Am 03.12.2024 findet der „Internationale Tag der Menschen mit Behinderung“ statt.
In diesem Zusammenhang sind Organisationen dazu aufgerufen, die Interessen behinderter Menschen in der öffentlichen Wahrnehmung bekannter zu machen. Auch die Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen der Bundesagentur für Arbeit folgt diesem Aufruf und hat sich den Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderung genauer angesehen.
Die Zahl der arbeitslosen Menschen mit Schwerbehinderung in Thüringen hat sich in den vergangenen fünf Jahren kaum verändert. Es sind weiterhin fast 4.800 schwerbehinderten Menschen arbeitslos und suchen eine Beschäftigung. Der Anteil an allen Arbeitslosen ist hingegen rückläufig, da es insgesamt mehr Arbeitslose gibt als vor 5 Jahren. Aktuell beträgt der Anteil der schwerbehinderten Menschen an allen Arbeitslosen 6,9 Prozent. Vor 5 Jahren betrug der Anteil noch 7,9 Prozent.
Trotzdem bleiben Menschen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt. Im Durchschnitt des Zeitraumes Januar 2024 bis Oktober 2024 waren 51 Prozent der arbeitslosen Menschen mit Schwerbehinderung 55 Jahre und älter (2.500). Diese Zahl erhöhte sich im Vergleich zu 2019 um fast 200 Personen und ist der demografischen Entwicklung geschuldet. Im Vergleich zeigt sich weiter die ungünstige Lage bei langzeitarbeitslosen Menschen. Während ihr Anteil an allen arbeitslosen Schwerbehinderten im Jahr 2019 bei 41 Prozent lag, waren es bis Oktober 2024 durchschnittlich 44 Prozent. Auch der Anteil der arbeitslosen Schwerbehinderten ohne abgeschlossene Berufsausbildung ist innerhalb von 5 Jahren gestiegen (2019: 19 Prozent, bis Oktober 2024: 26 Prozent).
Zitat:Markus Behrens, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen der BA erklärt: „Inklusion ist nach wie vor eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Aufgrund der demografischen Entwicklung wird es zunehmend wichtiger, die Teilhabe von Menschen mit Schwerbehinderung am Arbeitsleben zu fördern und zu verbessern. Der erste Schritt für eine bessere Integration dieser Menschen in die Betriebe muss darin liegen, noch vorhandene Vorurteile abzubauen.“
Behrens verwies darauf, dass arbeitslose Menschen mit Behinderung häufig gut qualifiziert und besonders motiviert seien. So hatten knapp 74 Prozent aller schwerbehinderten Arbeitslosen in Thüringen im aktuellen Durchschnitt 2024 einen Berufsabschluss oder eine akademische Ausbildung. Zum Vergleich: Der Anteil der Menschen mit beruflichem oder akademischem Abschluss lag bei allen Arbeitslosen bei 59 Prozent.
Zitat:Einschätzung von Joachim Leibiger, Thüringer Landesbeauftragter für Menschen mit Behinderungen: „Der allgemeine Arbeitsmarkt muss insgesamt inklusiver gestaltet werden. Wir müssen bestehende Systeme reformieren und durchlässiger machen. Die Chancen für Menschen mit Behinderungen auf eine reguläre Beschäftigung steigen dann, wenn die Voraussetzungen in der Praxis geschaffen werden. Auch der aktuelle Thüringer Koalitionsvertrag plädiert dafür, ‚Barrieren im Arbeitsfeld zu reduzieren‘ und die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber bei der Schaffung von barrierefreien Arbeitsplätzen zu unterstützen.“
Die Benachteiligung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt muss abgebaut werden: Die gleichbleibende Zahl von rund 4.800 Arbeitssuchenden mit Behinderungen, die teils hochqualifiziert sind, gilt es, zu senken. Neben den nach wie vor fehlenden Anreizen für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, Menschen mit Behinderungen einzustellen, muss auch auf die Barrierefreiheit hingewiesen werden. Die Wege vom und zum Arbeitsort, die digitale Zugänglichkeit und Nutzbarkeit von computergestützten Arbeitsplätzen – all dies muss verbessert werden.
Auch und gerade auf dem Arbeitsmarkt gilt das Diskriminierungsverbot bzw. das Gebot zur Gleichbehandlung von Menschen mit Behinderung (Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG). Auch der UN-Staatenbericht für Deutschland zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention aus dem Jahr 2023 mahnt die unzureichenden Beschäftigungsquoten im öffentlichen wie privaten Sektor an, empfiehlt wirksamere Maßnahmen als die Erhebung einer Ausgleichsabgabe und fordert die „Verbesserung der Barrierefreiheit von Arbeitsplätzen einschließlich angemessener Vorkehrungen.“ Problematisch ist weiterhin die geringe Übertrittsquote von Werkstattbeschäftigten auf den Allgemeinen Arbeitsmarkt, die unter 1 % liegt. Werkstätten sollten mehr Übergänge ermöglichen bzw. sich öffnen. Hier sind Lösungen und innovative Modelle gefragt: Inklusionsbetriebe könnten zukünftig eine zentrale Rolle spielen. Insgesamt müssen wir die Vision eines inklusiven Arbeitsmarktes in Thüringen weiterhin verfolgen, um zukunftsfähig und konkurrenzfähig zu sein, appellierte Joachim Leibiger.