„Wir gewinnen viele qualifizierte Potenziale am Arbeitsmarkt, wenn wir es mehr Frauen ermöglichen, länger zu arbeiten“, sagte Roland Schüßler, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit. „Umgekehrt bedeutet das: Gut qualifizierten Frauen mit flexiblen Arbeitszeiten die Möglichkeit zu längeren Arbeitszeiten zu geben, ist einer der wichtigen arbeitsmarktpolitischen Hebel, wenn es darum geht, qualifizierten Arbeits- und Fachkräften zu finden.“
Häufig sind es familiäre Pflichten, die Frauen auf eine Arbeit in Teilzeit einschränken, sagte Schüßler: „Alle Männer und Frauen haben das Recht, in Teilzeit zu arbeiten. Doch nicht alle wollen das. Für die Unternehmen bedeutet das: Als Alternative zur langen Suche nach neuen Mitarbeitenden über einen langen Zeitraum hinweg, gibt es vielleicht auch eine kurzfristigere Lösung, indem man Potenziale im Unternehmen hebt. Vielleicht kann Mitarbeiterinnen, die das wollen, mit einem veränderten Arbeitszeitmodell eine längere Arbeitszeit ermöglicht werden.“
Zwar gibt es keinen Königsweg, keine pauschale Lösung, die sich überall anwenden lässt, sagte Schüßler: „Lösungen können häufig nur individuell sein. Vielleicht genügt es schon, wenn eine Mitarbeiterin morgens eine halbe Stunde später anfangen kann, weil dann die Kita offen ist. Oder sie die Möglichkeit hat, abends von zu Hause aus den Computer noch einmal einzuschalten. Wovon ich überzeugt bin ist: Es lohnt sich, genau zu prüfen, was geht. Und dann ergeben sich möglicherweise individuelle Lösungen, von denen beide Seiten gut profitieren. Die Mitarbeiterin, die durch längere Arbeitszeiten mehr Geld verdienen kann und dabei zum Beispiel auch für ihre Alterssicherung mehr tun kann. Und das Unternehmen, das darauf zählen kann, dass sie ihre Expertise und Kompetenzen als qualifizierte Arbeits- und Fachkräfte nun besser einbringen können. Ich glaube, es ist der richtige Weg, wenn wir die Menschen und ihre persönlichen Rahmenbedingungen mehr in den Mittelpunkt stellen.“
NRW-Arbeitsmarkt: Drei Viertel aller Teilzeitbeschäftigten sind Frauen
Im Juni 2022 gingen in NRW 3.299.942 Frauen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach. Im Vergleich zum Vorjahr war das ein Plus von 69.277 Frauen oder 2,1 Prozent. Zwar sind mit 3.932.899 männlichen Beschäftigten nach wie vor mehr Männer versicherungspflichtig angestellt. Doch ihre Zahl wächst weniger schnell - sowohl anteilig mit 1,7 Prozent als auch absolut mit einem Plus im Jahresvergleich von 67.168 Personen.
Teilzeit ist nach wie vor eine Domäne von Frauen. Von allen Vollzeitbeschäftigten in Nordrhein-Westfalen sind nur ein Drittel, 33,0 Prozent, Frauen; von allen sozialversicherungspflichtigen Teilzeitbeschäftigten sind es mit 76,5 Prozent mehr als drei Viertel.
Zuletzt stagnierte der Anteil der vollzeitbeschäftigten Frauen mit 48,7 Prozent im Juni 2022. In absoluten Zahlen arbeiteten 1.606.484 Frauen in Teilzeit, 46.846 Personen oder 3,0 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. In der Vollzeit nahm die weibliche Beschäftigung im selben Zeitraum um 22.431 Personen oder 1,3 Prozent zu. Mit 1.693.458 Personen waren 51,3 Prozent der Frauen im Juni 2022 sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
Anders bei den Männern: Hier waren lediglich 494.452 Personen oder 12,6 Prozent in Teilzeit beschäftigt. Das waren 25.248 Personen oder 5,4 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. In Vollzeit arbeiteten 3.438.447 Männer oder 87,4 Prozent – ein Plus von 1,2 Prozent oder 41.920 Personen. Der Anteil der in Teilzeit arbeitenden Männer wächst leicht – im Jahresvergleich um 0,5 Punkte oder 25.248 Personen.
Beschäftigungsquote steigt, aber häufiger im Minijob und weiterhin geringere Entgelte
Der Anteil der Frauen mit einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung an der weiblichen Gesamtbevölkerung ist in den vergangenen Jahren weiter gestiegen. So betrug die Beschäftigungsquote von Frauen in NRW 55,7 Prozent – vor einem Jahr waren es noch 0,3 Prozentpunkte weniger.
Zwar sank die Zahl der Minijobberinnen im Vergleich zum Vorjahr um 6.271 Frauen oder 1,0 Prozent. Doch waren mit 643.615 Frauen in NRW weiterhin deutlich mehr Frauen ausschließlich geringfügig beschäftigt als Männer. Im Juni 2022 waren 422.911 Männer ausschließlich in Minijobs beschäftigt. Allerdings stieg ihre Zahl um 3.245 Personen oder 0,8 Prozent.
Nach wie vor erzielen Frauen in NRW geringere Entgelte als Männern. Das Medianentgelt von Arbeitnehmerinnen lag im Dezember 2021 (aktueller Datenstand) bei 3.316 Euro, bei Männern hingegen bei 3.697 Euro. Ein Grund ist, dass Frauen eher im mittleren Fachkraftniveau tätig sind, während Männer häufiger auch höherqualifizierte Tätigkeiten mit einem höheren Verdienst ausüben. Umgekehrt erzielten 25,4 Prozent aller beschäftigten Frauen nur einen Verdienst im unteren Entgeltbereich. Zum Vergleich: Nur 15,3 Prozent der Männer verdienten vergleichbar wenig. Zudem arbeiten Frauen häufiger in Berufen, in denen die Verdienstmöglichkeiten eingeschränkt sind, wie beispielsweise den Gesundheits- und Sozialberufen.
Einen umfangreichen Faktencheck bietet die Broschüre „Frauen am Arbeitsmarkt in NRW“, die die Bundesagentur für Arbeit zum Weltfrauentag am 8. März veröffentlichen wird.
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