„Die Arbeitslosigkeit ist von Juli auf August saisonal angestiegen“. Als Gründe nennt der Chamer Arbeitsagenturleiter Hans-Peter Hausladen „die Urlaubs- und Ferienzeit, in welcher der Arbeitsmarkt erwartungsgemäß an Dynamik verliert. Der Anstieg ist auf die Beendigung von betrieblichen und schulischen Ausbildungen und Umschulungen zurückzuführen, der Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit war aber geringer als in den beiden (Corona-)Vorjahren. Ferner sind auch die Personalverantwortlichen der Betriebe meist in Urlaub, so dass weniger Einstellungen getätigt werden“, so Hausladen.
Die Arbeitslosigkeit nahm binnen Monatsfrist um knapp 80 Personen bzw. 6,3 Prozent zu. Mitte des Berichtsmonats waren rund 1.400 Personen arbeitslos gemeldet, gut 50 Arbeitnehmer bzw. 4,0 Prozent mehr als im August 2021. Die Arbeitslosenquote ist binnen Monatsfrist um 0,2 Prozentpunkte auf nunmehr 2,5 Prozent gestiegen. Im August 2021 lag die Quote bei 2,4 Prozent.
Auf den Stellenmarkt im Agenturbezirk wirkt sich der Krieg in der Ukraine bislang nicht spürbar aus. „Zwar belasten die durch den Konflikt gestiegenen Material- und Energiepreise viele Unternehmen, doch die Personalnachfrage und der Stellenbestand ist weiterhin sehr hoch – es herrscht Fachkräftemangel in vielen Branchen“, sagt Hausladen.
Mitte August waren im gemeinsamen Stellenpool der Arbeitsagentur und des Jobcenters 2.160 Stellenangebote gemeldet, zirka 460 Offerten bzw. 26,9 Prozent mehr als im August 2021. Seit Jahresbeginn meldeten die Betriebe und öffentlichen Verwaltungen rund 2.310 Stellen und somit rund 220 Offerten bzw. 8,7 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.
Bewegungszahlen: Mehr Arbeitslosmeldungen als im Vorjahr
Im Laufe des Berichtsmonats meldeten sich aus der Erwerbstätigkeit heraus rund 160 Personen arbeitslos und somit zirka 30 Arbeitnehmer bzw. 20,2 Prozent mehr als im August 2021. Im Gegenzug beendeten zirka 100 Personen ihre Arbeitslosigkeit, um direkt ins Berufsleben zurückzukehren oder einzusteigen. Dies waren rund 30 Arbeitnehmer bzw. 19,8 Prozent weniger als im Vorjahresmonat.
Blick in die Branchen: Gastronomie sucht händeringend nach Personal
Die Auslastung der Betriebe im Hoch- und Tiefbau sowie im Baunebengewerbe ist nach wie vor hoch, teilweise sind bereits Aufträge für 2023 vorhanden. Preise für Baumaterialien sind auf hohem Niveau stabil, Bauvorhaben in den gewerblichen und öffentlichen Bereichen werden ausgeschrieben. Der Stellenbestand ist weiterhin hoch, es herrscht Fachkräftemangel.
Im Groß- und Einzelhandel wurden etliche neue Stellen gemeldet, auch aufgrund Neueröffnungen. Die Umsätze waren zufriedenstellend, Wermutstropfen sind coronabedingte Krankheitsausfälle.
Im Metallgewerbe gibt es weiterhin gute Beschäftigungschancen sowohl für Fachkräfte als auch für Anlernkräfte in der Produktion, im Berichtsmonat gab es erfreulicherweise wieder Arbeitsaufnahmen zu verzeichnen.
Unverändert große Nachfrage an Fachkräften besteht bei den Elektroinstallationsfirmen sowie im Bereich Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik, auch zuverlässige Helfer haben gute Chancen. Die Ausbildungsbereitschaft ist in allen Handwerksbetrieben sehr hoch.
In der Elektronikindustrie gibt es zwar bei einzelnen Bauteilen Lieferschwierigkeiten und höhere Anschaffungskosten, dies hat – Gott sei Dank – aktuell keine negativen Auswirkungen auf die nach wie vor gute Auftragslage und den Personalbedarf.
Die meisten Betriebe des Hotel- und Gaststättenverbandes verfügten im Ferien- und Urlaubsmonat August über eine gute Auslastung, für Fach- als auch für Hilfskräfte bestehen stets gute Vermittlungsmöglichkeiten.
Die Auftragslage der Zeitarbeitsfirmen ist gut, Stellenangebote wurden aus allen Bereichen gemeldet. Gesucht werden Fachkräfte, überwiegend Helfer und auch kaufmännisches Personal.
Die Betriebe des Gesundheitswesens sind sehr gut ausgelastet und es besteht hoher Kräftebedarf. Im Pflegebereich und bei den Zahnarztpraxen spitzt sich die Lage immer mehr zu, was durch die Impfpflicht verstärkt wird. Stellenzugang erfolgte in allen medizinischen Bereichen.
In vielen Wirtschaftszweigen übersteigt die Nachfrage das Angebot und insbesondere Arbeitskräfte mit folgenden Berufen werden aktuell laut Hausladen händeringend gesucht und sind „Mangelware“:
Elektroinstallateure, Maurer, Maschinisten/Baggerführer, Pflegefachkräfte, Physiotherapeuten, Berufskraftfahrer, Köche, Bäcker, Metzger, Elektroingenieure, Schweißer, Industriemechaniker, CNC-Fachkräfte. Der Chamer Agenturchef weist auf die über 2.500 offenen Stellen im Landkreis Cham hin, die unter www.arbeitsagentur.de eingesehen werden können.
Nicht nur deshalb appelliert Hausladen insbesondere an die Jugendlichen und jungen Erwachsenen ohne abgeschlossene Berufsausbildung, die vorhandenen Beratungs-, Bildungs- und Fördermöglichkeiten der Arbeitsagentur und des Jobcenters zu nutzen – „das ist die beste Zukunftsvorsorge“, so der Arbeitsmarktexperte.
Ausbildung: Zahl der Bewerber ist deutlich zurückgegangen
Im Landkreis Cham, zu dem die Geschäftsstellenbezirke Cham und Bad Kötzting gehören, sind bis zum Berichtsmonat knapp 1.720 Ausbildungsstellen zur Besetzung gemeldet worden, das sind 160 Stellen bzw. 10,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Demgegenüber beträgt die Zahl der gemeldeten Bewerber auf gut 580, das sind zirka 100 Personen bzw. 14,3 Prozent weniger als im Vorjahr.
Zahl der Kurzarbeiter hat abgenommen
Im März 2022 befanden sich der neuesten Hochrechnung der BA-Statistik zufolge im Landkreis Cham 850 Beschäftigte in zirka 160 Betrieben in Kurzarbeit. Die Kurzarbeiterquote belief sich auf 1,6 Prozent, im Februar 2022 lag sie noch bei 2,1 Prozent.
Fluchtbewegung aus der Ukraine spürbar
Mitte August waren im Landkreis Cham rund 240 Ukrainerinnen und Ukrainer arbeitslos gemeldet. Damit stellten sie 16,9 Prozent aller Arbeitslosen im Kreis.
In die Region sind allerdings noch mehr Menschen aus der Ukraine gekommen, die teils nicht dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen und daher nicht in der Zahl der Arbeitslosen erfasst sind, so zum Beispiel viele Frauen mit Betreuungspflichten für Kinder. Eine bessere Näherung an den tatsächlichen Wert der Ukrainerinnen und Ukrainer vor Ort bietet daher die Zahl der gemeldeten erwerbsfähigen Personen mit ukrainischer Staatsbürgerschaft. Im Landkreis Cham stieg die Zahl der gemeldeten erwerbsfähigen Personen mit ukrainischer Staatsbürgerschaft von Mitte Juli bis Mitte August um rund 40 auf etwa 620 Betroffene. Diese Zahl enthält alle Arbeitslosen, Arbeitsuchenden sowie Personen, die einen Antrag auf Leistungen der Grundsicherung gestellt haben. Zudem sind in der Zahl volljährige Ukrainerinnen und Ukrainer enthalten, die noch zur Schule gehen, Betreuungspflichten gegenüber Kindern haben oder langfristig erkrankt sind.
Eine weitere Größe, welche bei der Interpretation der aktuellen Situation hilft, sind die sogenannten Bedarfsgemeinschaften. Bei einer Bedarfsgemeinschaft handelt es sich in der Regel um eine Familie, zu der oftmals auch Kinder gehören, mit mindestens einem Regelleistungsberechtigen. In der Gruppe der Ukrainerinnen und Ukrainer gibt es besonders viele Mütter mit Kindern, da die Väter das Herkunftsland oft nicht verlassen konnten. Bis Mitte August waren im Landkreis Cham knapp 390 Bedarfsgemeinschaften gemeldet, in denen mindestens eine Person die ukrainische Staatsbürgerschaft hat. Bei der Interpretation dieser Zahlen ist es zudem zu bedenken, dass aufgrund der volatilen Situation in der Ukraine viel Bewegung bei den Zu- und Abgängen stattfindet.