Nachdem die Frühjahrsbelebung bereits in den Vormonaten auf sich warten lies und der Arbeitsmarkt merklich an Schwung verloren hatte, schlägt sich in den Zahlen jetzt nieder, was Frühindikatoren bereits vorab haben vermuten lassen: Die Zahl der Arbeitslosen steigt leicht. Die Stimmung auf dem Arbeitsmarkt kühlt sich etwas ab und das, obwohl die Außentemperaturen im Juni für frühsommerliche Stimmung sorgten. Die schwache wirtschaftliche Dynamik wirkt sich auf die Nachfrage nach Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aus. Die frühen Sommerferien führen zusätzlich dazu, dass Neueinstellungen aufgeschoben werden. Aber schon seit Jahresbeginn ist hier eine Zurückhaltung bei den hiesigen Unternehmen spürbar, die unter anderem auch mit einem Engpass an Personal zu begründen ist. Gleichzeitig markiert die Jahresmitte das Ende vieler Ausbildungsverhältnisse und setzt junge Menschen frei.
In Summe jedoch beweist sich der regionale Arbeitsmarkt weiterhin insgesamt als robust: Die vergleichsweise geringe Arbeitslosigkeit in beiden Kreisen und die solide Beschäftigungslage stabilisieren den Einfluss, den eher dämpfende Faktoren, wie die abgeflachte Konjunktur, auf den Arbeitsmarkt ausüben. Dieser wird sich auch, vorsichtig prognostiziert, in den kommenden Monaten eher verhalten entwickeln. Denn auch die Zahl gemeldeter Stellenangebote stagniert weiter, jedoch auf einem hohen Niveau. Als ein zusätzlicher Dämpfer wirkt auch das Ungleichgewicht zwischen den formalen Anforderungen bei der Besetzung offener Stellen und den Kenntnissen, die Bewerberinnen und Bewerber ihrseits anbieten können. Gestiegene Anforderungsprofile in einzelnen Berufsbildern und Tätigkeitsbereichen, aufgrund der Modernisierung der Arbeitswelt, werden die nahe Zukunft aber weiterhin stark prägen. Stephanie Krömer, Vorsitzende der Geschäftsführung der Arbeitsagentur Siegen, fasst die Situation so zusammen: „ Viele der bislang gut qualifizierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit jahrelanger Berufserfahrung werden immer öfter in die Situation gelangen, bedingt durch den technologischen Wandel etwa, das bisherige umfangreiche Berufswissen mittels Nachqualifizierung und Weiterbildung aktuell halten zu müssen und zu erweitern. Sie tragen so dazu bei, ihre eigene berufliche Biografie auf tragfähige Säulen zu stellen und den Anschluss nicht zu verlieren. Ausserdem bilden sie einen unserer wichtigsten Hebel, zur Lösung des Fachkräftebedarfs in der Region beizutragen.“
Ein Jahr ukrainische Geflüchtete in der Grundsicherung
Mit dem Berichtsmonat Juni jährt sich erstmalig der Zeitpunkt der Betreuung ukrainischer Staatsangehöriger, die aufgrund des russischen Angriffskrieges Zuflucht in vielen Ländern Europas, darunter auch Deutschland und damit auch in den beiden Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe, fanden. Dazu erklärt Christopher Sczudlik, Geschäftsführer des Jobcenters Kreis Siegen-Wittgenstein: „Seit dem 1. Juni vergangenen Jahres stellen die Kolleginnen und Kollegen sicher, dass neben der finanziellen Unterstützung auch die persönliche Beratung und Begleitung auf dem Weg zu Spracherwerb, Beschäftigung oder Qualifizierung gewährleistet wird. Die Herausforderung erfordert Fingerspitzengefühl: Junge Frauen mit Kindern werden in ihren beruflichen Ambitionen unterstützt - immer mit Blick auf die ungewohnte Lebenssituation, in der sie sich befinden. Im Alltag müssen hierfür viele Hürden überwunden werden: Die Suche nach Wohnraum und Kinderbetreuung, die Anerkennung des eigenen Berufsabschlusses, der notwendige Spracherwerb. Es ist für alle Beteiligten eine besondere Situation, unter den zurückliegenden Eindrücken der Flucht Alltägliches zu bewältigen. Das erfordert Feingefühl und Verständnis auf beiden Seiten.“ Die in der Region lebenden Ukrainerinnen und Ukrainer sind vergleichsweise jung und gut qualifiziert. Und doch braucht ein Berufseinstieg Zeit. Auf dem Arbeitsmarkt sind gute Deutschkenntnisse oft unerlässlich und gute Englischkenntnisse oft nicht ausreichend. Daher ist die Teilnahme an einem Integrationskurs und ergänzend berufsbezogene Sprachförderung erforderlich. Vorteilhaft ist, dass der Arbeitsmarkt in der Region aufnahmefähig ist und Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber Flexibilität signalisieren.
Zweite Stufe Bürgergeld
Zum 1. Januar diesen Jahres wurde das Bürgergeld eingeführt. In zwei Schritten sollen die Kernelemente der Reform in die Umsetzung gehen. Mit der ersten Stufe wurden zum Jahresbeginn die Regelbedarfe erhöht und die Karenzzeiten für Wohnen und Vermögen eingeführt. Alle Leistungsberechtigten profitierten von dem rechtzeitigen Erhalt der höheren Bedarfszahlungen. Mit der unmittelbar bevorstehenden zweiten Stufe, zum Monatswechsel am 1. Juli, bekommt vor allem der so wichtige Bereich Qualifizierung zukünftig einen noch höheren Stellenwert: „Die Kolleginnen und Kollegen des Jobcenters können die Menschen noch besser und individueller fördern. Das zusätzliche Handwerkszeug unterstützt die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dabei, ihre Arbeit noch nachhaltiger zu gestalten. Die Reform ist damit mehr als nur eine bloße Namensänderung. Sie wird im Leben der Menschen zu spürbaren Veränderungen führen“, erläutert Christopher Sczudlik, Geschäftsführer des Jobcenters Kreis Siegen-Wittgenstein, die Auswirkungen des Reformvorhabens. Durch den Wegfall des Vermittlungsvorgangs bereits zum Jahreswechsel liegt der Fokus nunmehr klar auf Bildung und Nachhaltigkeit in der Vermittlung. Daneben flankieren finanzielle Anreize, sich für den Arbeitsmarkt von morgen qualifiziert aufzustellen: Weiterbildungsgeld und Weiterbildungsprämien motivieren zusätzlich, auch Lernentwöhnte, das anvisierte Ziel der Zwischen- und Abschlussprüfungen nicht aus den Augen zu verlieren. Des Weiteren haben durch den Anstieg der Freibeträge Menschen mit Arbeit mehr Geld als vorher zur Verfügung. Das soll Erwerbsanreize setzen für die Bürgerinnen und Bürger, die neben ihrer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung aufstockend Bürgergeld erhalten.