Im Mittelpunkt der 2021 unterzeichneten sozialpartnerschaftlichen „Qualifizierungsoffensive Chemie“ mit der BA steht die Nutzung der vielfältigen Möglichkeiten des Qualifizierungschancengesetzes.
“Uns eint das Ziel, die großen Herausforderungen durch Digitalisierung, Dekarbonisierung und Demografie, erfolgreich zu meistern. Bei uns stimmt einfach auch die Chemie - jeder Partner bringt sich ein. Wir teilen die Überzeugung, dass sich im Kern alles um Qualifizierung dreht. Ohne ausreichende, gut qualifizierte Fachkräfte gibt es kein innovatives Unternehmen,“ sagt Johannes Pfeiffer, Chef der Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen der BA. Er sieht Arbeitsagenturen und Jobcenter als neutrale Moderatoren in Netzwerken und als Partner von Unternehmen und Beschäftigten in der Transformation.
Auch Dr. Jochen Wilkens, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes ChemieNord, hebt hervor: „Die durch das Umsetzen der Klimaziele nötige Transformation unserer Branche stellt gerade auch unsere kleinen und mittelständischen Unternehmen vor enorme Herausforderungen. Eine veränderte Energieversorgung und der Einsatz neuer Rohstoffe als Ausgangsmaterialien führen zu veränderten Produktionsprozessen und technischen Anpassungen von Maschinen. Individuelle und passgenaue Qualifizierungen helfen den Unternehmen, ihre Beschäftigten für diese Anforderungen fit zu machen und damit den Grundstein für eine erfolgreiche Weiterentwicklung zu legen. Gemeinsam mit der Arbeitsagentur unterstützen wir als Sozialpartner unsere norddeutschen Chemiebetriebe bei der Entwicklung passgenauer Qualifizierungs- und Schulungsangebote.“
„Die Transformation unserer Industrie muss zum Wohle der Menschen passieren. Es ist unsere oberste Prämisse, dass die Beschäftigen nicht die Leidtragenden von neuen Energiequellen und der Digitalisierung der Produktion sein dürfen, deswegen ist es umso wichtiger, die Belegschaft so zu qualifizieren, dass sie den Anforderungen der sich ändernden Arbeitswelt weiterhin gerecht werden. Das ist eine große Herausforderung, aber diese können wir als Sozialpartner gemeinsam mit der Arbeitsagentur stemmen“, betont Ralf Becker, Landesbezirksleiter der IGBCE Nord.
Die enge Zusammenarbeit in der Chemiebranche in Niedersachsen und Bremen hat 2021 begonnen. Die Liste der gemeinsamen Projekte ist bereits lang: Sie reicht vom Qualifizierungsmodell für ungelernte Beschäftigte zum Berufsabschluss über die Weiterbildung von Beschäftigten zu Transformationslotsen, die den technologischen Wandel aus der Mitte der Betriebe heraus gestalten.
Transfermodelle „von Arbeit in Arbeit“ bei Personalüberhang in dem einem und -bedarf in einem anderen Betrieb wurden erdacht, gemeinsame Dialogforen z.B. zum Fachkräftebedarf Wasserstoff, zu Weiterbildungsförderung und -beratung veranstaltet sowie Austauschformate zu Good Practice- Beispielen für Qualifizierung und Future Skills-Kompetenzen in der Chemie ins Leben gerufen. Parallel dazu haben Unternehmen der Chemie ihre Expertise über Berufe und Ausbildungsinhalte an Arbeitsvermittler der BA vermittelt.
Die BA nutzt den arbeitsmarktpolitischen Spielraum, den der Gesetzgeber zur Flankierung von Strukturwandel, Digitalisierung und Fachkräftelücken geschaffen hat. Die Chemie-Sozialpartner bringen ihr Wissen um die Branche, Tarifverträge und insbesondere die Anforderungen des Mittelstands ein, um Transformationsprozesse vorausschauend und erfolgreich für den Standort umzusetzen.
Hintergrund:
Die Qualifizierungsoffensive wurde auf Bundesebene im Tarifpaket 2019 vereinbart. Wesentliche Elemente sind der 2021 veröffentlichte Future Skills Report Chemie, das IT-Tool-Pythia zur Ermittlung von Weiterbildungsbedarfen sowie eine umfassende Qualifizierungsberatung, die unter anderem von der Bundesagentur für Arbeit erbracht wird. Bereits Pilotregionen der Qualifizierungsoffensive sind Hessen, Nordost und Nordrhein.
Die Chemie-Sozialpartner in Niedersachsen Bremen sind die Industriegewerkschaft IGBCE und der Arbeitgeberverband ChemieNord.
Der Future Skills Report ist eine KI-basierte Analyse zum Qualifikationsbedarf der Zukunft und kann als branchenspezifischer Trendradar für künftige Fähigkeiten („Skills“) bezeichnet werden. Aus unterschiedlichen Quellen, z. B. Jobbörsen, werden hierbei Daten zusammengeführt und verdichtet, um zu sehen, welche Fähigkeiten für die Chemie künftig an Bedeutung gewinnen oder aber verlieren werden.
PYTHIA ist ein Tool, mit dem der Personalbestand und -bedarf im Unternehmen schrittweise analysiert, zukünftige Abweichungen erkannt und notwendige Maßnahmen abgeleitet werden können. Bei der Analyse werden neben der Anzahl der Belegschaft auch die erforderlichen Mitarbeiterkompetenzen – insbesondere vor dem Hintergrund des digitalen Wandels – in den Blick genommen.