Severin ist einer von Vieren. Einer von vier jungen Menschen, die in Deutschland eine Ausbildung mit einer langen Tradition machen, nämlich die zum Seiler. „Meine drei Mitauszubildenden, die von überall in Deutschland zu unserem Blockunterricht in die Berufsschule in Münchberg bei Hof kommen, kenne ich schon ganz gut. Aber wir sind nicht bei allen Fächern „nur“ zu Viert. In Einigen kommen noch sieben angehende Näherinnen hinzu“, erzählt der 21Jährige mit einem Augenzwinkern.
Severin geht in seinem Ausbildungsberuf bei der Richter Spielgeräte GmbH in Frasdorf voll auf. Doch wie kommt man auf die Idee, diesen doch eher exotischen Beruf zu erlernen? „Ich habe nach der Mittleren Reife eine Ausbildung im kaufmännischen Bereich begonnen. Da habe ich dann aber recht schnell gemerkt, dass das nicht das Richtige für mich ist. Ich habe die Ausbildung abgebrochen und bin dann in ein „Loch“ gefallen, war recht antriebs- und orientierungslos. Durch die Agentur für Arbeit habe ich Kontakt zum Bildungsträger „junge arbeit“ bekommen und eine Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme begonnen. Durch die Gespräche und Praktika habe ich wieder mehr Antrieb bekommen und meinen beruflichen Weg gefunden“, erzählt der gebürtige Riederinger. „Gerade am Anfang war die Maßnahme ein sehr wichtiger Anker für mich. Auch jetzt tausche ich mich noch an einem Nachmittag in der Woche mit meiner Ansprechpartnerin bei der „jungen arbeit“, Susanne Apitzsch-Gacia, aus.“
Der Leiter des Teams für Rehabilitation und Teilhabe bei der Agentur für Arbeit Rosenheim, Florian Hähle, ist froh, dass es Bildungsträger wie die „junge arbeit“ gibt, die jungen Menschen – wie allen Arbeits- und Ausbildungsplatzsuchenden – einen Rahmen bieten. „Dies kann durch Gespräche und Praktika sowie durch Unterstützungen bei der Bewerbung oder beruflichen Qualifizierung erfolgen. Wir passen das Angebot auf die individuellen Bedürfnisse an. Und für Menschen mit Einschränkungen gibt es weitere besondere Unterstützungsmöglichkeiten wie beispielsweise bei der Einrichtung des Arbeitsplatzes“, erklärt er. Dr. Nicole Cujai, der Leiterin der Rosenheimer Arbeitsagentur, ist es ebenfalls wichtig Menschen, die es im Berufsleben schwieriger haben, zu helfen. Sie freut sich über die Entwicklung von Severin und sagt: „Es ist schön zu sehen, mit welcher Freude, Begeisterung und Kompetenz der junge Mann seine Ausbildung macht. Das gute Zusammenspiel von Severin, seinem Ausbildungsbetrieb und dem Bildungsträger kommt dem zugute. Wir sind froh, dass es Arbeitgeber wie Richter Spielgeräte gibt, die jungen Menschen mit Startschwierigkeiten eine Chance geben. Denn so können Schätze gehoben werden, von denen beide Seiten profitieren. Ich möchte Interessierte – Bewerber und Arbeitgeber – einladen, sich bei unseren Kolleginnen und Kollegen zu melden, die auf die Betreuung von Menschen mit Rehabilitationsbedarfen oder Behinderungen spezialisiert sind. Diese nehmen sich Zeit, um in ausführlichen Gesprächen über die individuelle Situation zu reden und berufliche Perspektiven zu erarbeiten. Dabei gibt es vielseitige Unterstützungsmöglichkeiten.“ Die Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner sind unter den Rufnummern 08031 / 202-271 (Agentur für Arbeit), 08031 / 40894-0 (Jobcenter Rosenheim Stadt), 08031 / 9015-200 (Jobcenter Landkreis Rosenheim) und 08041 / 7854-777 (Jobcenter Bad Tölz-Wolfratshausen) erreichbar.
Bei Severin spielte sein Ausbildungsbetrieb schon in der Zeit seiner beruflichen Orientierung eine wichtige Rolle: „Ich wusste, dass ich nun eine Ausbildung im handwerklichen Bereich machen möchte und habe mir hier zunächst viele Tätigkeiten in der Holzwerkstatt angeschaut. Die waren alle ganz nett, aber als ich dann in die Seilerei kam wusste ich: Das ist mein Ausbildungsberuf“, erzählt er. Sein Ausbilder Markus Wojtech bestätigt, dass der junge Mann seine Arbeit gut mache und Seile und Netze aus Stahl und Polyester schon jetzt alleine herstelle. „Aber unsere Arbeit als Seiler ist nicht nur für Spielgeräte essenziell, sondern findet sich auch bei Hängebrücken, Aufzügen oder Geräten in der Bauindustrie sowie bei Bergsteigern, Reitausrüstung und Fischernetzen wieder“, erklärt Seilermeister Wojtech. Und Severin nennt – neben dem Flechten in der Werkstatt – Großprojekte in Spanien oder bei einem Luxushotel in Südtirol als besondere Highlights seiner Arbeit. Er schließt im Sommer 2025 seine Ausbildung ab und möchte anschließend weiter bei der Richter Spielgeräte GmbH arbeiten. Als Tipp gibt er jungen Menschen, die eine Ausbildung suchen, mit, sich in ganz unterschiedlichen Berufen zu versuchen. „Geht auf Betriebe zu und vereinbart Praktika für die Ferien. Denn die Schulpraktika bieten – finde ich – zu wenige Möglichkeiten. Fragt Euch, was Euch interessiert und denkt auch an eher seltene Berufe“, rät er. Jugendliche, die den richtigen Ausbildungsberuf für sich suchen, können sich im BerufeNet unter https://web.arbeitsagentur.de/berufenet/ informieren. Die Berufsberaterinnen und Berufsberater der Arbeitsagentur, die unter der Rufnummer 08031/202-222 direkt erreichbar sind, helfen bei der beruflichen Orientierung und halten viele Ausbildungsstellen mit Starttermin im Sommer 2025 bereit. Auch die Seilerei bietet im kommenden Sommer wieder einen Ausbildungsplatz an. Junge Frauen und Männer, die es sich vorstellen können in diesem Beruf zu arbeiten und diesen einmal ausprobieren möchten, könnten Markus Wojtech unter der Rufnummer 08052 / 1798-86 direkt anrufen.