„Im April hat die Arbeitslosigkeit in NRW leicht zugelegt“, sagte Roland Schüßler, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit. „Damit fällt im zweiten Jahr in Folge die saisontypische Belebung zum Start des Frühlings schwächer aus. Wie schon im vergangenen Jahr macht sich die für viele Unternehmen konjunkturell angespannte Situation auch am NRW-Arbeitsmarkt bemerkbar. Eine Ausnahme sind junge Menschen unter 25 Jahren, bei denen die Zahl der Arbeitslosen auch im April weiter gesunken ist.“
Eine wesentliche Herausforderung am Arbeitsmarkt sieht Schüßler zudem darin, dass Angebot und Nachfrage nur bedingt zusammenpassen: „Der Arbeitsmarkt ist zweigeteilt. Das erkennt man ganz gut an der Arbeitslosenquote: Während die allgemeine Quote, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unabhängig von ihren Qualifikationen umfasst, im April auf dem Niveau von 7,5 Prozent stehen blieb, lag – über einen längeren Zeitraum betrachtet – die Arbeitslosigkeit bei Fachkräften bei nur 3,4 Prozent. Der steigende Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften ist ein Merkmal des Wandels am Arbeitsmarkt bzw. der Modernisierung in der Wirtschaft, die zu höheren Anforderungen an die Mitarbeitenden führt.“
Das hat Konsequenzen auch für Unternehmen, sagte Schüßler weiter. In vielen Berufen in NRW ist die Personalsuche für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber schwerer, weil sie die passenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht finden. „Dafür müssen wir nicht allein auf die 42 Berufsgruppen sehen, für die manifest Fachkräfteengpässe bestehen. Im Grunde trifft es jedes Berufsbild. Dabei gibt es durchaus auch Potentiale am Arbeitsmarkt, die noch stärker von Unternehmen und Betrieben berücksichtigt werden könnten.“
Die Einstellung von Menschen mit Behinderung ist eines dieser Potentiale, so der Arbeitsmarktexperte: „Darauf möchte ich anlässlich der im April gestarteten Inklusionsinitiative besonders hinweisen. Durch die Entwicklung am Arbeitsmarkt wächst die Bedeutung von Inklusion!“
Denn von den im März bei den Arbeitsagenturen gemeldeten 136.911 offenen Stellen richteten sich 107.956 Stellenangebote an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit einer dualen Ausbildung oder höheren Qualifikationen: „Gleichzeitig haben mehr als 25.000 arbeitsuchende Menschen mit einer abgeschlossenen beruflichen oder akademischen Ausbildung einen Grad der Behinderung. Das zeigt deutlich die starke Rolle, die die Einstellung von Menschen mit einer Behinderung bei der Lösung der Fachkräftepotentiale spielen kann. Diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben in der Regel eine lange Berufserfahrung und sind häufig nur von einer Krankheit zurückgeworfen worden. Auf sie können Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zählen“, so Schüßler.
Dem pflichtet NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann bei:
„Menschen mit Behinderungen haben große Potentiale, von denen Unternehmen profitieren können. Besonders in Zeiten des Arbeitskräftemangels müssen diese Potentiale endlich erkannt werden, denn wir brauchen jede und jeden, um die Herausforderungen der Zeit zu stemmen. Die Nachfrage nach Arbeitskräften am Arbeitsmarkt ist so hoch wie selten zuvor und Inklusion ein wichtiger Baustein beim Weg aus der Fachkräftekrise. Trotzdem haben es arbeitslose Menschen mit Behinderungen nach wie vor schwerer, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Mit der Inklusionsinitiative sagen wir: Das können und wollen wir nicht akzeptieren. Sie ist ein Meilenstein, denn alle Partner bekennen sich erstmals gemeinsam dazu, die Inklusion von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsmarkt zu unterstützen und die Chancen für alle Beteiligten stärker in den Blick zu nehmen.”
Anteilig sind die meisten Menschen mit einer Behinderung in NRW im verarbeitenden Gewerbe beschäftigt, sagt auch Arbeitsmarktexperte Schüßler: „Das sind fast 57.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder 21 Prozent der Beschäftigten, die eine Behinderung haben. In den Industrie- oder Handwerksbetrieben werden sie seit Jahren als Kolleginnen und Kollegen geschätzt. Auch diese Selbstverständlichkeit in vielen Unternehmen zeigt noch einmal gut die Potentiale auf, die sie für einen durch Fachkräfteengpässe geprägten Arbeitsmarkt mitbringen. Ich freue mich, wenn noch mehr Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber dieser Vielzahl an guten Beispielen folgen wollen.“ Von allen Fachkräften mit einer Beeinträchtigung suchten 16,7 Prozent einen Beruf aus dem Bereich der Unternehmensorganisation, also zum Beispiel als Industriekaufleute. 1.234 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer suchten eine Stelle im Bereich der Gebäude- und versorgungstechnischen Berufe, wozu unter anderem auch Anlagenmechaniker Sanitär- und Heizung gehören. Eine weitere starke Gruppe ist die der Maschinenbauer und Industriemechaniker.
Die Agenturen für Arbeit und Jobcenter stellen gemeinsam mit den Landschaftsverbänden, den Integrationsfachdiensten und auch den Einheitlichen Anlaufstellen für Arbeitgebende ein breites Angebot an individuellen Beratungsmöglichkeiten und teils umfangreicher individueller Unterstützung und Förderung bereit, darunter auch technischer Hilfsmittel.
Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung
Landesweit waren im April 743.074 Menschen arbeitslos gemeldet. Das waren 5,0 Prozent oder 35.408 Personen mehr als vor einem Jahr im April. Die Arbeitslosigkeit stieg im Vergleich zum Vormonat leicht um 0,4 Prozent oder 2.692 Arbeitslose. Saisonüblich ist ein Rückgang der Arbeitslosigkeit im April. Die Arbeitslosenquote blieb auf dem Niveau des Vormonats bei 7,5 Prozent. Sie lag damit um 0,3 Prozentpunkte über dem Vorjahresmonat.
In der Personengruppe junger Menschen unter 25 Jahren sank die Arbeitslosigkeit wie für die Jahreszeit üblich. Hier sank die Zahl arbeitslos gemeldeter Menschen um 0,9 Prozent oder 542 Personen auf nun 61.864 junge Arbeitslose. In allen anderen Personengruppen stieg die Arbeitslosigkeit landesweit leicht: Bei den Männern um 0,3 Prozent oder 1.327 Personen auf 409.177 männliche Arbeitslose. Bei den Frauen stieg die Arbeitslosigkeit um 0,4 Prozent oder 1.365 Personen auf 333.897 arbeitslose Frauen. In der Altersklasse über 50 Jahren nahm die Zahl der Arbeitslosen um 0,9 Prozent oder 2.289 Personen auf 251.366 Arbeitslose zu. Die Zahl ausländischer Arbeitsloser stieg um 0,6 Prozent oder 1.730 Personen auf 297.709 Menschen.
Der Anstieg der Arbeitslosigkeit entfiel ausschließlich auf den Aufgabenbereich der Jobcenter, dem Bürgergeld bzw. der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II). Hier legte die Arbeitslosigkeit um 3.339 Personen bzw. 0,6 Prozent zu. Das waren 3,0 Prozent oder 15.477 Menschen mehr als vor einem Jahr.
Im Aufgabenbereich der Agenturen für Arbeit, dem Arbeitslosengeld, bezogen im April 217.016 Menschen Arbeitslosengeld. Das waren 647 Personen oder 0,3 Prozent weniger als vor einem Monat, aber 19.931 Menschen oder 10,1 Prozent mehr als vor einem Jahr.
Eine gegenläufige Entwicklung gab es im April in der Unterbeschäftigung. Sie sank um 1.386 Personen oder 0,1 Prozent auf 957.737 Menschen, die landesweit als unterbeschäftigt galten. Die Unterbeschäftigung setzt sich zusammen aus der Zahl der Menschen, die arbeitslos gemeldet sind und denjenigen, die Arbeitslosengeld oder Bürgergeld erhalten, dem Arbeitsmarkt jedoch nicht zur Verfügung stehen und daher nicht als arbeitslos gelten. Das kann zum Beispiel sein, wenn sie an einer abschlussorientierten Fördermaßnahme teilnehmen. Als unterbeschäftigt, aber nicht arbeitslos galten im April 214.663 Personen. Zählt man die Zahl der arbeitslos gemeldeten Menschen hinzu, erhält man die gesamte Unterbeschäftigung: Im Vergleich zum Vorjahr waren in NRW im April landesweit 25.087 Personen oder 2,7 Prozent mehr unterbeschäftigt.
Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung
Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten liegt in NRW weiterhin auf höchstem Niveau. Im Februar, dem aktuellen Datenstand für die Beschäftigung, waren 7.322.300 Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Das waren 0,1 Prozent oder 4.600 Personen mehr als einen Monat zuvor. Die Zunahme von Januar auf Februar ist saisonüblich. Damit waren in NRW im Februar 34.300 Menschen oder 0,5 Prozent mehr in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis gemeldet als vor einem Jahr.
Zum Vergleich: Vor zehn Jahren, im Februar 2014, lag die Zahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit einem sozialversicherungspflichtigen Job bei 6.249.614 Personen und damit fast 1,1 Millionen Beschäftigte niedriger.
Ein näherer Blick auf die Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zeigt, dass die Beschäftigung in NRW im vergangenen Jahr rechnerisch aufgrund der Erwerbsbeteiligung von ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gewachsen ist. Von Oktober 2022 bis Oktober 2023 (aktuelle Zahlen für Staatsangehörigkeiten) ist die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in NRW insgesamt um 45.323 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gestiegen. Im selben Zeitraum hat sich die Zahl ausländischer Beschäftigter um 59.416 Personen auf 1.102.338 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte erhöht. Im Gegenzug ist – vor allem aus demografischen Gründen – die Zahl der deutschen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in NRW um 14.092 Personen zurückgegangen. Den größten Anteil am Wachstum haben Angehörige von Drittstaaten mit 50.404 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten. Die übrigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stammen aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) und der Schweiz.
Vor allem qualifizierte Arbeitskräfte gesucht
Im April waren bei den Arbeitsagenturen 136.911 offenen Stellen gemeldet. Das waren 569 oder 0,4 Prozent weniger als einen Monat zuvor. Vor zwölf Monaten waren bei den Arbeitsagenturen in NRW 12.454 oder 8,3 Prozent offene Stellen mehr gemeldet. 25.114 Stellen wurden im April neu bei den Arbeitsagenturen gemeldet.
Der Arbeitsmarkt in NRW ist zweigeteilt: Die Unternehmen suchen vor allem qualifizierte Arbeitskräfte. Die Mehrzahl der arbeitslosen Bewerberinnen und Bewerber verfügt jedoch nur über geringe Qualifikationen.
In den Agenturen für Arbeit und den Jobcentern waren im April 79.802 offene Stellen für Fachkräfte auf dem Niveau der dualen Berufsausbildung gemeldet. Das waren 58,3 Prozent aller angezeigten offenen Stellen. Diesen standen 197.159 arbeitslose Fachkräfte gegenüber. Auf 100 offene Stellen für qualifizierte Fachkräfte mit einer abgeschlossenen dualen Berufsausbildung kamen damit rein statistisch im April 247 Bewerberinnen und Bewerber.
Das Angebot offener Stellen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ohne (aktuelle) Ausbildung ist deutlich kleiner: 28.931 Stellen oder mit 21,1 Prozent nur wenig mehr als ein Fünftel aller Arbeitsangebote waren im April für Helfertätigkeiten ausgeschrieben, also für an- und ungelernte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Ohne eine (aktuelle) Ausbildung arbeitslos gemeldet waren 424.490 Menschen. Das waren mit 57,1 Prozent mehr als die Hälfte aller Arbeitslosen. Auf 100 offene Stellen für Helferinnen und Helfer 1.467 Bewerberinnen und Bewerber ohne Ausbildung.
Nicht berücksichtigt wird bei der statistischen Betrachtung, ob Angebot und Nachfrage auch räumlich und inhaltlich zueinander passen, also die gesuchten Berufe und die angebotenen zueinander passen oder Angebot und Nachfrage auch in derselben Region liegen.
Ukrainische Kriegsgeflüchtete in NRW
Seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges im Februar 2022 konnten viele der nach Deutschland geflohenen Ukrainerinnen und Ukrainer eine Beschäftigung in NRW aufnehmen.
Im Februar 2024 – dem aktuellen Datenstand für die Beschäftigung – arbeiteten in NRW 40.900 Ukrainerinnen und Ukrainer. Das waren 29.200 ukrainische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mehr als vor dem Beginn des Krieges.
Sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren 31.200 Ukrainerinnen und Ukrainer. Seit Beginn des Krieges stieg damit die Zahl der sozialversicherungspflichtigen ukrainischen Beschäftigten um rund 21.200 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Arbeitslos gemeldet waren im April in NRW 43.260 ukrainische Staatsangehörige. Das waren 41.326 mehr als vor dem Beginn des Krieges im Februar 2022.
Der Arbeitsmarkt in den NRW-Regionen im April
Die Entwicklung der Arbeitslosigkeit zeigte sich in NRW landesweit vergleich. Während im Ruhrgebiet die Zahl der Arbeitslosen auf dem Niveau des Vormonats geblieben ist, stieg sie am stärksten im Bergischen Land.
Im Ruhrgebiet waren statistisch 18 Menschen mehr arbeitslos als vor einem Monat. Mit 250.947 Arbeitslosen waren im April 6.242 Personen oder 2,6 Prozent mehr arbeitslos gemeldet als vor einem Jahr. Die Quote lag im abgelaufenen Monat bei 10,1 Prozent – auf dem selben Niveau wie vor einem Monat und 0,1 Punkte über dem Stand von vor zwölf Monaten.
In Ostwestfalen-Lippe stieg die Zahl der arbeitslos gemeldeten Männer und Frauen im April um 0,2 Prozent oder 175 Personen auf 70.663 arbeitslos gemeldete Menschen. Vor einem Jahr waren in Ostwestfalen 10,1 Prozent oder 6.462 Menschen weniger arbeitslos gemeldet. Die Arbeitslosenquote stieg im Vergleich zum Vormonat um 0,1 Punkte auf 6,2 Prozent. Vor einem Jahr lag sie um 0,6 Punkte niedriger.
In Südwestfalen stieg die Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vormonat um 0,3 Prozent oder 133 Personen auf nun 46.526 Arbeitslose. Vor einem Jahr waren 3.601 Menschen oder 8,4 Prozent weniger arbeitslos gemeldet. Die aktuelle Arbeitslosenquote liegt bei 6,0 Prozent – und bleibt damit auf dem Niveau des Vormonats. Vor einem Jahr lag sie um 0,5 Punkte niedriger.
Im Münsterland stieg die Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vormonat um 0,4 Prozent oder 205 Personen auf 46.492 arbeitslos gemeldete Menschen. Das waren 4.973 Personen oder 12,0 Prozent mehr als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote blieb im Vergleich zum Vormonat bei 4,9 Prozent. Vor einem Jahr lag die Quote 0,5 Punkte niedriger.
Im Rheinland waren im April im Vergleich zum Vormonat mit 257.446 Arbeitslosen 1.314 Personen oder 0,5 Prozent mehr arbeitslos. Vor einem Jahr lag die Arbeitslosigkeit um 12.450 Personen oder 5,1 Prozent niedriger. Die Quote blieb auf dem Vormonatsniveau bei 7,3 Prozent. Vor zwölf Monaten betrug sie 7,0 Prozent.
Im Bergischen Land waren im April 847 Menschen oder 1,2 Prozent mehr arbeitslos gemeldet als einen Monat zuvor. Mit 71.000 Arbeitslosen waren 1.680 Personen oder 2,4 Prozent mehr arbeitslos gemeldet als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote nahm um 0,1 Punkte auf 7,2 Prozent zu. Vor einem Jahr lag sie bei 7,1 Prozent.
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