Kreis Recklinghausen. Im gemeinsamen Pressegespräch zogen Frank Benölken (Leiter der Agentur für Arbeit Recklinghausen), Nicole Heier (Leiterin des Jobcenters Kreis Recklinghausen), Dr. Karsten Felske (Geschäftsbereichsleiter Bildung und Recht Handwerkskammer Münster), Carsten Taudt (Geschäftsbereichsleiter Bildung IHK Nord Westfalen), Ludger Blickmann (Hauptgeschäftsführer Kreishandwerkerschaft Recklinghausen) und Mark Rosendahl (Geschäftsführer DGB Emscher Lippe) die Bilanz zum Berufsberatungsjahr 2022/2023.
Auf dem Ausbildungsmarkt prägen sich zwei Tendenzen stärker aus: Zum einen sinkt das Ausbildungsinteresse von Jugendlichen weiterhin, denn Ausbildung wird vielfach nicht mehr als attraktiv genug empfunden. Zum anderen hat sich die Stellen-Bewerber-Relation zwar verbessert, kann jedoch weiterhin nicht an die Zeiten vor Corona anknüpfen. Daher bleibt der Ausbildungsmarkt im Vest am Ende des Jahres unausgeglichen. Sowohl bei den Jugendlichen als auch bei den Betrieben führt dies zu Problemen: Während Betriebe dem sinkenden Angebot an Bewerbern mitunter machtlos gegenüberstehen und keine passende Lösung des zunehmenden Fachkräfteproblems finden, verlieren sich immer mehr junge Menschen in der Orientierungslosigkeit und erwägen noch nicht einmal eine qualifizierte Berufsausbildung als Alternative für ihren zukünftigen Weg ins Leben.
Die Partner auf dem Ausbildungsmarkt sehen hierin eine Herausforderung für alle Akteure am Arbeitsmarkt aber auch in Schulen und Elternhäusern. Denn dass nach wie vor Stellen unbesetzt und junge Menschen ohne qualifizierte Perspektive bleiben, ist alarmierend. Nicht nur, dass den Jugendlichen wertvolle Zeit verloren geht, auch für die Betriebe rückt die Lösung des Fachkräfteproblems in immer weitere Ferne. Schulabgänger gewinnen während einer Berufsausbildung an Lebens- und Berufserfahrung, die sie unentbehrlich für den Arbeitsmarkt macht und starten wesentlich früher in Verdienst und selbstbestimmtes Leben. Wer mit einer abgeschlossenen Ausbildung nach einer Festanstellung sucht, hat es oftmals leichter als Studienabsolventen, bei denen praktische Erfahrungen während des Studiums noch zu kurz gekommen sind.
Trotz der jahrelangen intensiven Bemühungen aller Partner, das Image der dualen Ausbildung aufzuwerten und junge Menschen vom nachhaltigen Wert einer Berufsausbildung zu überzeugen, distanzieren sich viele von ihnen von den betrieblichen Angeboten. In diesem Jahr wurden über 250 Interessenten weniger gezählt und damit fehlt der Region ein erhebliches Potenzial an zukünftigen Fachkräften. Dies wiegt umso schwerer, als dieser Jahrgang erstmals wieder unter weitgehend normalisierten Schulbedingungen abschließen durfte, als dies für die Corona-Jahrgänge der Fall gewesen ist. Dem gegenüber hat das Gros der Betriebe seine Aktivitäten zur Akquise von Auszubildenden deutlich ausgeweitet und auch die Mindestanforderungen an neue Auszubildende reduziert. Viel wichtiger als die rechtschreibfehlerfreie Bewerbungsmappe ist heute der persönliche Eindruck in Bewerbungsgespräch oder Schnupperpraktikum, innerhalb dessen Jugendliche und Betriebe gleichermaßen prüfen können, ob die Chemie stimmt. Daher haben viele Betriebe ihr Angebot von Praktika und erlebbarer Berufsorientierung ausgebaut, um den Kontakt zu potenziellen Bewerbern aufbauen und sukzessive intensivieren zu können. Die Chancen, sofort in ein Bewerbungsgespräch oder gar Praktikum zu gelangen, stehen besser denn je. Nach wie vor bleiben Eltern auch bei der Berufswahl wichtige Vorbilder und Ratgeber der Jugendlichen. Daher ist es wichtig, auch hier die Alternative Ausbildung mit in den Fokus zu rücken.
An Jugendliche richten die Akteure den dringenden Appell, die eigene Zukunftsplanung nicht zu sehr von äußeren Umständen abhängig zu machen oder gar dem Zufall zu überlassen. Eigeninitiative ist gefragt, wenn es darum geht, den für sich richtigen Weg zu finden. Nie zuvor hatten junge Menschen nach der Schule ein so vielfältiges Angebot an betrieblichen Ausbildungsstellen und damit so viele Chancen wie heute.
Arbeitsagentur, Jobcenter und Kammern beraten und informieren Betriebe in allen Fragen rund um das Thema Ausbildung.
Jugendliche, die sich beruflich orientieren möchten, können sich jederzeit bei der Berufsberatung unter der Recklinghäuser Hotline 02361 / 40-2021 oder der zentralen Hotline 0800 / 4 5555 00 melden. Arbeitgeber können jederzeit freie Arbeits- und Ausbildungsplätze melden unter 0800 / 4 5555 20.
Die Bilanz auf einen Blick:
- 4.209 Ausbildungsplatzbewerber
- 2.975 gemeldete Ausbildungsstellen
- 1.877 junge Menschen beginnen eine Ausbildung
- 127 Bewerber sind noch nicht versorgt
- 75 Ausbildungsstellen sind noch zu besetzen