Im August ist die Arbeitslosigkeit im Agenturbezirk Stralsund um über 500 Personen angestiegen. Das ist ein Zuwachs gegenüber dem Vormonat um 5,7 Prozent. Insgesamt sind in der Region zwischen Sassnitz und Marlow aktuell 9.858 Männer und Frauen ohne Job. Die Arbeitslosenquote stieg von 8,3 Prozent im Juli auf jetzt 8,8 Prozent.
„Ein Ansteigen der Arbeitslosigkeit im August ist an sich nicht ungewöhnlich“, so Thorsten Nappe, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Stralsund. „In den Sommermonaten registrieren wir kaum Einstellungen in nennenswerter Größenordnung. Dazu kommen dann noch Arbeitslosmeldungen von jungen Menschen zwischen Schule und Ausbildung bzw. von Jugendlichen, die nach ihrer Ausbildung nicht übernommen werden. Das sorgt regelmäßig für eine Sommerflaute am Arbeitsmarkt.“
Betrachtet man die Beschäftigungslosigkeit nach Branchen, kommt in diesem Monat allerdings noch ein zusätzlicher Effekt hinzu: die Arbeitslosmeldungen im Bereich Erziehung und Bildung. Hier handelt es sich um Arbeitskräfte, die als Schulbegleiterinnen und Schulbegleiter beschäftigt waren – in der Zeit der Sommerferien allerdings in die Beschäftigungslosigkeit gehen. „Mittlerweile hat das neue Schuljahr wieder begonnen und die meisten dieser Personen dürften wieder in Beschäftigung sein, allerdings führten diese ‚saisonalen‘ Entlassungen doch zu einem Effekt, der den Arbeitsmarkt zumindest kurzfristig beeinflusst hat“, so Thorsten Nappe.
Neben der Arbeitsmarktentwicklung gegenüber dem Vormonat ist dem Chef der Arbeitsagentur aber noch die Betrachtung des Vorjahresvergleiches wichtig. „Aktuell haben wir einen leichten Anstieg zu den Augustwerten des Jahres 2022 zu verzeichnen.“ Vor 12 Monaten waren 9.729 Männer und Frauen arbeitslos gemeldet. Das waren 129 Personen (1,3 Prozent) weniger als im aktuellen Berichtsmonat. „Das ist kein starker Anstieg“, so Nappe. „Wenn ich mir allerdings die Verteilung der Arbeitslosigkeit nach Wirtschaftsbereichen ansehe, spielt sich ein großer Teil dieser Zunahme im Bereich des Hotel- und Gastronomiegewerbes ab. Wir registrieren hier etwas weniger Einstellungen, als wir das normalerweise erwarten würden.“
Für den Agenturchef hat diese Entwicklung eine besondere Bedeutung: „In unserer stark touristisch geprägten Region ist die Hotellerie und Gastronomie zusammen mit dem Handel der dominierende Wirtschaftsbereich“, so der Agenturchef. „Daher schauen wir auch sehr genau auf die Entwicklungen gerade in diesem Sektor. In der Vor-Corona-Zeit bescherte uns der Tourismus-Boom noch eine sensationell niedrige Arbeitslosigkeit. So waren im August 2019 gerade einmal 7.777 Männer und Frauen ohne Job und die Arbeitslosenquote erreichte mit einem Wert von 6,9 Prozent beinahe den niedrigsten Wert seit der Wiedervereinigung. Von diesem Niveau sind wir aktuell meilenweit entfernt.“
Die Tourismuswirtschaft ist nicht der einzige Bereich, der sich auf veränderte wirtschaftliche Rahmenbedingungen einstellen muss. Auch andere Branchen kämpfen mit schwierigen Situationen, so etwa der Baubereich, aber auch das produzierende Gewerbe oder die unternehmensnahen Dienstleistungen. Zusätzlich belastet die Situation der ukrainischen Flüchtlinge den Arbeitsmarkt. In der Summe ist die Zahl der Arbeitslosen in der Region im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 um 25 Prozent angestiegen. „Angesichts von Unternehmerklagen über Fachkräfteengpässe und Personalmangel eröffnet dies allerdings auch Chancen für die Betriebe“, so Nappe. Er verweist in diesem Zusammenhang auf die Unterstützungsmöglichkeiten der Arbeitsagentur. „Durch gezielte Fortbildungen und Qualifizierungen können Arbeitslose für neue Tätigkeitsfelder qualifiziert werden.“
Wie sich die Arbeitsmarktentwicklung fortsetzen wird, ist für den Agenturchef nicht leicht zu beurteilen. „Es fällt momentan schwer, eine mittelfristige Prognose für den Arbeitsmarkt abzugeben, da viele Entwicklungen und deren Effekte nicht genau vorherzusagen sind. Für den September rechne ich allerdings mit einer leichten Herbstbelebung am Arbeitsmarkt. Der offizielle Start des Ausbildungsjahres zum 1. September und Personaleinstellungen nach den Sommerferien führen normalerweise zu diesem positiven Arbeitsmarkteffekt.“