Johanna Schneider startet mit 41 nochmal durch. Die gebürtige Kolumbianerin hat in ihrer Heimat Rechtswissenschaften studiert und im Kundendienst gearbeitet. Die Liebe hat sie vor zehn Jahren nach Deutschland gebracht. Sie ließ ihre Karriere hinter sich und fing nochmal von vorne an, lernte die deutsche Sprache und arbeitete in verschiedenen Bereichen, zum Beispiel als Begleitperson in der Schülerbeförderung und Spanischlehrerin. Mit der Schwangerschaft verlagerte sich der Fokus auf die Familie. Der Wiedereinstieg in Teilzeit gestaltete sich schwierig, Minijobs und Arbeitslosigkeit wechselten sich ab. „Ich habe zwei Jahre lang versucht, etwas Kaufmännisches zu finden, hatte aber keinen Erfolg“, erzählt Frau Schneider. Dr. Nicole Bösch, Beauftrage für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt von der Agentur für Arbeit erklärt: „Der Konkurrenzdruck ist hoch, da viele Frauen gerne im Bereich Büro oder Sekretariat in Teilzeit arbeiten möchten. So kommen beispielsweise im Bereich Unternehmensorganisation auf rund 35 Teilzeitstellen mehr als 200 Arbeitssuchende mit Wunsch auf eine Teilzeitbeschäftigung. Wenn Deutsch nicht die Muttersprache ist, erschwert das die Situation zusätzlich.“
Die Schwiegermutter von Johanna gab den richtigen Impuls. Sie las in der Zeitung einen Bericht über Ausbildung in Teilzeit und kontaktierte die Agentur für Arbeit, um sich Unterstützung für ihre Schwiegertochter zu holen. „Meine Schwiegermutter sagte mir, dass mit einer Ausbildung die Chancen in Deutschland besser seien“, berichtet Frau Schneider. Die Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt, Dr. Nicole Bösch, beriet Frau Schneider und ihre Familie und versorgte sie mit den passenden Informationen und Unterlagen zum Thema Teilzeitausbildung. „Als ich nach einem Ausbildungsbetrieb suchte, sah ich, dass auch in Apotheken kaufmännische Berufe angeboten werden“, erzählt Johanna Schneider.
Bei Apotheker Michael Ernst von der Sonnenapotheke in Donaueschingen bekam Frau Schneider ihre Chance. Sie wurde zu einem Vorstellungsgespräch für eine Ausbildung als Pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte eingeladen. Die Stelle war zwar in Vollzeit ausgeschrieben, aber im Gespräch beschrieb Frau Schneider ihre familiäre Situation und den Wunsch nach Teilzeit. „Es gibt nicht viele Fachkräfte auf dem Markt, deshalb sind unsere Auszubildenden so wertvoll“, erklärt Apotheker Ernst. „Frau Schneider hat mich durch ihre Erfahrung, ihre Qualifikation und ihre guten Umgangsformen überzeugt. Wer bei uns Azubi ist, darf sich etwas trauen und Verantwortung übernehmen.“ Nach dem Gespräch besprach der Apotheker mit Dr. Bösch von der Agentur für Arbeit die Rahmenbedingungen für eine Ausbildung in Teilzeit und nahm Kontakt zur Berufsschule und zur Apothekerkammer auf. Aufgrund der Vorbildung konnte die Ausbildungsdauer von Johann Schneider trotz reduzierter Arbeitszeit auf die regulären drei Jahre verkürzt werden.
Seit September ist Johanna Schneider nun in der Sonnenapotheke als Auszubildende angestellt. Sie freut sich: „Herr Ernst und seine Frau gehen auf meine persönliche Situation ein und ich kann meine Arbeitszeit in Teilzeit gut planen!“ Die Zukunftschancen stehen gut, denn mit der Ausbildung ist man sowohl in Apotheken, im pharmazeutischen Großhandel oder in der pharmazeutischen Industrie gefragt und kann sich mit Weiterbildung oder Studium zusätzlich qualifizieren.