„Die Arbeitslosigkeit ist im Oktober nur gering zurückgegangen. Zu erwarten war mehr, da es sich um den in der Regel zweitstärksten Monat am Arbeitsmarkt handelt. Aktuell sieht es daher so aus, als ob die weiter anhaltende wirtschaftliche Schwächephase den Arbeitsmarkt nach einem Monat Auszeit wieder eingeholt hat“, sagte Roland Schüßler, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit. Das bedeutet aber nicht, dass die Herbstbelebung in diesem Jahr ausfällt. „Maßgeblich konnte allerdings nur der Arbeitsmarkt für junge Menschen unter 25 Jahren den guten Schwung, den es zum Auftakt gab, über den Monatswechsel hinweg mitnehmen. An allen anderen Arbeitsmärkten hat sich kaum etwas getan.“
Im Herbst nehmen viele Absolventen einer betrieblichen und schulischen Ausbildung, die sich in den Sommermonaten vorübergehend arbeitslos gemeldet hatten eine Beschäftigung auf. „Sie sind begehrte, aktuell qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die positive Entwicklung am Arbeitsmarkt für junge Menschen zeigt ganz deutlich, welchen Stellenwert die berufliche Ausbildung hat.“ Mit Blick auf den Ausbildungsmarkt, an dem heute auch Bilanz gezogen wird, nannte Schüßler die berufliche Ausbildung ein „Erfolgsmodell für den Übergangs von der Schule in den Beruf“: „Das erkennen auch viele Jugendliche. Das ist ein Grund, warum wir in diesem Jahr ein Plus bei den Bewerberinnen und Bewerbern haben. Für die Unternehmen ist das eine gute Nachricht.“
Hinter den Jahren mit starker Herbstbelebung bleibt der aktuelle Arbeitsmarkt vor allem bei den Neueinstellungen zurück. „Hauptgrund für die aktuell schwächere Entwicklung der Arbeitslosigkeit ist die Zurückhaltung bei Einstellungen. Die Herbstbelebung verläuft vor allem deshalb schleppend“, sagte Schüßler. Menschen, die einmal arbeitslos geworden sind, bleiben weiterhin eher arbeitslos als in Phasen des konjunkturellen Aufschwungs. Viele offene Stellen werden erst einmal nicht besetzt und die Besetzungsverfahren eingefroren.“ Hinzu kommt, so Schüßler, dass der Arbeitsmarkt zweigeteilt ist: „Wir nennen das ein Mismatch zwischen den Profilen vieler arbeitsloser Menschen und den gemeldeten Stellen auf der anderen Seite. In NRW sind knapp 425.000 Menschen arbeitslos gemeldet, die keine aktuelle Qualifikation haben – und nur rund 31.000 offene Stellen für diese Zielgruppe. Doch die Unternehmen suchen weit häufiger qualifizierte Fachkräfte. Annähernd 80.000 Stellen sind derzeit gemeldet, bei rund 200.000 potentiellen Bewerberinnen und Bewerbern.“ Rechnerisch kommen in NRW auf 100 offene Fachkraftstellen 254 Bewerberinnen und Bewerber, während bei den Menschen ohne Qualifikation sich 1.375 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf 100 Helferstellen bewerben. „Für die Arbeitsagenturen und Jobcenter sind daher die Qualifizierungsangebote für unsere Kundinnen und Kunden ein zentraler Hebel, damit es einfacher wird, einen neuen Job zu finden“.
Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung
Trotz der gestiegenen Arbeitslosigkeit ist in NRW auch die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weiter gestiegen. Im aktuellen Monat lag sie in NRW wieder auf einem historischen Rekordstand. Im August, dem aktuell hochgerechneten Datenstand für die Beschäftigung, waren 7.384.900 Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Damit arbeiteten in NRW im August 80.000 Menschen oder 1,1 Prozent mehr sozialversicherungspflichtig als im Vormonat. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren, im August 2014, lag die Zahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit einem sozialversicherungspflichtigen Job noch rund eine Million Beschäftigte niedriger.
„Insgesamt ist die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in NRW weiter gestiegen. Noch nie waren zu diesem Zeitpunkt so viele Menschen in Arbeit“, sagte Arbeitsmarktexperte Schüßler. „Doch darunter sehen wir Bewegungen in beide Richtungen. Das verarbeitende Gewerbe hat Stellen abgebaut. Im Vergleich zum Vorjahr arbeiten in den Industriebetrieben rund 14.300 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weniger. Dabei ging die Zahl der Beschäftigten in der Metall-, Elektro-, und Stahlindustrie um knapp 12.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder 1,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück, in der Kunststoffindustrie um 7.400 Personen oder 2,7 Prozent. Andere Industriezweige wie die Chemie und der Maschinenbau haben jedoch Beschäftigung aufgebaut“. Bei den Dienstleistungen sieht Schüßler das gleiche Bild: „Insgesamt legen sie zum Vorjahr um ein Prozent oder 52.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu. Doch der Handel und die Logistik haben im gleichen Zeitraum die Zahl ihrer Beschäftigten um 5.000 Stellen reduziert.“ Das betrifft, sagt Schüßler weiter, häufig wieder Menschen ohne ausreichende Qualifikation: „Es sind häufig Helferstellen, die nicht besetzt werden. Das sehen wir auch daran, dass die Zeitarbeit ebenfalls deutlich zurückgegangen ist. Dabei gibt sie arbeitslosen Menschen im Helferbereich immer wieder die Möglichkeiten auf eine Beschäftigung und damit auf einen niederschwelligen Einstieg in den Arbeitsmarkt.“
Der nähere Blick auf die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zeigt zudem die wichtige Rolle, die einige Zweige der NRW-Industrie auch bundesweit für den Arbeitsmarkt spielen. 21,1 Prozent aller deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer arbeiten in NRW. Gemessen daran liegt die Industrie mit 19,3 Prozent leicht hinterher. Allerdings spielt NRW bei einigen Schlüsselindustrien eine bedeutende Rolle. Mit 104.634 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern arbeiten 40,9 Prozent aller in Deutschland in der Metallerzeugung und -bearbeitung Beschäftigten – also etwa in der Stahlbranche – in NRW. Noch mehr Menschen arbeiten in NRW in der Weiterverarbeitung von Metall. Doch die 200.537 Beschäftigten entsprechen „nur“ 25,6 Prozent aller Beschäftigten dieser Branche in Deutschland. In der Herstellung von chemischen Erzeugnissen sind es hingegen 29,8 Prozent – oder 101.651 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Weit vorne ist NRW auch bei der Herstellung von Möbeln. Die 32.907 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entsprechen deutschlandweit 30,4 Prozent.
Der Maschinenbau ist zwar mit 209.763 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der beschäftigungsstärkste Sektor der NRW-Industrie, liegt im bundesweiten Vergleich mit 19,8 Prozent jedoch nur im Schnitt des Gesamtanteils von NRW an den Industriearbeitsplätzen. Bei der Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen liegt NRW beim Anteil an der deutschen Gesamtbeschäftigung weiter hinten. Zwar arbeiten hier 78.017 Menschen aus NRW. Das entspricht aber nur einem bundesweiten Anteil von 8,7 Prozent.
Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung
Im Oktober waren in NRW 753.103 Menschen arbeitslos gemeldet. Im Vergleich zum Vormonat sank die Arbeitslosigkeit um 0,1 Prozent oder 787 arbeitslos gemeldete Personen. Im Vergleich zum Vorjahr waren zwar 5,7 Prozent oder 40.570 Menschen mehr arbeitslos gemeldet. Die Arbeitslosenquote sank im Vergleich zum Vormonat um 0,1 Punkte auf 7,5 Prozent. Vor einem Jahr lag sie bei 7,2 Prozent.
Der aktuelle Rückgang der Jugendarbeitslosigkeit um 3,1 Prozent oder 2.112 Arbeitslose ist für die Jahreszeit typisch. Die Quote der Jugendarbeitslosigkeit sank im Oktober um 0,2 Prozentpunkte auf 6,1 Prozent. Bei älteren Menschen über 55 Jahre nahm im Gegenzug die Arbeitslosigkeit um 0,8 Prozent oder 1.406 Personen zu. Auch legte die Arbeitslosenquote hier um 0,1 Punkt zu und beträgt nun 7,7 Prozent.
Bei den Kundinnen und Kunden der Agenturen für Arbeit sank die Arbeitslosigkeit, während sie in den Jobcentern geringfügig stieg. Im Oktober bezogen 221.353 Menschen von einer der Arbeitsagenturen Arbeitslosengeld. Das waren 2.122 Personen oder 0,9 Prozent weniger als vor einem Monat und 20.455 Menschen oder 10,2 Prozent mehr als vor einem Jahr. Im Aufgabenbereich der Jobcenter, dem Bürgergeld bzw. der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II), legte die Zahl der Arbeitslosen um 0,3 Prozent oder 1.335 Personen zu. Insgesamt waren bei den Jobcentern im Oktober 531.750 Menschen arbeitslos gemeldet – 3,9 Prozent oder 20.115 Personen mehr als vor einem Jahr.
Die Zahl der unterbeschäftigten Menschen sank im Vergleich zum Vormonat. Der Rückgang fiel hier mit 0,2 Prozent oder 1.979 Personen leicht stärker aus als in der Arbeitslosigkeit. Landesweit galten 953.405 Menschen als unterbeschäftigt. Vor einem Jahr waren es 21.543 Personen oder 2,3 Prozent weniger. Die Unterbeschäftigung setzt sich zusammen aus der Zahl der Menschen, die arbeitslos gemeldet sind und denjenigen, die Arbeitslosengeld oder Bürgergeld erhalten, dem Arbeitsmarkt jedoch nicht zur Verfügung stehen und daher nicht als arbeitslos gelten. Das kann zum Beispiel sein, wenn sie an einer abschlussorientierten Fördermaßnahme teilnehmen. Als unterbeschäftigt, aber nicht arbeitslos galten im Oktober 200.302 Personen.
Unternehmen suchen weiterhin qualifizierte Arbeitskräfte
Im Oktober waren bei den Arbeitsagenturen 136.573 offene Stellen gemeldet. Das waren 89 oder 0,1 Prozent weniger als einen Monat zuvor. Vor zwölf Monaten waren bei den Arbeitsagenturen in NRW 8.704 oder 6,0 Prozent offene Stellen mehr gemeldet. Einen deutlichen Anstieg um 2.696 Stellen oder 12,0 Prozent gab es im Vergleich zum Vorjahr bei den neu gemeldeten Stellen. Bei den Arbeitsagenturen neu gemeldet wurden im Oktober 25.116 Stellen, 2.971 oder 13,4 Prozent mehr als vor einem Monat.
Ein weiterer Grund, warum trotz einer höheren Zahl an Arbeitslosen weiterhin viele Stellen unbesetzt bleiben, ist das sogenannte „qualifikatorische Mismatch“. Angesprochen wird damit, dass der Arbeitsmarkt in NRW zweigeteilt ist. Während die Unternehmen vor allem qualifizierte Arbeitskräfte suchen, verfügt die Mehrzahl der arbeitslosen Bewerberinnen und Bewerber nicht über die gefragten Qualifikationen.
In den Agenturen für Arbeit und den Jobcentern waren im Oktober 78.675 offene Stellen für Fachkräfte auf dem Niveau der dualen Berufsausbildung gemeldet. Das waren 57,6 Prozent aller angezeigten offenen Stellen. Diesen standen 199.499 arbeitslose Fachkräfte gegenüber. Auf 100 offene Stellen für qualifizierte Fachkräfte mit einer abgeschlossenen dualen Berufsausbildung kamen damit rein statistisch 254 Bewerberinnen und Bewerber.
Das Angebot offener Stellen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ohne (aktuelle) Ausbildung ist deutlich kleiner. Mit 30.871 Stellen oder 22,6 Prozent aller angebotenen Stellen bieten nur wenig mehr als ein Fünftel der Stellen Helfertätigkeiten an, richten sich also an un- und angelernte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Gleichzeitig waren 424.544 Menschen ohne eine (aktuelle) Ausbildung arbeitslos gemeldet. Das waren mit 56,4 Prozent mehr als die Hälfte aller Arbeitslosen. Auf 100 offene Stellen für Helferinnen und Helfer kamen 1.376 Bewerberinnen und Bewerber ohne Ausbildung.
Nicht berücksichtigt wird bei der statistischen Betrachtung, ob Angebot und Nachfrage auch räumlich und inhaltlich zueinander passen, also die gesuchten und die angebotenen Berufe zueinander passen oder Angebot und Nachfrage auch in derselben Region liegen.
Geflüchtete Menschen aus der Ukraine
Seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges im März 2022 konnten viele der nach Deutschland geflohenen Ukrainerinnen und Ukrainer eine Beschäftigung in NRW aufnehmen.
Sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren im August 2024 – dem aktuellen Datenstand für die Beschäftigung – 40.600 Ukrainerinnen und Ukrainer. Seit Beginn des Krieges stieg damit die Zahl der sozialversicherungspflichtigen ukrainischen Beschäftigten um über 30.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Allein von Juli auf August legte laut Hochrechnung die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bei Ukrainerinnen und Ukrainern um 2.200 Personen zu.
Insgesamt – darunter auch in geringfügiger Beschäftigung – arbeiteten in NRW im August 51.700 Ukrainerinnen und Ukrainer. Das waren rund 40.000 ukrainische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mehr als vor dem Beginn des Krieges.
Die Zahl der in NRW arbeitslos gemeldeten ukrainischen Staatsangehörigen war im Oktober rückläufig: Mit 46.353 ukrainische Staatsangehörigen waren 0,3 Prozent oder 131 Personen weniger arbeitslos gemeldet als im Vormonat.
Der Arbeitsmarkt in den NRW-Regionen im September
Den größten Rückgang der Arbeitslosigkeit gab es im Oktober im Münsterland. Hier sank die Zahl der arbeitslos gemeldeten Männer und Frauen im Vergleich zum Vormonat um 1,1 Prozent oder 539 Personen auf 47.531 arbeitslos gemeldete Menschen. Vor einem Jahr waren 9,1 Prozent oder 3.972 Menschen weniger arbeitslos gemeldet. Die Arbeitslosenquote sank um 0,1 Punkte zum Vormonat – auf jetzt 4,9 Prozent – und lag damit um 0,3 Punkte höher als im Vorjahr.
In Ostwestfalen-Lippe sank die Zahl der Arbeitslosen im Vergleich zum Vormonat um 1,0 Prozent oder 682 Personen auf 70.507 arbeitslos gemeldete Menschen. Das waren 5.061 Personen oder 7,7 Prozent mehr als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote blieb auf dem Niveau des Vormonats bei 6,1 Prozent. Vor einem Jahr lag die Quote 0,4 Punkte niedriger.
In Südwestfalen sank die Zahl arbeitslos gemeldeter Menschen um 0,4 Prozent oder 175 Personen. Insgesamt galten 47.688 Personen als arbeitslos. Vor einem Jahr waren 4.240 Menschen oder 9,8 Prozent weniger arbeitslos gemeldet. Die Arbeitslosenquote lag mit 6,1 Prozent auf dem Niveau des Vormonats, 0,5 Punkte über dem Vorjahr.
Im Bergischen Land waren im Oktober 42 Personen oder 0,1 Prozent weniger arbeitslos gemeldet als einen Monat zuvor. Mit 72.029 Arbeitslosen waren 3.720 Personen oder 5,4 Prozent mehr arbeitslos als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote blieb bei 7,2 Prozent. Vor einem Jahr lag sie bei 6,9 Prozent.
Im Ruhrgebiet stieg innerhalb eines Monats die Zahl der Arbeitslosen um 0,1 Prozent oder 241 Personen auf nun 254.392 arbeitslos gemeldete Menschen. Damit waren im Oktober 8.423 Personen oder 3,4 Prozent mehr arbeitslos gemeldet als vor einem Jahr. Die Quote lag im abgelaufenen Monat bei 10,2 Prozent – so hoch wie im Vormonat und 0,3 Punkte über dem Stand von vor zwölf Monaten.
Im Rheinland stieg die Arbeitslosigkeit im Monatsvergleich. Vor einem Monat lag sie 0,2 Prozent oder 410 Personen niedriger. Arbeitslos gemeldet waren 260.956 Personen, 15.154 Personen oder 6,2 Prozent mehr als vor einem Jahr. Die Quote verharrte auf 7,3 Prozent. Vor zwölf Monaten betrug sie 7,0 Prozent.
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