„Jetzt weiß ich auch, warum ein berufliches Reha-Verfahren nicht binnen einer Woche entschieden werden kann,“ erklärt Ramona Rosulek, die am bundesweiten Aktionstag Schichtwechsel ihren Arbeitsplatz im Berufsbildungsbereich beim Therapeutikum mit Maria Pfitzner von der Agentur für Arbeit Schwäbisch Hall-Tauberbischofsheim getauscht hat. „Ich habe völlig unterschätzt, wie komplex die berufliche Rehabilitation ist, wie intensiv die Reha-Berater sich mit dem Thema auseinandersetzen und sich dabei auch mit vielen verschiedenen Stellen austauschen“, erzählt sie nach ihrem Tag in der Arbeitsagentur. Auch ihre Austauschpartnerin Maria Pfitzner hat von ihrem Einsatz im Therapeutikum in Öhringen bereichernde Eindrücke mitgenommen: „Es hat mich beeindruckt mit wie viel Engagement die Rehabilitanden ihre Arbeit erledigen und dabei großen Wert auf Qualität legen. Mit den gesammelten Erfahrungen kann ich meinen Kundinnen und Kunden viel besser erklären, wie in den Werkstätten gearbeitet wird“, so die Beraterin für Berufliche Rehabilitation.
Ramona Rosulek ist im Therapeutikum in Heilbronn im Berufsbildungsbereich tätig. Im Lager ist sie unter anderem für den Wareneingang zuständig. Geliefert werden beispielsweise Stoßdämpfer von der Autoindustrie, die in der Werkstatt weiterbearbeitet werden. „Ich komme bei der Arbeit zwar gut zurecht, aber aufgrund meiner Erkrankung gibt es Tage, an denen ich es nicht schaffe, zur Arbeit zu gehen. Depressionen und Schizophrenie führen dazu, dass ich Phasen habe, in denen ich völlig antriebslos bin,“ erzählt sie. Und weiter: „Aber ich habe meinen Frieden mit der Krankheit gemacht und gehe offen damit um.“ Gerade diese Offenheit beeindruckt die Mitarbeitenden in der Agentur für Arbeit: „Ich bewundere die positive Einstellung von Ramona Rosulek. Es war für mich eine Bereicherung, diese Frau Kennenlernen zu dürfen,“ erklärt die Leiterin des Reha-Teams Nicole Vogt.
Reha-Beraterin Maria Pfitzner bekam im Therapeutikum unter anderem die Aufgabe, kleine Schachteln für Adventskalender zu basteln. Die Mitarbeitenden der Werkstatt hatten ein strenges Auge auf ihre Arbeit und gaben ihr Tipps, damit sie die Arbeit auch ordentlich erledigen konnte. „Die Beschäftigten fühlen sich in den Werkstätten sehr wohl und sicher. Sie brauchen den geschützten Rahmen, was aber nicht heißt, dass sie ihre Arbeit nicht ernst nehmen. Das hat mich sehr beeindruckt.“
Ziel des Aktionstages Schichtwechsel ist es, mit Klischees über die Werkstätten und die dort arbeitenden Menschen mit Behinderung aufzuräumen. Mitarbeitende aus Unternehmen bekommen Einblicke in die Vielfalt der Produkte und Dienstleistungen der Werkstätten. Die Beschäftigten in den Werkstätten wiederum schnuppern in Berufsfeldern des allgemeinen Arbeitsmarktes und lernen ein Unternehmen für einen Tag näher kennen. Über das verbindende Thema Arbeit schafft der Aktionstag Raum für neue Perspektiven und hilft, Vorurteile abzubauen. Entwickelt wurde der Aktionstag Schichtwechsel von den Berliner Werkstätten und der Landesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen Berlin. „Wir beteiligen uns am Aktionstag, um unseren Beschäftigten eine angemessene und vorurteilsfreie öffentliche Präsenz zu bieten“, erklärt Marco Sacher, Werkstattleiter des Therapeutikums der Arbeits- und Wohnstätten GmbH am Standort in Öhringen.