neuen Beschäftigten hatten fast zwei Drittel eine ausländische Staatsangehörigkeit. Ohne diese rund 310.000 Menschen wäre der Job-Boom der vergangenen Jahre ausgeblieben.“
Eine spürbare Belebung gab es im Oktober am Arbeitsmarkt für junge Menschen unter 25 Jahren: „Das passt gut dazu, dass die Agenturen für Arbeit heute auch ihre Jahresbilanzen 2022/23 für den Ausbildungsmarkt veröffentlicht haben“, sagte der Arbeitsmarktexperte. „Der Arbeitsmarkt für junge Menschen, die gerade ihre Ausbildung abgeschlossen haben, hat sich wie für die Jahreszeit üblich entwickelt. Der positive Trend hält hier seit Ende der Sommerpause unvermindert an. Nachwuchsfachkräfte, die durch eine berufliche Ausbildung gut qualifiziert sind, werden nach wie vor von der Wirtschaft begehrt und eingestellt.“
Hier finden Sie weitere Informationen zum Ausbildungsmarkt.
Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung
In Nordrhein-Westfalen blieb im Oktober die Arbeitslosigkeit nahezu unverändert. Die Zahl der Arbeitslosen stieg geringfügig um 95 Personen auf jetzt 712.533 arbeitslos gemeldete Menschen. Im langjährigen Durchschnitt sank im Oktober die Arbeitslosigkeit um rund 1,5 Prozent oder 11.000 Personen. Vor einem Jahr waren 32.985 Menschen oder 4,9 Prozent weniger arbeitslos. Nimmt man das Corona-Jahr 2020 aus, lag die Arbeitslosigkeit in NRW zum letzten Mal 2015 höher. Die Arbeitslosenquote blieb im Oktober mit 7,2 Prozent auf dem Niveau des Vormonats.
Üblich für den Herbst ist es, dass junge Menschen unter 25 Jahren besonders von den Neueinstellungen in Betrieben und Unternehmen profitieren. Das ist auch im aktuellen Oktober passiert: Die Jugendarbeitslosigkeit sank um 1.813 Personen oder 3,0 Prozent auf nun 59.175 junge Arbeitslose. Die Arbeitslosenquote bei den jungen Menschen lag im Oktober bei 5,6 Prozent, 0,2 Prozentpunkt unter dem Vormonat.
Ausschlaggebend für die aktuelle Entwicklung am Arbeitsmarkt ist die schwache Dynamik. 131.483 Menschen beendeten im Oktober ihre Arbeitslosigkeit, 6.563 oder 4,8 Prozent weniger als einen Monat zuvor. Vor einem Jahr waren es 1.250 Personen oder 0,9 Prozent mehr. Gleichzeitig wurden mit 131.432 Personen annähernd so viele Menschen neu arbeitslos. Das waren 6.222 oder 5,0 Prozent mehr als einen Monat zuvor – und 1.048 Personen oder 0,8 Prozent mehr als vor einem Jahr. Zum Vergleich: Im Oktober des Boom- und Vor-Corona-Jahres 2019 wurden mit 154.347 Personen deutlich mehr Menschen in NRW neu arbeitslos. Gleichzeitig beendeten aber auch mit 163.410 Personen signifikant mehr Menschen ihre Arbeitslosigkeit. Ein positiver Aspekt ist also, dass im Oktober weniger Menschen arbeitslos geworden sind als in passenden Vergleichsmonaten. Allerdings können derzeit auch nur deutlich weniger Menschen als in den Vergleichszeiträumen ihre Arbeitslosigkeit beenden.
In den sogenannten Rechtskreisen entwickelte sich im Oktober die Arbeitslosigkeit unterschiedlich. Im Bereich der Arbeitslosenversicherung nach dem Sozialgesetzbuch III (SGB III), dem Aufgabenbereich der Arbeitsagenturen, stieg sie im Vergleich zum Vormonat um 1.354 Personen oder 0,7 Prozent auf nun 200.898 arbeitslos gemeldete Menschen. Vor einem Jahr waren 12,7 Prozent oder 22.582 Personen weniger arbeitslos gemeldet im SGB III.
Im Bereich des Bürgergeldes, der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II), dem Aufgabenbereich der Jobcenter, sank die Arbeitslosigkeit im Oktober um 0,2 Prozent oder 1.259 Personen. Insgesamt betrug die Arbeitslosigkeit im SGB II 511.635 Personen, das waren 2,1 Prozent oder 10.403 Menschen mehr als vor einem Jahr.
Die Unterbeschäftigung sank im Oktober geringfügig im Vergleich zum Vormonat um 38 Personen. Als unterbeschäftigt gelten alle Menschen, die arbeitslos gemeldet sind sowie alle, die zwar Arbeitslosen- oder Bürgergeld erhalten, dem Arbeitsmarkt jedoch nicht zur Verfügung stehen und daher nicht als arbeitslos gelten. Das kann zum Beispiel sein, wenn sie an einer abschlussorientierten Fördermaßnahme teilnehmen. 220.505 Personen waren im Oktober in NRW unterbeschäftigt, aber nicht arbeitslos. Zählt man die Zahl der arbeitslos gemeldeten Menschen hinzu, erhält man die gesamte Unterbeschäftigung: Landesweit waren im Oktober 933.038 Menschen unterbeschäftigt. Das waren 38.229 Personen oder 4,3 Prozent mehr vor zwölf Monaten im Oktober.
Neuer Höchststand bei sozialversicherungspflichtig Beschäftigten
Auf einen neuen historischen Höchststand für den Monat August (aktueller Datenstand) ist die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten gestiegen. 7.344.500 Menschen gingen einer sozialversicherten Beschäftigung nach – nur im November 2022 (mit 7.347 Millionen) lag die Beschäftigung in NRW in absoluten Zahlen einmal höher. Im Vergleich zum Vormonat stieg im August die Zahl um 1,2 Prozent oder 86.900 Personen. Vor einem Jahr lag die Zahl der Beschäftigten in NRW um 41.000 Menschen oder 0,6 niedriger.
Vor zehn Jahren lag die Zahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit einem sozial versicherten Job im August um rund 1,1 Millionen Beschäftigte niedriger – bei 6.246 Millionen Beschäftigten in NRW.
Vor allem qualifizierte Arbeitskräfte gesucht
Die Nachfrage nach Arbeitskräften lag im Oktober bei 145.188 gemeldeten Stellen. Das waren 3.315 Stellen oder 2,2 Prozent weniger als einen Monat zuvor. Vor einem Jahr waren 26.526 oder 15,4 Prozent mehr offene Stellen bei den Arbeitsagenturen gemeldet. Neu meldeten Unternehmen im Oktober 22.420 Stellen bei den Arbeitsagenturen. Das waren 5.111 bzw. 18,6 Prozent weniger als ein Jahr zuvor.
Auch unter den Anzeichen einer gedämpften wirtschaftlichen Entwicklung suchen Unternehmen in NRW weiterhin qualifizierte Arbeitskräfte. In den Agenturen für Arbeit und den Jobcentern waren im Oktober 83.589 offene Stellen für Fachkräfte auf dem Niveau der dualen Berufsausbildung gemeldet. Das waren 2.038 oder 2,4 Prozent weniger als einen Monat zuvor und 57,6 Prozent aller angezeigten offenen Stellen. Diesen standen 184.139 arbeitslose Fachkräfte gegenüber – 647 Personen oder 0,4 Prozent weniger als einen Monat zuvor. Auf 100 offene Stellen für qualifizierte Fachkräfte mit einer abgeschlossenen dualen Berufsausbildung kamen damit rein statistisch im Oktober 220 Bewerberinnen und Bewerber. Nicht berücksichtigt wird bei der statistischen Betrachtung, ob Angebot und Nachfrage auch räumlich und inhaltlich zueinander passen, also die gesuchten und die angebotenen Berufe zueinander passen oder Angebote und Nachfrage auch in derselben Region liegen. Für Menschen ohne aktuelle Ausbildung ist das Angebot deutlich geringer: 32.215 Stellen oder 22,2 Prozent aller Arbeitsangebote waren für Helfertätigkeiten ausgeschrieben, also für an- und ungelernte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Im Vergleich zum Vormonat waren das Minus 889 Stellen oder 2,7 Prozent. Ohne eine aktuelle Ausbildung arbeitslos gemeldet waren 401.326 Menschen – 0,1 Prozent oder 371 Personen weniger als vor einem Monat. Hier kamen auf 100 offene Stellen für Helferinnen und Helfer 1.245 Bewerberinnen und Bewerber.
Ukrainische Kriegsgeflüchtete in NRW
In NRW nahm im Vergleich zum Vormonat die Zahl der in den Jobcentern arbeitslos gemeldeten, aus der Ukraine geflüchteten Personen um 340 Personen ab. Aktuell waren es im Oktober rund 40.000 arbeitslos gemeldeten Menschen. Die Zahl der Arbeitslosen ergibt sich aus der Differenz zwischen der Zahl vor dem Tag des russischen Überfalls in NRW arbeitslos gemeldeten ukrainischen Staatsangehörigen (rund 2.000 Personen) und der Zahl der aktuell arbeitslos Gemeldeten (rund 42.000). Insgesamt waren bei den Jobcentern in NRW rund 146.000 geflüchtete Menschen mit ukrainischer Staatsangehörigkeit gemeldet. Darunter rund 46.000 Kinder und Jugendliche.
Die Beschäftigung von Ukrainerinnen und Ukrainern, die vor dem Krieg nach Deutschland geflohen sind, kann mit einer Wartezeit von zwei Monaten auf Grundlage einer Hochrechnung angegeben werden. Im August 2023 waren nach dieser Hochrechnung in NRW 36.800 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus der Ukraine beschäftigt. 28.200 gingen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach. Geringfügig waren 8.600 Personen beschäftigt.
Die Zahl beschäftigter geflohener Menschen ergibt sich aus der Gegenüberstellung mit den Zahlen vom Februar 2022, dem Monat des russischen Überfalls auf die Ukraine. Damals waren in NRW 11.702 Ukrainerinnen und Ukrainer beschäftigt, davon 9.975 sozialversicherungspflichtig und 1.727 geringfügig.
Im August 2023 arbeiteten rund 25.100 ukrainische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mehr in NRW als vor dem Beginn des Krieges. Die Differenz dürfte vornehmlich auf geflüchteten Menschen zurückgehen: 18.200 ukrainische Geflüchtete gingen im August einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach.
Der Arbeitsmarkt in den NRW-Regionen im Oktober
Die Entwicklung der Arbeitslosigkeit verlief im Oktober äußerst heterogen: Bei elf Arbeitsagenturen waren die Arbeitslosenzahlen rechtskreisübergreifend im Vergleich zum Vormonat rückläufig, bei den anderen steigend. Am stärksten sank die Arbeitslosigkeit mit 2,5 Prozent oder minus 751 Personen in der Agentur für Arbeit Solingen-Wuppertal. Den stärksten Anstieg gab es in Herford – dort stieg im Vergleich zum Vormonat die Arbeitslosigkeit um 2,1 Prozent oder 372 Personen.
Im Bergischen Land sank im Oktober die Arbeitslosenquote um 0,1 Prozentpunkte auf nun 6,9 Prozent. Das entsprach einer Zahl der Arbeitslosen von 68.309 Personen. Das waren 572 arbeitslos gemeldete Menschen oder 0,8 Prozent weniger als vor einem Monat. Vor einem Jahr waren im Bergischen Land 2.226 Personen oder 3,4 weniger arbeitslos gemeldet. Die Arbeitslosenquote lag damals um 0,1 Punkte niedriger.
Im Ruhrgebiet ist im Oktober die Arbeitslosigkeit geringfügig um 86 Personen zurückgegangen. Mit 245.969 Arbeitslosen waren 8.007 Personen oder 3,4 Prozent mehr arbeitslos gemeldet als vor einem Jahr. Die Quote lag im abgelaufenen Monat bei 9,9 Prozent und damit auf dem Vormonatsniveau. Vor zwölf Monaten lag sie bei 9,7 Prozent.
Im Rheinland sank die Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vormonat ebenfalls geringfügig - um 42 arbeitslos gemeldete Menschen auf 245.802 Arbeitslose. Vor einem Jahr lag die Arbeitslosigkeit um 9.941 Personen oder 4,2 Prozent niedriger. Die Quote blieb auf dem Niveau des Vormonats auf 7,0 Prozent. Vor zwölf Monaten lag sie bei 6,8 Prozent.
In Ostwestfalen-Lippe stieg im Vergleich zum Vormonat die Zahl der Arbeitslosen um 1,4 Prozent oder 894 Personen auf 65.446 arbeitslos gemeldete Menschen. Vor einem Jahr waren in Ostwestfalen 7,0 Prozent oder 4.299 Menschen weniger arbeitslos gemeldet. Die Arbeitslosenquote stieg um 0,1 Punkte auf 5,7 Prozent. Sie lag damit 0,3 Punkte höher als vor einem Jahr.
In Südwestfalen stieg im Oktober die Arbeitslosigkeit geringfügig um 0,1 Prozent oder 64 Personen im Vergleich zum Vormonat auf nun 43.448 arbeitslos gemeldete Menschen. Vor einem Jahr waren 3.477 Menschen oder 8,7 Prozent weniger arbeitslos gemeldet. Die aktuelle Arbeitslosenquote liegt bei 5,6 Prozent – auf demselben Niveau des Vormonats und 0,4 Punkte über dem Vorjahr.
Im Münsterland sank die Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vormonat um 0,4 Prozent oder 163 Personen auf nun 43.559 arbeitslos gemeldete Menschen. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Arbeitslosigkeit um 5.035 Personen oder 13,1 Prozent. Die Arbeitslosenquote lag bei 4,6 Prozent und damit auf dem Vormonatsniveau. Vor einem Jahr lag die Quote mit 4,1 Prozent 0,5 Punkte unter der aktuellen Größe.
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