Noch immer haben es Menschen mit einer Behinderung im Vergleich zu nicht behinderten Menschen deutlich schwerer, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.
„Die Vorurteile gegenüber Menschen mit Behinderung halten sich hartnäckig. Und diese Vorurteile oder auch Ängste halten viele Unternehmen davon ab, freie Stellen mit schwerbehinderten Mitarbeitern zu besetzen“, so Dr. Jürgen Radloff, Chef der Arbeitsagentur Stralsund. „Dabei haben Behinderungen oft keine oder nur geringe Auswirkungen auf die Berufsausübung der Arbeitnehmer. Und oft können Beeinträchtigungen mit besonderen Stärken kompensiert werden.“
Gerade in einer Zeit, in der die Betriebe über Personalengpässe klagen, stellen Menschen mit Behinderungen ein Arbeitskräftepotenzial dar, auf das die Unternehmen nicht verzichten sollten.
„Wer als Arbeitgeber Menschen mit Behinderung eine Chance gibt, wird sein Unternehmen um motivierte und engagierte Mitarbeiter bereichern“, weiß auch Nancy Ehrich, Teamleiterin in der Arbeitsagentur. „Natürlich kommt es vor, dass die schwerbehinderten Bewerberinnen und Bewerber nicht genau auf die jeweilige Stelle passen bzw. der Arbeitgeber unsicher ist, ob der neue Mitarbeiter die gestellten Aufgaben bewältigen kann. Hier helfen und begleiten wir als Arbeitsagentur die Unternehmen mit Trainingsmaßnahmen oder Probebeschäftigungen, ohne, dass der Arbeitgeber sich frühzeitig vertraglich binden muss. Auch für den behinderten Menschen soll diese Zeit zum Ausprobieren seiner Möglichkeiten dienen.“
Nancy Ehrich kennt die Vorurteile, mit denen Menschen mit Behinderungen zu kämpfen haben. Dabei können viele dieser Vorurteile ganz einfach entkräftet werden. „Immer wieder höre ich, schwerbehinderte Mitarbeiter wären häufiger krank und nur eingeschränkt leistungsfähig. Doch das ist falsch! Alle Erfahrungen zeigen, dass sich die krankheitsbedingten Fehlzeiten von behinderten Menschen nicht von anderen Mitarbeitern unterscheiden. Menschen mit Handicap kennen ihre Belastungsgrenzen und sind meist gut auf ihre Behinderung eingestellt. Die körperlichen Defizite sind zudem häufig zum Beispiel durch Hörgeräte, besondere Bildschirme oder angepasste Tische ausgeglichen.“
Eine weitere Behauptung: Schwerbehinderte Mitarbeiter sind unkündbar. Doch auch das stimmt nicht. Auch Schwerbehinderte sind kündbar. In den ersten sechs Monaten des Beschäftigungsverhältnisses besteht kein besonderer Kündigungsschutz. Danach bedarf die Kündigung der Zustimmung des zuständigen Integrationsamtes. Dabei wird geprüft, ob es Möglichkeiten gibt, um das Beschäftigungsverhältnis gegebenenfalls zu erhalten. Sollten die Bedingungen für den Arbeitgeber nicht zumutbar sein, wird nicht am Beschäftigungsverhältnis festgehalten. Auch bei verhaltensbedingten Gründen oder vertragswidrigen Pflichtverletzungen besteht kein besonderer Kündigungsschutz.
Die Liste an Vorurteilen und falschen Annahmen könnte noch weiter fortgesetzt werden. Dabei bringt die Einstellung eines schwerbehinderten Mitarbeiters sogar Vorteile. Und für jeden beschäftigten schwerbehinderten Menschen spart der Betrieb die sonst fällige Ausgleichsabgabe. Angerechnet werden können auf diese Arbeitsplätze neben schwerbehinderten Menschen auch ihnen Gleichgestellte. Das sind Menschen, die einen Grad der Behinderung von mindestens 30 und weniger als 50 haben. Außerdem kann die Einstellung von schwerbehinderten Menschen durch die Agentur für Arbeit oder den jeweiligen beruflichen Rehabilitationsträger unter bestimmten Voraussetzungen mit verschiedenen Zuschüssen gefördert werden.
Zu allen Fragen rund um die Einstellung von schwerbehinderten Mitarbeitern berät der Arbeitgeberservice der Arbeitsagentur. Unternehmen können ihren persönlichen Ansprechpartner kontaktieren oder sie wählen die kostenfreie Hotline 0800 4 5555 20