In den kommenden Jahren werden ca. 70.000 Busfahrerinnen und Busfahrer deutschlandweit fehlen. Die Situation in den hiesigen Landkreisen macht keine Ausnahme. Knapp 50 Busfahrerstellen könnten sofort besetzt werden, doch der Markt scheint leer zu sein. Wie es dennoch gelingt, Fachkräfte zu bekommen und sie auch zu halten, zeigte das Busunternehmen Hövels aus Tacherting bei einem Besuch durch die Agentur für Arbeit Traunstein.
In der Pandemie mit Homeschooling und Homeoffice waren weder Schulbusse eingesetzt noch Reisen oder Tagesausflüge wegen der Beschränkungen buchbar. Trotzdem hat das Unternehmen Hövels sich in dieser Zeit vergrößert und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehalten.
Das größte Hindernis bei der Ausbildung zum Busfahrer und Busfahrerin sind die hohen Kosten von bis zu 13.000,- Euro für den Erwerb des Führerscheins. Hier fördert die Agentur für Arbeit mithilfe des Qualifizierungs-Chancengesetzes einen Anteil abhängig von der Betriebsgröße zwischen 25 und 100 Prozent. Diese Förderung hat auch Hövels geholfen. „Die Ausbildung ist ein klassischer Quereinsteiger-Weg“, erklärt Nicolaj Eberlein, Geschäftsführer des Familienunternehmens, „doch viele müssen sich trotz der Liebe zu diesem Beruf überlegen, wie sie den Rest von ca. Euro 6.000 – 7.000 finanzieren sollen.“ Hövels übernimmt einen Teil dieser Kosten, um weitere Fachkräfte ins Unternehmen zu holen. „Das passt nicht zusammen, dass der öffentliche Personennahverkehr ausgebaut werden soll, allerdings die Kosten für eine Ausbildung als Busfahrerin oder Busfahrer für den Einzelnen kaum stemmbar sind“, sagt Eberlein. In den Nachbarländern Österreich und Holland ist die Ausbildung anders organisiert und würde zum Vorbild gereichen, erzählt Eberlein. „Eine Änderung der Ausbildung, Verschlankung oder Kostensenkung kann nur im Netzwerk mit dem Verband, und den Kammern angegangen werden“, so Tanja Fuchs, Geschäftsführerin operativ der Agentur für Arbeit Traunstein.
Nach 3 bis 4 Monaten, in Ausnahmefällen einem halben Jahr ist der Führerschein bestanden. Daran schließt sich noch eine betriebliche Qualifizierung an. Dabei sind die wichtigsten Themen, Tarif- und Streckenkenntnisse, Fahrzeugpflege und die Schulung Soziale Kompetenzen. „Ein Busfahrer fährt nicht nur Bus“, so Eberlein, „er verkauft Fahrkarten, kümmert sich um das Wohlbefinden der Fahrgäste und bei Reisen ist er auch Entertainer, damit das Reiseerlebnis stimmt.“ Besonders anspruchsvoll ist der Alltag in Schulbussen oder dem Transport von schwerbehinderten Menschen. Hier sind auch pädagogisches Geschick, Geduld und Empathie gefragt, weshalb Hövels gerne lebenserfahrene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bevorzugt. „Wie bei so vielen Mangelberufen stimmt hier das Image nicht; denn das anspruchsvolle Tätigkeitsspektrum in diesem Beruf reicht vom fahrzeugtechnischen Verständnis bis zur Freude am Umgang mit verschiedensten Menschen“, so Romy Reichel, Teamleiterin im Arbeitgeber-Service Traunstein.
War es früher noch ein Kraftakt, einen Bus zu lenken, sind durch die heutigen Assistenzsysteme die Busse so leicht bedienbar wie ein hochmoderner PKW, deshalb stimmt das alte Vorurteil, Frauen könnten das nicht über lange Strecken leisten schon lange nicht mehr. Erst in diesem Jahr hat Eberlein zwei Frauen aus Spanien eingestellt, die jetzt dort als Busfahrerinnen arbeiten. „Es ist gar nicht so leicht, eine Wohnung zu finden, wenn ein Hund dabei ist“, lacht Eberlein, „aber geschafft haben wir es.“ Nicht zuletzt durch den Einsatz von Ines Hövels-Tanfeld als Integrationslotsin, die den neuen Kolleginnen aus Spanien bei Formalitäten hilft, die Teilnahme an Deutschkursen organisiert und die Besonderheiten und Gepflogenheiten hier erklärt. Das ist auch wichtig bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus 14 Nationen, die sich zusammenfinden müssen. „Auch wenn es heißt, ich rekrutiere neue Kollegen aus dem Ausland, muss ich diese Aktion ja zu Ende denken“, so Eberlein, „da muss das Ankommen ja auch stimmen. Wir helfen bei der Relocation, d.h. wir suchen eine Unterkunft oder besorgen Einrichtung.“ Dass wegen des Fachkräftemangels ein Umdenken bei Arbeitgebern einsetzen muss, ist mittlerweile ein vieldiskutiertes Thema. „Fachkräftesicherung und auch deren kontinuierliche Qualifizierung ist die einzige Chance, zukünftig wettbewerbsfähig zu bleiben. Kreative und unkonventionelle Ideen gepaart mit gezielter Förderung bringen Erfolg“, so Fuchs. „Wir könnten auf der Stelle zehn neue Kolleginnen und Kollegen einstellen“, so Florian Tanfeld, Prokurist und Verkehrsleiter, „wir probieren viel aus in Social Media, wir sind bei Instagram, Facebook und haben ein paar witzige Videos bei YouTube hochgeladen.“ Diese neuen Wege erschließen neue Bewerbungen, jedoch muss der Berufsalltag die Versprechen auch halten. Flexible Arbeitszeitmodelle, diverse Zuschläge, Arbeitgeberkredite und transparente Schichtpläne sind weitere Benefits, die die Fachkräfte im Unternehmen halten.
Moderne Fachkräftesicherung und Finanzierung
Agentur für Arbeit Traunstein bei Busunternehmen Hövels
06.10.2022 | Presseinfo Nr. 45