Im vergangenen Jahr gab es zahlreiche Unsicherheiten und Krisen für die Wirtschaft. Die Nachwirkungen der Corona-Pandemie, der Ukraine-Krieg, stark steigende Energie- und Rohstoffpreise, Inflation und Materialengpässe machten Unternehmen, Beschäftigten sowie Bürgerinnen und Bürgern zu schaffen. Dennoch entwickelte sich der Arbeitsmarkt im nördlichen Münsterland stabil. Die Beschäftigungszahlen stiegen auf ein Rekordhoch und die Arbeitslosigkeit sank. "Damit Arbeitsmarkt und Wirtschaft weiter stabil bleiben, müssen wir gemeinsam in die Menschen investieren", so lautet die Bilanz, die der Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Rheine, Reiner Zwilling, zieht.
Im Bereich der Arbeitslosenversicherung der Agentur für Arbeit Rheine (SGB III) waren im vergangenen Jahr im Durchschnitt 3.338 Frauen und Männer arbeitslos gemeldet, 607 oder 15,4 Prozent weniger als im Vorjahresvergleich. Die Arbeitslosenquote SGB III sank gegenüber 2021 um 0,2 Prozentpunkte und lag im Jahresschnitt bei 1,3 Prozent. Ergänzt um die Menschen, die im Kreis Steinfurt von den kommunalen Jobcentern betreut werden, lag die Gesamtquote bei 4,1 Prozent. Damit bewegte sich die Arbeitslosigkeit auf dem Niveau von 2019. Gleichzeitig stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit 170.257 auf ein neues Rekordhoch.
"Der Arbeitsmarkt hat die Auswirkungen der Corona-Pandemie gut hinter sich lassen können", so Zwilling. Allerdings seien die weltwirtschaftlichen Entwicklungen der letzten Monate auch an der Wirtschaft im nördlichen Münsterland nicht spurlos vorüber gegangen, berichtet der Agenturchef. So waren im letzten Quartal 2022 mehr Menschen arbeitslos gemeldet als ein Jahr zuvor. "Angesichts der konjunkturellen Unsicherheiten waren viele Unternehmen zurückhaltend bei der Einstellung von neuem Personal", begründet Reiner Zwilling diesen Anstieg. "Dass die Situation am Arbeitsmarkt trotz aller Herausforderungen dennoch so stabil blieb, ist darauf zurückzuführen, dass ein Großteil der Arbeitgeber gleichzeitig Entlassungen vermieden hat", ergänzt er.
Darin sieht Reiner Zwilling eine Reaktion auf die Personalengpässe, die inzwischen viele Branchen und Berufe erreicht haben. "Der Personal- und Fachkräftemangel ist nun auch in Bereichen angekommen, die das alltägliche Leben beeinflussen", verdeutlicht er. "Längere Wartezeiten auf Handwerker oder mehr Ruhetage in der Gastronomie oder bei anderen Dienstleistern aufgrund fehlender Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Das sind Vorboten davon, welche gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen auf uns zukommen, wenn es nicht gelingt, gegenzusteuern", fügt er hinzu. Die demografische Entwicklung sowie die fortschreitende Digitalisierung und Automatisierung führten dazu, dass insbesondere die Lücke bei den qualifizierten Fachkräften größer werde, betont Zwilling.
Schon jetzt richten sich zwei Drittel der 4.693 Arbeitsstellen, die Unternehmen und Verwaltungen im Jahresschnitt bei der Agentur für Arbeit Rheine meldeten, an Bewerberinnen und Bewerber mit einer abgeschlossenen Berufs- oder Hochschulausbildung. Allerdings haben 36 Prozent der Arbeitslosen, die in 2022 in der Arbeitsagentur gemeldet waren, keinen Ausbildungsabschluss. "Die Qualifizierung dieser Menschen steht für uns eindeutig im Fokus", unterstreicht der Agenturleiter. Mit dem inzwischen regelmäßig stattfindenden Veranstaltungsformat "Agenturtreff Weiterbildung" bringt die Arbeitsagentur Rheine daher in enger Zusammenarbeit mit Netzwerkpartnern aus der Region Arbeitsuchende gezielt mit passend ausgewählten Weiterbildungsträgern und Arbeitgebern zusammen. Allein 1.500 Weiterbildungen, Umschulungen oder Qualifizierungen hat die Arbeitsagentur Rheine im vergangenen Jahr gefördert. Insgesamt sei Kundinnen und Kunden mit 4.000 individuellen und möglichst betriebsnahen Förderungen eine Brücke in eine neue Beschäftigung ermöglicht worden, berichtet Zwilling. Immer mehr in den Blick rückten dabei auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die im Job sind, sich aber den geänderten Anforderungen am Arbeitsmarkt anpassen müssten. "Hier sind Qualifizierungen eine Win-Win-Situation für beide Seiten, für Arbeitnehmer wie auch für Arbeitgeber", verdeutlicht Zwilling. "Deshalb stehen unsere Beraterinnen und Berater den Beschäftigten und Betrieben mit Beratung, Unterstützung und auch passender finanzieller Förderung von Qualifizierung zur Seite".
Für das Jahr 2023 erwartet der Arbeitsmarktexperte eine weiterhin stabile Lage am Arbeitsmarkt. „Gleichzeitig bleiben große Herausforderungen. Vieles hängt davon ab, ob es gelingt, den hohen Fachkräftebedarf der Unternehmen zu sichern. Das wird nur im Schulterschluss aller Netzwerkpartner am Arbeitsmarkt gelingen. Daher müssen wir gemeinsam in die Menschen investieren. Die Qualifizierung von Arbeitsuchenden und Beschäftigten bleibt ein zentrales Zukunftsthema“, fasst Zwilling zusammen.
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