Bilanz für das Jahr 2021 im Agenturbezirk Stuttgart
Alles in allem war die Entwicklung des Arbeitsmarktes im Agenturbezirk Stuttgart im Verlauf des Jahres 2021 gut. Die Corona-Krise hat sich zwar deutlich ausgewirkt, der Arbeitsmarkt reagierte allerdings robust. In den ersten Monaten 2021 kam es trotz der anhaltenden Beschränkungen zu einer Frühjahrsbelebung, die sich im Sommer mit erhöhter Dynamik fortsetzte. „Viele Menschen konnten von dem Instrument der Kurzarbeit profitieren und damit drohende Arbeitslosigkeit abwenden“, erläutert Johann Beck, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Stuttgart. „Wir haben auch im Jahr 2021 die finanziellen Leistungen verlässlich ausgezahlt und waren durchgehend für unsere Kundinnen und Kunden erreichbar“. Tobias Pieper, Geschäftsführer operativ, ergänzt: „Erreichbarkeit, schnelle und kompetente Anliegensklärung, dafür stehen wir auch in der Pandemie, nur etwas anders als früher. Telefonisch, per Video oder auch persönlich in besonders eingerichteten Büros wurden finanzielle Fragen, Vermittlungswünsche oder Qualifizierungsanliegen geklärt. Daneben hat sich die intensive Arbeit mit Jugendlichen und Ausbildungsbetrieben auch während der Pandemie ausgezahlt. Die Jugendarbeitslosigkeit hat sich mit einem Bestand im Jahresdurchschnitt von 1.761 um beeindruckende 19,7 Prozent gegenüber dem Jahr 2020 reduziert.“
Zweites Jahr Corona Krise – die Zahlen
Mit einem durchschnittlichen Jahresbestand von 25.717 arbeitslos gemeldeten Männern und Frauen hat sich die Arbeitslosigkeit 2021 gegenüber dem Vorjahr um 4,2 Prozent verringert (-1.127 Personen). Die jahresdurchschnittliche Arbeitslosenquote ist seit dem Vorjahr um 0,2 Prozentpunkte gesunken und betrug 4,5 Prozent. Obwohl sich die Konjunktur aufgrund der im März 2020 begonnenen, rein pandemiebedingten Krise kontinuierlich erholte, ist sie vom Stand des Vorkrisenjahres 2019 mit einem Wert von 3,6 Prozent noch weit entfernt.
Mit einem Zuwachs um 30,1 Prozent (2.302 Personen) auf 9.956 ist die Gruppe der Langzeitarbeitslosen noch am stärksten von den Folgen der Krise betroffen. Fachkräftesicherung und Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit bleiben die großen Herausforderungen der kommenden Jahre.
Landeshauptstadt Stuttgart
Mit einem durchschnittlichen Jahresbestand von 17.724 arbeitslos gemeldeten Männern und Frauen hat sich die Arbeitslosigkeit 2021 gegenüber dem Vorjahr um 4,8 Prozent verringert (-892 Personen). Die jahresdurchschnittliche Arbeitslosenquote lag bei 5,1 Prozent (2020: 5,3 Prozent). Bei den jungen Menschen bis 25 Jahre verringerte sich der durchschnittliche Jahresbestand auf 1.241 Personen. Dies entspricht einer Reduktion um 18,3 Prozent (-279 Personen). Die Langzeitarbeitslosigkeit hat sich dagegen um 27,7 Prozent (1.640 Personen) auf einen Bestand von 7.558 erhöht.
Landkreis Böblingen
Mit einem durchschnittlichen Jahresbestand von 7.992 arbeitslos gemeldeten Männern und Frauen hat sich die Arbeitslosigkeit 2021 gegenüber dem Vorjahr um 2,9 Prozent verringert (-235 Personen). Die jahresdurchschnittliche Arbeitslosenquote lag bei 3,6 Prozent (2020: 3,7 Prozent). Bei den jungen Menschen bis 25 Jahren verringerte sich der durchschnittliche Jahresbestand auf 520 Personen. Dies entspricht einer Reduktion um 22,7 Prozent (-153 Personen). Die Langzeitarbeitslosigkeit hat sich dagegen um 38,1 Prozent (662 Personen) auf einen Bestand von 2.399 Personen erhöht.
Leicht positiver Beschäftigungstrend
In Stuttgart waren 2021 wieder mehr Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Sank die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten 2020 noch leicht im Vergleich zum Vorjahr, so stieg diese zum 30.6.21 im Vergleich zu 2020 um 4.007 oder 0,7 Prozent auf 608.579.
Vor allem im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung, aber auch im Gesundheitswesen, in der Pflege, der IT-Branche oder den wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen wurden wieder deutlich mehr Mitarbeiter/-innen eingestellt. Allerdings gab es auch weiterhin Beschäftigungsverluste – vor allem im Gastgewerbe, dem verarbeitenden Gewerbe sowie bei den sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen, wie z.B. der Reinigungsbranche, dem Tourismus oder der Veranstaltungsbranche.
Kurzarbeit bietet klare Perspektiven und sichert Arbeitsplätze
Im Februar 2021, zur Hochphase des damals seit drei Monaten andauernden harten Lockdowns, bezogen im Agenturbezirk insgesamt 6.381 Betriebe für 50.067 ArbeitnehmerInnen Kurzarbeitergeld. Das Beschäftigungsäquivalent belief sich auf 27.806 ArbeitnehmerInnen. Mit dieser Kennzahl wird der Umfang der durch Kurzarbeit ausgefallenen Arbeitszeit (100-prozentiger Arbeitsausfall) ausgewiesen. Auf Vollzeitstellen gerechnet, konnten so quasi 27.806 Arbeitsplätze gerettet werden. Mit dem Ende des Lockdowns verlagerten sich die Ursachen für die Kurzarbeit im Verlauf des Jahres zunehmend auf Lieferengpässe und Rohstoffmangel z.B. bei Automobilzulieferern. Corona spielte eher noch eine Nebenrolle. Die Kurzarbeiterquote sank allein bis August (aktuellster Wert) auf lediglich 2,4 Prozent. Im Februar 2021 waren es noch 7,8 Prozent.
Seit der Ankündigung und der Ergreifung erneuter Maßnahmen zur Eindämmung der vierten Corona-Welle im letzten Quartal des Jahres, stieg die Kurzarbeit jedoch wieder sprunghaft an. Erneut waren überwiegend der Einzelhandel, der Hotel- und Gaststättenbereich, Dienstleister wie z.B. Friseure, die Veranstaltungsbranche, Schausteller aber auch Automobilzulieferer betroffen. „Um die rechtzeitige Auszahlung von Kurzarbeitergeld sicherzustellen, haben wir zur Bearbeitung der eingehenden Anzeigen und Anträge Personal aus allen Bereichen der Agentur abgestellt.“, fasst Johann Beck zusammen.
Stellenmarkt – Jobchancen
Im Jahresdurchschnitt hatte der Arbeitgeberservice der Agentur für Arbeit Stuttgart 8.431 sozialversicherungspflichtige Stellenangebote im Bestand. Das waren 10,7 Prozent (+761) mehr als im Vorjahr. Im Landkreis Böblingen erhöhte sich der Bestand sogar um 22,5 Prozent auf 2.621 Stellenangebote (+481). Aufgrund der spürbaren Erholung großer Teile der Wirtschaft und des wieder gestiegenen Personalbedarfs, wurden dem Arbeitgeberservice im vergangenen Jahr insgesamt 29.016 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsangebote gemeldet. Das waren 2.355 mehr Stellen (+8,8 Prozent) als im Vorjahr. In der Landeshauptstadt Stuttgart waren es im Jahresverlauf 20.276 gemeldete Stellen, das entspricht einem Plus von 915 Stellen (+4,7 Prozent). Im Landkreis Böblingen waren es im Jahresverlauf 8.740 gemeldete Stellen, das entspricht einem Plus von 1.440 Stellen (+19,7 Prozent).
Ausbildungsmarkt – viele Chancen trotz Pandemie
Bedingt durch die Corona Krise ging 2021 sowohl die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber als auch die der Ausbildungsstellen zurück. Das „Berufsberatungsjahr“ beginnt am 01.10. und endet zum 30.09. Im Laufe dieses „Berufsberatungsjahrs“ waren der Agentur für Arbeit Stuttgart 5.626 Ausbildungsstellen gemeldet worden, ein Minus von 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Am 30.09.2021 waren davon noch 707 Stellen unbesetzt. Auch bei den Bewerberinnen und Bewerbern gab es einen Rückgang im Vergleich zum Vorjahr: Über das Ausbildungsjahr hinweg hatten sich insgesamt 4.305 junge Frauen und Männer für eine Ausbildungsstelle gemeldet, knapp 14 Prozent weniger als im Vorjahr.
Die Unsicherheit auf beiden Seiten war groß: Viele Unternehmen konnten die Auftragslage und zum Teil auch die Verfügbarkeit der Rohstoffe aufgrund Lieferschwierigkeiten schwer voraussagen und hatten daher weniger Planungssicherheit als üblich.
Bei vielen Jugendlichen war die Unsicherheit ebenfalls spürbar. Viele Schülerinnen und Schüler wollten erst mal ihren Schulabschluss erfolgreich bestehen, da Homeschooling oder Hybridunterricht eine besondere Herausforderung darstellten. Berufsfindung bzw. die Planung, wie es nach der Schule weitergeht, begann vielfach verspätet oder wurde verschoben. Die Realisierung von Ausbildungsplänen oder Alternativen verlagerte sich somit – stärker als in den Vorjahren – in das sogenannte 5. Quartal, sprich die Zeit nach offiziellem Ausbildungsbeginn bis Jahresende 2021.
Bei der Agentur für Arbeit Stuttgart waren im „5. Quartal“ 2021 333 (Landeshauptstadt Stuttgart: 201, Landkreis Böblingen: 132) Bewerberinnen und Bewerber für eine Ausbildungsstelle gemeldet. Dies kam Unternehmen zugute, die weiterhin Bedarf an Fachkräften haben und dringend Nachwuchs suchen: 65 junge Männer und Frauen (Landeshauptstadt Stuttgart: 40, Landkreis Böblingen 25) konnten bis Jahresende erfolgreich in eine duale Ausbildung vermittelt werden und fanden noch rechtzeitig den Anschluss an den ersten Ausbildungsjahrgang; weitere 67 (Landeshauptstadt Stuttgart: 48, Landkreis Böblingen 19) mündeten in eine weiterführende Schule oder in ein Studium ein, und 60 (Landeshauptstadt Stuttgart: 43, Landkreis Böblingen 17) konnten eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder entschieden sich für einen Freiwilligendienst.
Bis 31.12.2021 wurden der Agentur für Arbeit Stuttgart 791 offene Ausbildungsstellen von Unternehmen gemeldet (Landeshauptstadt Stuttgart: 584, Landkreis Böblingen 205). „Das heißt, dass es im Agenturbezirk weiterhin einen Stellenüberhang und somit einen 'Bewerbermarkt' gibt. Junge Menschen haben also auch in Zeiten der Pandemie sehr gute Chancen, eine Ausbildungsstelle zu finden“, stellt Beck fest. „Eine duale Ausbildung ist ein erfolg- und aussichtsreicher Start ins Berufsleben“, ergänzt er weiter. Schließlich seien die Auszubildenden von heute die Fachkräfte von morgen.
Die komplette Ausbildungsmarkt-Bilanz 2020/2021, erschienen im November 2021, ist abzurufen unter www.arbeitsagentur.de/stuttgart -> Statistik. Dort findet man auch die Zahlen getrennt ausgewiesen für die Landeshauptstadt Stuttgart und den Landkreis Böblingen. Die Zahlen von Oktober 2021 bis Ende Dezember 2021 sind dem vorliegenden Bericht angefügt.
Zukunftsthemen legen auch während einer Pandemie keine Pause ein:
Ausblick 2022
- Der Arbeitsmarkt wird auch 2022 weiter von der Corona-Pandemie beeinflusst werden
- Die Dimensionen des Corona-Einflusses und der Lieferengpässe 2022 bleibt abzuwarten
- Wichtigste Themen auch in 2022: Fachkräftemangel, demografischer Wandel, Strukturwandel im Automotive-Bereich und Digitalisierung
Johann Beck blickt nach vorne: „2022 wird Corona am Arbeitsmarkt weiterhin eine Rolle spielen – ein weiterer Einflussfaktor werden Lieferengpässe sein, die sich auch 2021 schon bemerkbar gemacht haben. Die Einflussgrößen dieser Faktoren auf den Arbeitsmarkt lassen sich nur schwer prognostizieren, da auch im nächsten Jahr kurzfristige politische Entscheidungen als Reaktion auf das Pandemiegeschehen nicht auszuschließen sind. Ich persönlich bin für 2022 optimistisch, was die Stabilität des Arbeitsmarktes betrifft. Mit den Learnings aus dem Jahr 2020/2021 und unseren umfangreichen Stabilisierungsmaßnahmen, wie beispielsweise das Kurzarbeitergeld, können wir auch künftig flexibel reagieren. Unsere Arbeitgeber in der Region versuchen alles, um ihre Mitarbeitenden zu halten und der Druck durch den Fachkräftebedarf wird größer sein als die Auswirkungen der Pandemie auf den Arbeitsmarkt.
Ich halte es für sehr wichtig, dass sich sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer aufgeschlossen und lösungsorientiert mit den strukturellen Veränderungen auseinandersetzen. Auch uns beschäftigten durchgängig Themen wie Demografischer Wandel, Fachkräftemangel, Weiterqualifizierung sowie Transformationsprozesse der Industrie. „Wir sehen uns hier auch in den kommenden Jahren in der Verantwortung und als ein wichtiger Akteur bei den gemeinsamen Anstrengungen aller Akteure am Arbeitsmarkt. Auf unserer Agenda stehen daher neben der verlässlichen Zahlbarmachung von Leistungen vor allem die Beratung von Arbeitnehmern und Unternehmen zu den Themen Aus- und Weiterbildung und die Vermittlung und Förderung von (künftigen) Fachkräften, nicht zuletzt durch Qualifizierung. Dazu gehört aus meiner Sicht auch das Erschließen von Zielgruppen, die bisher noch wenig im Fokus von Unternehmen standen, z.B. Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen oder Ungelernte.“