Stoffbahnen liegen auf den Tischen. Daneben finden sich Rollen mit Nähgarn in vielen Farben. Gleich mehrere Nähmaschinen rattern um die Wette. In Regalen stapeln sich die Resultate echter Handarbeit: Beispielsweise Rucksäcke made in Schwerin mit dem Label Red Rebane. Fünf sozialversicherungspflichtig Beschäftigte stellen mit ihren beiden Chefs, die ebenfalls begeistert nähen, die beliebten und mehrfach prämierten Produkte mit dem Rotfuchs (Red Rebane) her. Diese zwei Frauen und drei Männer verbindet aber mehr als die gemeinsame Tätigkeit: Sie alle haben entweder einen Migrationshintergrund oder leben mit einer Behinderung. Die meisten waren länger arbeitslos und fanden erst in der Taschenmanufaktur von Christian Karius und Stephan Rodewald wieder Anschluss an berufliche Teilhabe.
Wie das funktioniert hat, darüber informierte sich die Integrationsbeauftragte der
Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan (SPD), anlässlich des 10. Deutschen Diversity-Tages vor Ort. Bei einem Rundgang schaute die Staatsministerin den versierten Näherinnen und Nähern über die Schulter und hinterfragte interessiert die verschiedenen Lebenswege, die alle bei Red Rebane zusammenführten. „Es dauert gut ein Jahr, bis ein Mitarbeiter eingearbeitet ist. Wenn man das gemeinsam schafft, möchte man doch keinen wieder gehen lassen“, sagt Christian Karius. Wie ernst dem Geschäftsführer eine nachhaltige Integration in Arbeit ist, zeigt sich am Beispiel seines Mitarbeiters Christian Dahl. Er kam als Schwerbehinderter in die Werkstatt und arbeitete an der Nähmaschine. Aus gesundheitlichen Gründen ist ihm das nicht mehr möglich. Über eine Förderung durch das Qualifizierungschancengesetz erwirbt er jetzt kaufmännisches Know-how und steht dem Unternehmen so künftig zur Verfügung. „In einem so kleinen Betrieb, wie dem unseren, spielt Teamfähigkeit eine große Rolle. Die verschiedenen Erfahrungen unserer Mitarbeiter bereichern unser Miteinander“, findet Geschäftsführer Stephan Rodewald. Das Leben in der Werkstatt sei so bunt wie die Materialien, die zu stylischen Fahrradtaschen und Backpacks verarbeitet werden.
„Red Rebane ist ein echter Vorzeige-Betrieb in Sachen Diversität. Hier werden die Menschen hinter einer Bewerbung gesehen. Jeder, der sich in der Taschenmanufaktur einbringen möchte, erhält eine Chance – unabhängig von Herkunft und Lebensgeschichte“, sagt Claudia Stange. Als Fachkraft im gemeinsamen Arbeitgeber-Service betreut sie Unternehmen und arbeitet seit langem sehr eng mit Red Rebane zusammen.
„Vielfalt ist für die Bundesagentur für Arbeit ein wichtiger Erfolgsfaktor in Bezug auf die Kundenorientierung und Arbeitgeberattraktivität. Im Rahmen ihres Diversity Managements und als Unterzeichnerin der Charta der Vielfalt fördert die BA aktiv Diversität und Chancengleichheit. Dies ist ein geschäftspolitisches Ziel“, betont Guntram Sydow. Mit Blick auf den Bezirk Westmecklenburg betont der Schweriner Agenturchef: „Jeder Kopf zählt im Kampf gegen den Fachkräftemangel. Dank umfangreicher Förderinstrumente können wir Arbeitsuchende und Unternehmen gleichermaßen unterstützen und unterschiedlichste Qualifizierungsangebote machen. Dabei spüren wir immer wieder: Vielfalt ist ein Gewinn in jedem Unternehmen.“ In der Region sind derzeit 6.300 Stellen unbesetzt. Gleichzeitig suchen 1.100 Menschen mit einer Behinderung nach einer Tätigkeit. „Der Diversity-Tag ist ein guter Anlass darüber nachzudenken, diesen Menschen eine Chance zu geben, anstatt für nicht besetzte Pflichtarbeitsplätze eine Ausgleichsabgabe zu zahlen.“
Am 31. Mai begeht die Charta der Vielfalt e.V. zusammen mit zahlreichen Organisationen deutschlandweit das zehnjährige Jubiläum des Aktionstages für Diversity in der Arbeitswelt. Ziel ist es, in der Gesellschaft auf das Thema „Vielfalt“ aufmerksam zu machen und sich für Vielfalt einzusetzen.