„Der Arbeitsmarkt in Nordrhein-Westfalen bleibt weiterhin robust, trotz der Herausforderungen, vor denen viele Wirtschaftsbetriebe stehen“, sagte Dirk Strangfeld, Geschäftsführer Arbeitsmarktmanagement der Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit. „Die Entwicklung im aktuell abgelaufenen Monat entspricht ziemlich genau dem durchschnittlichen Anstieg um rund 2.500 Personen, der für die Arbeitslosigkeit im Dezember in den Jahren vor der Covid-Pandemie üblich war. Das zeigt auch, dass der Arbeitsmarkt sich im Jahr 2023 im Vergleich zu den drei von der Covid-Pandemie stark geprägten Jahre 2020, 2021, 2022 weitgehend normalisiert hat. Doch, das muss man auch sagen, unter wirtschaftlich schwierigeren Bedingungen als es sie in den Boomjahren vor der Pandemie gab.“
Die zentrale Herausforderung für Menschen, die eine neue Arbeit suchen, sei die geringe Dynamik am Arbeitsmarkt, sagte Strangfeld weiter: „In den vergangenen zwölf Monaten lag die Arbeitslosenquote neun Mal bei 7,2 Prozent. Das ist sehr ungewöhnlich und ein Symptom für die geringe Bewegung am Arbeitsmarkt. Zu den Folgen der derzeit krisenhaften wirtschaftlichen Entwicklung gehören zwar keine Massenentlassungen. Aber es finden andererseits deutlich weniger Menschen eine neue Arbeit. Die Unternehmen und Betriebe behalten zwar trotz wirtschaftlicher Herausforderungen und manchmal auch aus ihrer Substanz heraus ihre Beschäftigten, stellen aber gleichzeitig deutlich weniger Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als in den vorhergehenden Jahren neu ein.“ Im Ganzen führe das zu einem leichten Anstieg der Arbeitslosigkeit.
„Wenn wir auf die aktuellen Zahlen für den Dezember blicken“, sagte der Arbeitsmarktexperte weiter, „fällt eines besonders ins Auge, das ein Anlass zur Freude ist: Aktuell absolvieren 48.719 Menschen ein gefördertes berufliches Weiterbildungsangebot. Das sind rund fünf Prozent oder 2.225 Menschen mehr als noch vor einem Jahr zur selben Zeit. Darüber freue ich mich sehr, denn das zeigt, dass wir die Menschen sowohl mit unserer Beratung, aber auch mit unseren Förderangeboten erreichen! Das ist wichtig, da es das größte Risiko am aktuellen Arbeitsmarkt ist, arbeitslos zu werden und dann aufgrund fehlender Qualifikationen keine neue Stelle zu finden. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die deshalb auf eine berufliche Weiterbildung setzen – ob in der Arbeitslosigkeit oder als Beschäftigte – tun genau das Richtige, sorgen für sich selbst vor und unterstützen damit auch langfristig die positive Entwicklung nicht nur am Arbeitsmarkt, sondern auch in der Wirtschaft in NRW.“ Denn Fachkräfte, sagte Strangfeld weiter, seien nach wie vor von der Wirtschaft umworben und die Fachkräftesicherung eine der großen Aufgaben der nahen Zukunft: „Der Fachkräftebedarf bleibt. Das sehen wir auch daran, dass die Zahl der Beschäftigten in NRW kontinuierlich wächst. Zwar nur in kleinen Schritten, aber ausreichend dafür, dass wir im Herbst mit fast 7,4 Millionen einen neuen historischen Höchststand bei den versicherungspflichtig Beschäftigten in NRW hatten.“
Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung
Im Dezember ist die Arbeitslosigkeit in NRW im Vergleich zum Vormonat um 2.576 Personen oder 0,4 Prozent auf 711.164 arbeitslos gemeldete Menschen gestiegen. Das entsprach der durchschnittlichen Entwicklung der Arbeitslosigkeit in einem Dezember in den zehn Jahren vor der Covid-Pandemie. In den drei Jahren der Pandemie 2020 bis 2022 kam es aufgrund von Sondereffekten zu abweichenden Entwicklungen bei der Zahl der Arbeitslosen. In dieser Zeit wurden viele Einstellungen im Herbst und im beginnenden Winter nachgeholt, die insbesondere in den Monaten der Lockdowns ausgebliebenen waren. 2022 war der Arbeitsmarkt zudem geprägt von der Aufnahme ukrainischer Geflüchteter nach dem Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine.
Die Arbeitslosenquote blieb im Dezember auf dem Niveau der Vormonate bei 7,2 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahresmonat stieg sie um 0,3 Punkte. Das entsprach in absoluten Zahlen einem Anstieg der Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vorjahr um 36.126 Personen oder 5,4 Prozent.
Wie schon in den vorhergehenden Monaten entwickelten sich die Arbeitsmärkte für Männer und Frauen leicht unterschiedlich. Während die Zahl der arbeitslosen Frauen leicht um 1.024 Personen oder 0,3 Prozent auf 322.371 Arbeitslose zurückging, stieg sie bei den Männern leicht um 0,9 Prozent oder 3.600 Personen auf 388.793 arbeitslos gemeldete Personen. Grund dafür ist die unterschiedliche Entwicklung der Branchen, in denen Männer und Frauen in der Regel eine Beschäftigung aufnehmen. Frauen arbeiten vor allem in den Dienstleistungen wie etwa dem Handel, Männer finden eher in produzierenden Berufen einen neuen Job. Hier sind die Folgen der konjunkturell schwierigen wirtschaftlichen Entwicklung deutlicher zu spüren als in den Dienstleistungsberufen. Unternehmen im produzierenden Bereich zögern daher eher mit der Einstellung neuer Mitarbeitenden. Vor einem Jahr waren im Dezember 25.007 Männer oder 6,9 Prozent sowie 11.119 Frauen oder 3,6 Prozent weniger arbeitslos gemeldet. Diese Entwicklung spiegelt auch die Arbeitslosenquote nach Geschlechtern wider: Bei den Männern stieg die Quote um 0,1 Prozent, während sie bei den Frauen bei 7,0 Prozent blieb. Vor einem Jahr lag die Quote der Frauen um 0,2 Punkte, die der Männer um 0,4 Punkte niedriger.
Die Arbeitslosigkeit entwickelte sich in den beiden sogenannten Rechtskreisen im Dezember uneinheitlich. Im Bereich der Arbeitslosenversicherung nach dem Sozialgesetzbuch III (SGB III), dem Aufgabenbereich der Arbeitsagenturen, stieg dabei die Arbeitslosigkeit stärker. Im Vergleich zum Vormonat stieg ihre Zahl um 3.083 Personen oder 1,5 Prozent auf nun 202.566 arbeitslos gemeldete Menschen. Vor einem Jahr waren im SGB III 12,3 Prozent oder 22.228 Personen weniger arbeitslos gemeldet.
Im Bereich des Bürgergeldes, der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II), dem Aufgabenbereich der Jobcenter, sank die Arbeitslosigkeit im Dezember um 0,1 Prozent oder 507 Personen. Im Vergleich zum Vorjahr waren im SGB II mit 508.598 Personen 2,8 Prozent oder 13.898 Menschen mehr arbeitslos.
Einen leichten Anstieg gab es im Dezember auch in der Unterbeschäftigung in NRW. Die Unterbeschäftigung setzt sich zusammen aus der Zahl der Menschen, die arbeitslos gemeldet sind und denjenigen, die Arbeitslosengeld oder Bürgergeld erhalten, dem Arbeitsmarkt jedoch nicht zur Verfügung stehen und daher nicht als arbeitslos gelten. Das kann zum Beispiel sein, wenn sie an einem geförderten beruflichen Weiterbildungsangebot teilnehmen. Als unterbeschäftigt, aber nicht arbeitslos galten im Dezember 223.364 Personen. Zählt man die Zahl der arbeitslos gemeldeten Menschen hinzu, erhält man die gesamte Unterbeschäftigung: Landesweit galten im Dezember 934.528 Menschen als unterbeschäftigt. Das waren 2.925 Personen oder 0,3 Prozent mehr als einen Monat zuvor. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl unterbeschäftigter Menschen um 31.490 Personen oder 3,5 Prozent.
Erneut neuer Höchststand sozialversicherungspflichtig Beschäftigter
Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten hat im Oktober, dem aktuellen Datenstand für die Beschäftigung, um 0,1 Prozent oder 7.800 Beschäftigte zugelegt. Auch wenn das nur ein sehr leichter Anstieg im Vergleich zum Vormonat war, entsprach die dadurch erreichte Zahl von 7.384.800 sozialversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einem neuen historischen Höchststand für NRW. Das waren 44.300 Personen oder 0,6 Prozent mehr als vor einem Jahr im Oktober. Vor zehn Jahren lag die Zahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit einem sozialversicherungspflichtigen Job im Oktober bei 6.315.279 Personen – also um über 1,0 Millionen Beschäftigte niedriger.
Vor allem qualifizierte Arbeitskräfte gesucht
Rückläufig war im Dezember die Nachfrage nach Arbeitskräften. Bei den Arbeitsagenturen waren 138.928 Stellen gemeldet. Das waren 3.580 Stellen oder 2,5 Prozent weniger als einen Monat zuvor. Vor einem Jahr gab es 14.166 oder 9,3 Prozent mehr offene Stellen. Von Unternehmen neu gemeldet wurden im Dezember 24.748 Stellen. Das waren 3.240 bzw. 11,6 Prozent weniger als ein Jahr zuvor.
Weiterhin suchen Unternehmen in NRW vor allem qualifizierte Arbeitskräfte. In den Agenturen für Arbeit und den Jobcentern waren im Dezember 80.568 offene Stellen für Fachkräfte auf dem Niveau der dualen Berufsausbildung gemeldet. Das waren 58,0 Prozent aller angezeigten offenen Stellen. Diesen standen 185.280 arbeitslose Fachkräfte gegenüber. Auf 100 offene Stellen für qualifizierte Fachkräfte mit einer abgeschlossenen dualen Berufsausbildung kamen damit rein statistisch im Dezember 230 Bewerberinnen und Bewerber.
Für Menschen ohne aktuelle Ausbildung ist das Angebot deutlich geringer: 30.468 Stellen oder 21,9 Prozent aller Arbeitsangebote waren für Helfertätigkeiten ausgeschrieben, also für an- und ungelernte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Ohne eine aktuelle Ausbildung arbeitslos gemeldet waren 402.888 Menschen. Dabei kamen auf 100 offene Stellen für Helferinnen und Helfer 1.322 Bewerberinnen und Bewerber.
Nicht berücksichtigt wird bei der statistischen Betrachtung, ob Angebot und Nachfrage auch räumlich und inhaltlich zueinander passen, also die gesuchten Berufe und die angebotenen Stellen zueinander passen oder Angebote und Nachfrage auch in derselben Region liegen. Die Unterschiede von Region zu Region sind dabei erheblich. Kommen im Ruhrgebiet auf 2.130 Arbeitslose auf Helferniveau 100 Arbeitsangebote, und auf 305 Bewerberinnen und Bewerber mit einer Ausbildung als Fachkraft 100 offene Stellen, sind die Chancen im Münsterland für Menschen auf Jobsuche ungleich besser: Hier kommen auf 565 Menschen auf Helferniveau auf 100 Stellen für eine neue Beschäftigung, zudem kommen auf 100 Jobangebote für ausgebildete Fachkräfte nur 109 Bewerberinnen und Bewerber.
Ukrainische Kriegsgeflüchtete in NRW
Seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine am 24. Februar 2022 sind zahlreiche ukrainische Staatsangehörige vor der Kriegsgewalt nach Deutschland geflohen. Für alle geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainer besteht seit dem 1. Juni 2022 die Möglichkeit, einen Antrag auf Grundsicherung für Arbeitsuchende, seit dem 1. Januar 2023 für das Bürgergeld zu stellen.
In NRW waren im Dezember 41.176 ukrainische Staatsangehörige arbeitslos gemeldet. Das waren 465 Personen weniger als vor einem Jahr. Vergleicht man die aktuelle Arbeitslosigkeit von Ukrainerinnen und Ukrainern mit der vom Februar 2022, erhält man ungefähr die Zahl der Menschen, die nach dem russischen Überfall (im Februar 2022) nach NRW geflohen sind und nun arbeitslos sind: Im Februar 2022 waren 1.934 Ukrainerinnen und Ukrainer in NRW arbeitslos gemeldet. Damit sind ungefähr 38.800 geflüchtete ukrainische Staatsangehörige derzeit in NRW arbeitslos.
Die Beschäftigung von Ukrainerinnen und Ukrainern in NRW kann mit einer Wartezeit von zwei Monaten auf Grundlage einer Hochrechnung angegeben werden. Im Oktober 2023 waren nach dieser Hochrechnung in NRW 38.600 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus der Ukraine beschäftigt. 29.700 davon in einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung. Geringfügig waren 8.900 Personen beschäftigt.
Auch die Zahl der geflohenen Ukrainerinnen und Ukrainer, die eine Arbeit in NRW aufnehmen konnten, ergibt sich aus der Gegenüberstellung mit den Zahlen vom Februar 2022, dem Monat des russischen Überfalls auf die Ukraine. Damals waren in NRW 11.702 Ukrainerinnen und Ukrainer beschäftigt, davon 9.975 sozialversicherungspflichtig und 1.727 geringfügig. Damit arbeiteten im Oktober 2023 rund 26.900 ukrainische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mehr in NRW als vor dem Beginn des Krieges, davon rund 19.700 in einer sozialversicherungspflichtigen Anstellung.
Der Arbeitsmarkt in den NRW-Regionen im Dezember
Im Vergleich zum Vormonat zeigt sich in den Landkreisen und kreisfreien Städten in NRW ein uneinheitliches Bild. Während zum Beispiel im Rhein-Erftkreis die Arbeitslosigkeit um 2,0 Prozent oder im Kreis Mettmann um 1,6 Prozent sank, stieg sie im Hochsauerlandkreis um 3,6 Prozent oder in Gütersloh um 3,3 Prozent.
Im Bergischen Land waren im Dezember 356 Menschen oder 0,5 Prozent weniger arbeitslos gemeldet, als einen Monat zuvor. Mit 67.704 Arbeitslosen waren 2.465 Personen oder 3,8 Prozent mehr arbeitslos gemeldet als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote blieb bei 6,9 Prozent. Vor einem Jahr lag sie bei 6,7 Prozent.
Im Ruhrgebiet sank die Zahl der arbeitslos gemeldeten Menschen im Vergleich zum Vormonat um 84 Personen. Mit 243.663 Arbeitslosen waren im Dezember 8.296 Personen oder 3,5 Prozent mehr arbeitslos gemeldet als vor einem Jahr. Die Quote lag im abgelaufenen Monat bei 9,8 Prozent und damit auf dem Vormonatsniveau. Vor zwölf Monaten lag sie 0,2 Punkte niedriger.
Im Rheinland stieg die Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vormonat leicht um 507 arbeitslos gemeldete Menschen oder 0,2 Prozent auf 244.700 Arbeitslose. Vor einem Jahr lag die Arbeitslosigkeit um 11.300 Personen oder 4,8 Prozent niedriger. Die Quote blieb bei 6,9 Prozent. Vor zwölf Monaten lag sie bei 6,7 Prozent.
In Südwestfalen stieg die Arbeitslosigkeit im aktuellen Dezember um 1,4 Prozent oder 607 Personen im Vergleich zum Vormonat. Insgesamt waren 44.312 Menschen arbeitslos gemeldet. Vor einem Jahr lag die Arbeitslosigkeit um 3.965 Personen oder 9,8 Prozent niedriger. Die aktuelle Arbeitslosenquote liegt bei 5,7 Prozent – 0,1 Punkte über dem Vormonat und 0,5 Punkte über dem Vorjahr.
Im Münsterland stieg die Arbeitslosigkeit um 1,6 Prozent oder 709 Personen im Vergleich zum Vormonat. Arbeitslos gemeldet waren insgesamt 44.238 Menschen, das waren im Vergleich zum Vorjahr 4.707 Personen oder 11,9 Prozent mehr. Die Arbeitslosenquote lag bei 4,7 Prozent und damit 0,1 Punkte über dem Vormonat. Vor einem Jahr lag die Quote mit 4,2 Prozent 0,5 Punkte darunter.
In Ostwestfalen-Lippe stieg die Zahl der Arbeitslosen im Dezember im Vergleich zum Vormonat um 1,8 Prozent oder 1.193 Personen auf 66.547 arbeitslos gemeldete Menschen. Vor einem Jahr waren in Ostwestfalen 8,8 Prozent oder 5.393 Menschen weniger arbeitslos gemeldet. Die Arbeitslosenquote stieg im Vergleich zum Vormonat um 0,1 Punkte auf 5,8 Prozent, lag aber ein Jahr zuvor um 0,4 Punkte niedriger.
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