2024 hat das Interesse an einer dualen Berufsausbildung bei jungen Menschen zugenommen. Die Arbeitsagenturen meldeten ein Plus von 2,3 Prozent und insgesamt 102.189 Bewerberinnen und Bewerber. Der Zuwachs geht auf das wachsende Interesse Jugendlicher mit ausländischer Staatsangehörigkeit zurück. Gleichzeitig sank die Zahl gemeldeter Ausbildungsstellen. Bei den Arbeitsagenturen wurden 102.069 betriebliche Stellen gemeldet – das waren 3,8 Prozent weniger als im Vorjahr.
Die Aktivitäten und das Engagement aller Ausbildungsmarktpartner in der Berufsorientierung zeigen erfreulicherweise bei den Bewerberzahlen Wirkung. Die Gleichzeitigkeit von aktuellem Fachkräftebedarf und der die Situation verschärfenden demografischen Entwicklung auf der einen Seite sowie die schwierige konjunkturelle Lage zeigen die komplexe Situation. Hinzu kommt die Veränderung der Berufe durch Digitalisierung und ein geändertes Berufswahlverhalten.
Ralf Stoffels, Präsident der Industrie- und Handelskammern NRW
„Fachkräfte sind das Rückgrat und entscheidend für den Erfolg unseres Wirtschaftsstandortes. Angesichts des demografischen Wandels und der Transformation in vielen Branchen ist die Nachfrage nach qualifiziertem Nachwuchs groß. Für junge Menschen, ob mit einem ersten Schulabschluss oder Abitur, ist dies die beste Gelegenheit, den Grundstein für eine erfolgreiche berufliche Zukunft zu legen. Die duale Ausbildung bietet nicht nur gute Karrierechancen, sondern eröffnet auch Wege zur Weiterqualifikation bis zum Master Professional. Es gibt noch freie Ausbildungsplätze in ganz Nordrhein-Westfalen – eine Bewerbung lohnt sich nach wie vor – hierbei stehen Ihnen die Industrie- und Handelskammern in NRW mit Beratungs- und Ausbildungsangeboten zur Seite.“
Andreas Oehme, Geschäftsführer des Westdeutschen Handwerkskammertags
„Die Ausbildungssituation im Handwerk ist stabil. Das Handwerk ist stark gefragt - auch dieses Jahr werden aller Erwartung nach wieder rund 28.000 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen. Das Handwerk sucht deutlich mehr Auszubildende als es derzeit gewinnen kann. Auch jetzt und bis Oktober können noch Ausbildungsverträge abgeschlossen werden.
Es muss sehr viel deutlicher werden, dass Menschen mit einer Ausbildung im Handwerk sehr gefragt bleiben - weltweit. Sie haben beste Chancen auf eine gut planbare Karriere bis zu den Abschlüssen Bachelor Professional und Master Professional. Beide Abschlüsse sind, ohne Hochschulbesuch, als Fortbildung im Handwerk zu erwerben.“
Bernd Zimmer, Vorsitzender Freie Berufe NRW
„Freie Berufe stellen einen bedeutenden Teil der Ausbildungsplätze in NRW zur Verfügung. Im Ausbildungsjahr 2023/2024 konnten wir im Vergleich zum Vorjahr stabile Ausbildungszahlen verzeichnen. Hierzu trägt nicht zuletzt das duale Ausbildungssystem bei, das jungen Menschen in den Freien Berufen nach dem Abschluss einen sicheren Berufseinstieg und vielfältige Aufstiegsmöglichkeiten bis hin zum akademischen Abschluss eröffnet.
Ein weiterer Faktor ist das Thema gelingender Integration. Unsere Ausbildungsgänge überwinden mögliche Sprachbarrieren, da in den Freien Berufen Kommunikation essentieller Teil aller Tätigkeiten ist und darüber gesellschaftliches Zusammenwachsen fördert. So wie es dem Selbstverständnis der Freien Berufe entspricht: Vertrauen gewinnen, eigenverantwortlich und respektvoll handeln und darüber einen Beitrag zur Gestaltung der Gesellschaft leisten“.
Roland Schüßler, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit:
„Aufgrund der Komplexität am Ausbildungsmarkt müssen wir immer wieder neue Wege gehen. Wir haben als Partner zusammen viele gute Strukturen und viele gute Aktivitäten, die wir ständig weiterentwickeln müssen.
Positiv ist, dass das Interesse an einer dualen Ausbildung bei jungen Menschen weiter steigt. Darüber freue ich mich sehr. Dabei beruht das Plus vor allem auf Jugendlichen mit ausländischer Staatsangehörigkeit, die sich in NRW einbringen wollen und eine Ausbildung als den für sie dazu passenden Weg ansehen. Aber auch viele Jugendliche mit einem Hauptschulabschluss oder an den Berufskollegs suchen noch und würden gerne mit einer Ausbildung in ihr Berufsleben starten.
Allerdings haben wir in NRW nach wie vor eine sehr ungleiche Verteilung von Angebot und Nachfrage. Für uns als Partner am Ausbildungsmarkt beinhaltet das die Herausforderung, vor Ort gute Wege zu finden, wie das wachsende Interesse junger Menschen als wertvolles Kapital gepflegt und gefördert werden kann. Wir müssen uns fragen, wie wir diese jungen Menschen so unterstützen und dafür Sorge tragen können, dass sie auch bei etwas ungünstigeren Bedingungen in Ausbildung kommen.
Zudem sehe ich die präventive Aufgabe, ebenfalls neue Wege zu gehen, um auch junge Menschen zu erreichen und ihre Kompetenzen sichtbar zu machen, die ihr Zeugnis nicht abbildet - die sprachlich vielleicht noch Hürden zu überwinden haben oder deren Lebensweg bislang nicht geradlinig verlaufen ist. Auch Ihnen müssen wir es möglich zu machen, dass sie einen guten Start in ein qualifiziertes Berufsleben schaffen.“
Vielfach haben sich die Berufsfelder im Zuge der technologischen Modernisierung der Wirtschaft gewandelt. Bewerberinnen und Bewerber, zum Beispiel aber auch ihre Eltern als wichtige Beraterinnen und Berater benötigen gute Informationen, Orientierung und Beratung, damit die Wahl des passenden Berufseinstiegs gelingt. Eine umso wichtigere Rolle spielt die Berufsorientierung, darin sind sich alle Partner einig.
Zu den Herausforderungen gehört unter anderem eine regional unterschiedliche Verteilung von Angebot und Nachfrage. In elf von 53 Kreisen und kreisfreien Städten gilt der Ausbildungsmarkt als ausgeglichen. In 18 Kommunen gibt es mehr Angebote als Bewerberinnen und Bewerber, in den übrigen 24 liegt die Zahl der angebotenen Stellen darunter.
Der Ausbildungsmarkt im August 2024 in Zahlen. Regionale und lokale Unterschiede fallen deutlich aus
Bis Ende August meldeten Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber bei den Agenturen für Arbeit in NRW 102.069 betriebliche Berufsausbildungsstellen, insgesamt wurden 103.939 Ausbildungsangebote gemacht. Im Vergleich zum Vorjahr wurden damit bis Ende August 3,8 Prozent oder 4.084 betriebliche Stellen weniger gemeldet.
Zugelegt hat die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber. Mit 102.189 Bewerberinnen und Bewerbern meldeten sich bei den Arbeitsagenturen bis Ende August 2.337 junge Menschen oder 2,3 Prozent mehr als im selben Zeitraum vor zwölf Monaten. Rechnerisch kamen damit Ende August landesweit auf 100 angebotene betriebliche Ausbildungsstellen 100 Bewerberinnen und Bewerber. Im vergangenen Jahr waren es zu diesem Zeitpunkt 94.
Die regionalen Ausbildungsmärkte unterscheiden sich untereinander teils deutlich. So kamen rechnerisch im August im südwestfälischen Olpe auf 100 Ausbildungsstellen 42 Bewerberinnen und Bewerber. Kaum anders sah es auch im münsterländischen Borken aus, wo auf 100 Stellenangebote 50 Bewerberinnen und Bewerber kamen. Keine 50 Kilometer entfernt liegen Gelsenkirchen und Herne. Hier kamen im August auf 100 angebotene Ausbildungsstellen 182 in Gelsenkirchen und 153 Bewerberinnen und Bewerber in Herne. Im benachbarten Bochum liegt dieser sogenannte Bewerberüberhang bei vergleichsweise geringen 107 Bewerberinnen und Bewerbern auf 100 Ausbildungsangeboten. In Mülheim an der Ruhr gab es sogar einen Stellenüberhang bei 90 interessierten Jugendlichen auf 100 Stellen.
Insgesamt gab es im August in 24 Landkreisen oder kreisfreien Städten einen „Überhang“ bei Bewerberinnen und Bewerbern, in 11 Kommunen einen ausgeglichenen Ausbildungsmarkt und in 18 einen Stellenüberhang.
Ausgeglichene Ausbildungsmärkte bieten etwa Köln und Mönchengladbach. Das benachbarte Düren erlebte hingegen 2024 einen deutlichen Bewerberüberhang mit 167 Jugendlichen auf 100 Stellen – der zweithöchste Wert nach Gelsenkirchen. Auch das Bergische Land zeigte sich durchmischt: Kamen in Wuppertal 116 Jugendliche und in Solingen 114 Jugendliche auf 100 Stellen, lag in Remscheid im August ein Stellenüberhang von 70 Jugendlichen auf 100 Stellen vor.
Unbesetzte Stellen – unversorgte Jugendliche
Von den gemeldeten betrieblichen Ausbildungsstellen waren im August noch 30.050 unbesetzt – 2.876 oder 8,7 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Zahl noch unversorgter junger Menschen nahm hingegen zu – im Vergleich zum selben Zeitpunkt vor einem Jahr. Im August vor zwölf Monaten waren 2.660 Personen oder 15,6 Prozent weniger unversorgt. Derzeit suchen noch 19.735 Bewerberinnen und Bewerber einen Ausbildungsplatz für dieses Jahr und haben auch noch keine Alternative wie etwa einen weiteren Schulbesuch oder ein soziales Jahr festgemacht. Rechnerisch kamen auf 100 unbesetzte Stellen landesweit 66 unversorgte Jugendliche.
Weiterhin auf der Suche nach einer Ausbildung, jedoch bereits mit einer konkreten alternativen Vorstellung, falls der Plan nicht aufgeht, waren im August 10.261 Jugendliche. Die Gesamtzahl der Bewerberinnen und Bewerber, die noch keine Ausbildungsstelle gefunden hat, aber weiterhin suchen, liegt damit bei 29.996 jungen Leuten.
Bewerberinnen und Bewerber sowie Azubis aus dem Ausland
Mehr als ein Fünftel aller Bewerberinnen oder Bewerber auf einen Ausbildungsplatz in NRW – 22,3 Prozent oder 22.818 junge Menschen – haben eine ausländische Staatsangehörigkeit. Dabei nimmt die Zahl ausländischer Bewerberinnen und Bewerbern weiter zu, allein im Vergleich zum letzten Jahr um 13,7 Prozent oder 2.750 Jugendliche. Das Plus von 2.337 Bewerberinnen und Bewerben am NRW Ausbildungsmarkt geht auf das wachsende Interesse ausländischer Jugendlicher zurück. Die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber mit einer deutschen Staatsangehörigkeit sank im selben Zeitraum um 0,5 Prozent oder 414 Personen auf 79.370 junge Menschen.
Aus einem Drittstaat stammen 17.616 Bewerberinnen und Bewerber auf eine Berufsausbildung. Von diesen kommen knapp über die Hälfte oder 9.726 Personen aus einem der Asylherkunftsländer. Außerdem finden sich bei den Ausbildungsinteressierten 1.383 junge Menschen aus der Ukraine. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Gruppe junger Menschen aus Asylherkunftsländern um 1.051 Personen oder 12,1 Prozent, die aus der Ukraine um 1.072 Personen angewachsen (2023 gab es nur 311 ukrainische Bewerberinnen und Bewerber). Damit geht das Plus bei den Bewerberinnen und Bewerbern im Ausbildungsvermittlungsjahr 2023/2024 zu 90,8 Prozent auf diese beiden Gruppen zurück.
Dasselbe Bild zeigt sich, wenn man einen Blick auf die jungen Menschen wirft, die bereits in Ausbildung sind. Im Dezember 2023 gab es in NRW 365.160 Menschen, die einer sozialversicherungspflichtigen Ausbildung nachgingen. Die Zahl der Azubi ohne deutschen Pass belief sich dabei auf 47.970 Auszubildende. Das waren 6.870 junge Menschen oder 16,7 Prozent mehr als fünf Jahre zuvor, im Dezember 2018. Im selben Zeitraum von Dezember 2018 bis Dezember 2023 nahm die Zahl der Auszubildenden mit deutscher Staatsangehörigkeit um 2,0 Prozent oder 6.520 Azubis ab.
Top 10 der beliebtesten Berufe bei Schülerinnen und Schülern
Die Top 10 der von Bewerberinnen und Bewerber genannten Berufe unterscheidet sich nur wenig von der des Vorjahres. Die Ausbildung zur Kauffrau bzw. zum Kaufmann für Büromanagement ist weiterhin der beliebteste duale Ausbildungsberuf bei Bewerberinnen und Bewerbern. 6.565 junge Leute gaben diesen Beruf als ihren wichtigsten Ausbildungswunsch an. Um einen Rang in der Beliebtheit ist die Ausbildung zu Kfz-Mechatronikern gestiegen, 5.306 Bewerberinnen und Bewerber sind 668 mehr als vor einem Jahr. Ebenfalls um einen Rang in der Beliebtheit stieg die Ausbildung zu Fachinformatikerinnen bzw. Fachinformatikern Anwendungsentwicklung, 3.116 Bewerberinnen und Bewerber sind 440 mehr als vor einem Jahr. Ein Neuzugang in der Top 10 mit 2.501 Ausbildungswünschen ist die Ausbildung zu Fachinformatikerinnen und Fachinformatikern für Systemintegration.
Top 10 der angebotenen Ausbildungsstellen im August
Bei den angebotenen Stellen legte im Vergleich zum Vorjahr der Ausbildungsberuf Kaufmann/Kauffrau im Einzelhandel um 521 Stellenangebote zu und nimmt damit wieder wie im Vorjahr Rang 1 ein.
Informationen im Internet:
Last-Minute zum Ausbildungsplatz – planet-beruf.de
Check-U – Das Erkundungstool für Ausbildung und Studium – Bundesagentur für Arbeit.
Check-U bietet die Möglichkeit, persönlichen Stärken und Interessen zu testen und herauszufinden, welche Ausbildungen oder Studienfelder dazu passen
Praktikum machen! Welche gibt es und worauf sollte man achten? Bundesagentur für Arbeit.
Informationen zu verschiedenen Praktikumstypen
Über ein Praktikum in die Ausbildung. Die Jobbörse für Praktika – Bundesagentur für Arbeit
Weitere Tipps und Infos zu Praktika gibt es auch bei planet-berufe.de und abi.de
Detailliertere statistische Daten und Grafiken zum Ausbildungsmarkt finden Sie unter https://statistik.arbeitsagentur.de/DE/Navigation/Statistiken/Fachstatistiken/Ausbildungsmarkt/Ausbildungsmarkt-Nav.html.
Ausbildungsatlas NRW: 62 Landkarten zeigen Chancen am NRW-Ausbildungsmarkt.
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