Sachsen-Anhalt: Langfristiges Wirtschaftswachstum gibt es nur mit Zuwanderung

Eine aktuelle Studie des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung in Halle zeigt, wie sich die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung von Ausländer*innen in den letzten Jahren entwickelt hat. Zum 01.06.2024 wird die Chancenkarte eingeführt und die Westbalkanregelung entfristet.

21.05.2024 | Presseinfo Nr. 33

Sachsen-Anhalt benötigt mittel- bis langfristig mehr Zuwanderung von Arbeits- und Fachkräften aus Ländern der Europäischen Union und aus Drittstaaten. Gefragt sind Strategien und Instrumente, die schnell greifen und langfristig wirksam sind. Wenn deutlich mehr Arbeitskräfte aus dem Ausland zuwandern statt abwandern, kann das den Rückgang des Arbeitskräfteangebots zumindest abschwächen. Erfolgt das nicht, fehlen uns bis zum Jahr 2035 bis zu 216.000 Personen im erwerbsfähigen Alter.


Anstieg bei ausländischen und Rückgang bei deutschen Beschäftigten

Nach einer Studie des regionalen Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Halle stieg die Zahl der ausländischen Beschäftigten in Sachsen-Anhalt zwischen den Jahren 2013 und 2022 um mehr als das Vierfache von 11.700 auf 51.100 Personen. Die Zahl der deutschen Beschäftigten reduzierte sich in diesem Zeitraum um 4.400 Personen. Der Anteil der Männer bei den ausländischen Beschäftigten war mit knapp 70 Prozent höher als bei den deutschen Beschäftigten mit 50 Prozent. Frauen waren unter den ausländischen Beschäftigten mit 31 Prozent weniger vertreten als unter den deutschen Beschäftigten mit knapp 50 Prozent Traditionelle Familienrollen, fehlende Kinderbetreuung oder geringere Bildungsbeteiligung können Gründe für die geringere Beschäftigung sein. Beim Alter zeigten sich zwischen ausländischen und deutschen Beschäftigten vor allem in der Altersgruppe 25 bis unter 55 Jahren deutliche Unterschiede. So sind von den beschäftigten Ausländerinnen und Ausländer rund 78 Prozent im Alter von 25 bis unter 55. Bei deutschen Beschäftigten lag der Anteil in dieser Altersgruppe bei knapp 64 Prozent. Nach Wirtschaftsbereichen betrachtet, arbeiteten die meisten Ausländer*innen im Verarbeitenden Gewerbe, gefolgt von den Bereichen Verkehr und Lagerei, dem Gastgewerbe und dem Handel. Es folgte die Zeitarbeit, das Baugewerbe und das Gesundheits- und Sozialwesen. Die polnischen Beschäftigten stellten mit 11.100 Personen die größte Gruppe bezogen auf alle ausländischen Beschäftigten in Sachsen-Anhalt dar. Rumänische Beschäftigte folgen mit 6.600 und syrische Beschäftigte mit 4.300 Personen. Mehr als ein Viertel aller ausländischen Beschäftigten arbeitete 2022 in den Städten Magdeburg, Halle sowie im Burgenlandkreis. Den niedrigsten Anteil ausländischer Beschäftigter wiesen der Salzlandkreis und der Landkreis Mansfeld- Südharz auf.

 

Einführung der Chancenkarte zur Jobsuche
 

Für einen Aufenthalt zur Arbeitsplatzsuche wird zum 01.06.2024 eine Chancenkarte eingeführt. Diese kann auf zwei Wegen erlangt werden: Drittstaatsangehörige, die eine volle Gleichwertigkeit der ausländischen Qualifikation nachweisen und daher als Fachkräfte gelten, können die Chancenkarte ohne weitere besondere Voraussetzungen erhalten. Alle anderen müssen einen ausländischen Hochschulabschluss, einen mindestens zweijährigen Berufsabschluss oder einen von einer deutschen Auslandshandelskammer erteilten Berufsabschluss nachweisen. Zudem sind entweder einfache deutsche (Niveau A1 GER) oder englische Sprachkenntnisse (Niveau B2 GER) erforderlich.

Wenn diese Voraussetzungen vorliegen, kann man für Kriterien wie Anerkennung der Qualifikationen in Deutschland, Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Alter und Deutschlandbezug sowie das Potenzial der mitziehenden Lebens- oder Ehepartnerinnen und -partner unterschiedliche Punkte sammeln. Um die Chancenkarte zu erhalten, müssen mindestens sechs Punkte erreicht werden. Die Chancenkarte wird für maximal ein Jahr erteilt, wenn der Lebensunterhalt für diese Zeit gesichert werden kann. Sie bietet während des Aufenthalts in Deutschland Möglichkeiten zur Probearbeit oder Nebenbeschäftigung im Umfang von 20 Stunden in der Woche. Wenn man danach keinen anderen Erwerbstitel bekommen kann, aber dennoch ein Angebot für eine qualifizierte Beschäftigung hat, kann die Chancenkarte um weitere zwei Jahre verlängert werden. 

 

Westbalkanregelung wird entfristet

Die Westbalkanregelung eröffnet ab 01.06.2024 Staatsangehörigen von Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nord Mazedonien und Serbien für jede Art von Beschäftigung in Berufen, die nicht reglementiert sind, einen Arbeitsmarktzugang in Deutschland. Die Regelung war ursprünglich bis Ende 2023 befristet. Mit der Verordnung zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung wird die Westbalkanregelung entfristet. Ab Juni 2024 beträgt das Kontingent jährlich 50.000 Zustimmungen der Bundesagentur für Arbeit. 

 

Zitat:

Dazu sagt Markus Behrens, Vorsitzender der Geschäftsführung der BA Regionaldirektion in Halle: „Aus demografischen Gründen wird es nicht reichen, nur auf die inländischen Arbeitskräfte zu setzen. Deshalb brauchen wir vermehrt Erwerbszuwanderung qualifizierter Menschen aus Drittstaaten. Dabei ist es wichtig, Schwellen zu senken und die Einwanderung in den Arbeitsmarkt einfacher, unbürokratischer und attraktiver zu gestalten. Neben den gesetzlichen Regelungen benötigen wir eine positive Willkommenskultur, damit sich die Menschen hier schnell wohlfühlen und dauerhaft bleiben. Die Reform des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes geht in die richtige Richtung. Sachsen-Anhalt wird damit für ausländische Arbeitskräfte interessanter.“

Zitat:

Dazu sagt Petra Grimm-Benne, Arbeitsministerin des Landes Sachsen-Anhalt: „Bereits jetzt bleibt der Arbeitsmarkt in Sachsen-Anhalt nur dank der tatkräftigen Unterstützung ausländischer Arbeitskräfte stabil. Allein aus demografischen Gründen sind unsere Unternehmen künftig noch stärker auf Zuwanderung angewiesen. Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz werden die Rahmenbedingungen deutlich erleichtert. Dazu gehören vor allem die flexiblere Nutzung von Qualifikationen der Zuwandernden, die Möglichkeit der Zuwanderung für Menschen mit Berufserfahrung, aber ohne vorherige Anerkennung ihrer Abschlüsse sowie die Einführung einer Chancenkarte auf der Grundlage eines Punktesystems zwecks Zuwanderung zur Arbeitssuche. Auch Sachsen-Anhalt wird von diesen neuen Chancen profitieren. Zugleich zeigt der Erfolg der Westbalkanregelung, dass diese gezielte Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte als Vorbild zu sehen ist. Als Land werden wir Unternehmen und ankommende Fachkräfte künftig bei der Integration im Betrieb und im Gemeinwesen durch unmittelbare soziale Begleitung noch intensiver unterstützen. Wir wollen, dass Geflüchtete, EU-Bürgerinnen und Bürger sowie Zuwandernde in Sachsen-Anhalt eine neue Heimat finden. Sie werden langfristig gebraucht – als Arbeitskräfte und als engagierte Mitglieder unserer Gesellschaft.“