Am 29. Mai luden die Siegener Arbeitsagentur und das Jobcenter Kreis Olpe Abgeordnete des Bundestages und des Landtages Nordrhein-Westfalen zum Austausch ein. Bis hierhin wollte man ein Resümee ziehen und auf das bisher Geleistete blicken. Der Politik wurde aus der Praxis berichtet, denn die anwesenden Vertreterinnen und Vertreter erfüllen eine wichtige Multiplikatoren-Rolle. Und die galt es im Gespräch zu nutzen, um die Idee des Job-Turbos zu tragen und das gemeinsame Ziel weiter zu verfolgen: Geflüchteten eine Perspektive in der Region bieten.
Olpe: Partnerschaftlich erfolgt die Umsetzung aller Aktivitäten - im Schulterschluss sozusagen. Oder wie die Leiterin der Agentur für Arbeit Siegen, Stephanie Krömer, das Bestreben bildlich zusammenfasst: „Der Kontakt muss glühen zwischen den Kolleginnen und Kollegen im Sinne unserer Kundinnen und Kunden“. Und genauso funktioniert das Engagement aller, die nicht erst seit dem Job-Turbo, aber hierdurch nochmal fokussierter, für die Kundengruppe der Geflüchteten und deren Integration in Arbeit mit anpacken. Hans-Georg Völmicke, Geschäftsführer im Jobcenter Olpe, beschreibt die Ankommens-Situation vieler geflüchteter Menschen, sowohl aus der Ukraine seit Februar 2022, als auch aus einem der sogenannten Top-8-Herkunftsländern¹ in den Jahren davor so: „Den Menschen steht erstmal nicht der Kopf nach Arbeit in solch einer akuten Krisensituation. Wir sind sehr zufrieden sagen zu können, dass wir diesen Menschen helfen konnten.“
Zu Beginn lag der Schwerpunkt in der Arbeit mit Geflüchteten auf einem grundständigen Spracherwerb. Schnell habe auch der Qualifizierungs- und Vermittlungsgedanke eine Rolle gespielt. Man hat Wege gesucht und auch gefunden, bereits vorhandenes berufliches Know-How adäquat in einer Beschäftigung in der Region Anwendung finden zu lassen.
¹ Mit einer der folgenden Staatsangehörigkeit: Afghanistan, Eritrea, Iran, Irak, Nigeria, Pakistan, Somalia, Syrien
Etwa wenn die gelernte Buchhalterin aus der Ukraine durch eine Kassiertätigkeit hier vor Ort gleich berufsbegleitend Sprachkenntnisse erwirbt, um dann wieder Schritt für Schritt näher an ihre erlernte Tätigkeit aus dem Herkunftsland heranzurücken. Sind berufsbezogene Deutschkenntnisse dann vorhanden, kann, wo erforderlich, in einem weiteren Step durch eine Anpassungsqualifizierung der Weg in die ursprüngliche Tätigkeit auch in Deutschland gebahnt werden.
Durch den Job-Turbo flankiert, nimmt diese Dynamik nochmal an Fahrt auf. Stephanie Krömer betont im Gespräch mit den anwesenden Vertreterinnen und Vertretern der Landes- und Bundespolitik: „Wir machen uns für die Kundinnen und Kunden stark. Der Arbeits- und Fachkräftebedarf in der Region ist hoch. Diese Menschen sind schon da, wir dürfen diese wertvolle Ressource, auch mit Blick auf die Engpasssituation hierzulande, nicht unberücksichtigt lassen. Zumal sich mit unserer Begleitung in eine Beschäftigung für diesen Personenkreis auch Perspektive bietet, um zu bleiben.“
Auch in Olpe erfolgt die vertrauensvolle Ansprache der Geflüchteten zudem über die „Communities“. Das können Menschen gleicher Herkunft sein, die bereits Vertrauen zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Agentur für Arbeit und Jobcenter und den behördlichen Strukturen gefasst haben und die nun im Dialog den Neuangekommen in der Herkunftssprache helfen. Auch der Zugang über Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer oder Wohlfahrtsverbände hilft, die Menschen mit Fluchtgeschichte über die vielen Unterstützungsmöglichkeiten zu informieren.
Zur Wahrheit gehört, auch das spiegelt die Arbeitsrealität vieler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wider, die motiviert ihr Bestes tun, um die Menschen nachhaltig und schnell in Arbeit zu begleiten: Wenn beides fehlt, ein ausreichendes Sprachverständnis und eine erforderliche Qualifikation, werden die Wege länger. Oder es werden von den Betroffenen selbst schnelle Integrationswege gewählt, so Hans-Georg Völmicke: „Keine oder keiner landet bei uns einfach an der Kasse oder in der Reinigung. Wir haben im Blick, wo auch für unsere von Fachkräfteengpässen gekennzeichnete Region ein echter Mehrwert entsteht.“ Und Stephanie Krömer ergänzt hierzu: „Wir haben immer die Bedarfe der Region im Blick und legen diese mit dem übereinander, was die Kundinnen und Kunden selbst wünschen und mitbringen.“
Nochmal von besonderer Bedeutung ist dem Geschäftsführer des Jobcenters ein Personenkreis, den es unter keinen Umständen gilt aus dem Blick zu verlieren: Junge Geflüchtete. Bei denen, so betont er, hat der Berufsabschluss oberste Priorität. Das aber viele Jugendliche hiervon noch sehr weit weg sind, kann auch er nicht negieren: „Aber diese jungen Menschen versuchen wir unter Einbezug aller Partner zurück auf den Weg zu holen. Keiner darf uns verloren gehen.“ Erfreulich ist daher der Trend, dass sich immer mehr Jugendliche mit ausländischen Wurzeln für eine duale Ausbildung entscheiden. Krömer ergänzt hierzu: „Wir beobachten zudem, dass die Auflösungsquoten in der dualen Ausbildung rückläufig sind. Und: Wenn diese Jugendlichen einmal auf dem Arbeitsmarkt Fuß gefasst haben, gehen sie ihren Weg.“
In einem anderen Punkt wenden sich beide einstimmig, die Agenturleiterin und der Geschäftsführer des Jobcenters, an die anwesenden Vertreter der Landes- und Bundespolitik: „Eine auskömmliche finanzielle Ausstattung und ausreichende Mittel ermöglichen Spielräume, diesem besonderen Personenkreis gezielt unter die Arme zu greifen. Das muss so bleiben. Wir stehen jetzt an einem Punkt, wo wir investieren müssen. Aber das zahlt sich später aus.“