Im Berufsberatungsjahr 2021/2022 (1. Oktober bis 30. September) registrierte der Agenturbezirk Traunstein mit den vier Landkreisen Traunstein, Altötting, Berchtesgadener Land und Mühldorf insgesamt 2 564 Bewerberinnen und Bewerber für Berufsausbildungsstellen. Das sind 86 junge Menschen mehr als im vorangegangenen Berufsberatungsjahr 2020/2021. Dem standen 4 114 Berufsausbildungsstellen gegenüber, 60 oder 1,5 Prozent mehr als im Vergleichsvorjahr.
Rein rechnerisch standen jedem Bewerber 1,6 Ausbildungsstellen zur Verfügung. Am 30. September, dem Stichtag des Berufsberatungsjahres, waren im Agenturbezirk Traunstein noch 4 Bewerber unversorgt, das sind zwei weniger als im Beratungsjahr davor.
Nachdem nahezu sämtliche Ausbildungsstellen in der Jobbörse veröffentlicht waren und die Nutzung stetig steigt, waren letztendlich 729 der bei uns gemeldeten Ausbildungsstellen unbesetzt, das sind 20 oder 2,7 Prozent weniger als im Beratungsjahr davor.
Von den insgesamt 2 564 Bewerbern nahmen 1 596 eine Berufsausbildung auf; darunter 61 geförderte und 112 junge Menschen entschieden sich für eine Erwerbstätigkeit. Für Gemeinnützige Dienste, wie Bundes- oder Jugendfreiwilligendienst entschieden sich 17 Bewerberinnen und Bewerber und ein Bewerber ging zur Bundeswehr. In einen weiteren Schulbesuch meldeten sich 545 ab, 16 junge Menschen nehmen ein Studium auf, 5 weitere entschieden sich für ein Praktikum. Fördermaßnahmen nahmen 35 junge Menschen in Anspruch.
Die Jahresbilanz zeigt 157 Bewerber ohne Angabe des Verbleibs. „Darunter sind auch die 4 unversorgten jungen Menschen“, erläutert Jutta Müller, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Traunstein, “diese werden durch die Berufsberatung weiter individuell betreut. Die Berufsberaterinnen und Berufsberater telefonieren den jungen Menschen ohne Verbleibsinformation nach. In den meisten Fällen sind sie in einer Ausbildung oder gehen weiter zur Schule und hatten sich noch nicht abgemeldet“, so Müller.
2 014 Bewerber sind aus dem diesjährigen Schulentlassjahr und 219 aus dem vergangenen Jahr. 324 junge Menschen haben den Schulabschluss schon länger als ein Jahr hinter sich und sind nun auf der Suche nach einer Ausbildung. „Hier gibt es die verschiedensten Gründe für die lange Zeit zwischen Schule und Ausbildung. Gerade die beiden zurückliegenden Pandemiejahre haben durch fehlende Praktikumsmöglichkeiten ihre Spuren hinterlassen“, erläutert Müller, „doch auch Auslandsaufenthalte, Erwerbstätigkeit, um sich Führerschein und Fahrzeug leisten zu können oder auch Ausbildungsabbruch und persönliche Orientierung finden sich in den Lebensläufen.“
Mit 2 288 ist der überwiegende Anteil der Ausbildungssuchenden unter 20 Jahre alt, 41 sind älter als 25 Jahre, 27 weniger als im vergangenen Berichtsjahr. Darunter sind 27 Männer und 14 Frauen. „Sowohl bei den Ausbildungssuchenden, als auch bei den Arbeitgebern hat sich in den letzten Jahren etwas an der Einstellung geändert“, so Müller, „Arbeitgeber profitieren von der persönlichen Reife und dem Verantwortungsbewusstsein und in den Berufsschulen sieht man, dass ältere Azubis schon lange keine Einzelfälle mehr sind. Ältere Azubis berichten häufig, dass sie ihre Ausbildung sehr ernst nehmen und der zukünftige Beruf einen anderen Stellenwert habe, als das einige Jahre früher, in jüngeren Jahren der Fall war“, erläutert Müller.
1 024 Bewerber haben einen Hauptschulabschluss, 1 018 verfügen über die Mittlere Reife und 222 haben Fachhochschul- oder Hochschulreife. Knapp 58 Prozent der Bewerber, 1 470, sind männlich. „Bei den Berufswünschen beobachten wir auch weiterhin geschlechtertypische Prioritäten“, analysiert Müller, „bei den Jungen stehen technische oder handwerkliche Berufszweige auf der Wunschliste und bei den Mädchen eher noch kaufmännische oder medizinische Ausbildungen. Die jährlichen Aktionen rund um den Girl’s und Boy’s Day und die MINT-Initiativen der Schulen zeigen sehr langsam Wirkung auf die spätere Berufswahl. Wir erleben in der Berufsberatung, dass das Elternhaus und damit Vorbilder den größten Einfluss auf die Berufswahl haben. In manchen Fällen geht es nach einem Berufseignungstest doch in eine ganz neue Richtung für den jungen Menschen, die er oder sie vorher gar nicht bedacht, oder sich nicht zugetraut hatte“, schließt Müller.
Unter den 4 114 Ausbildungsstellen bilden 1 313 Angebote aus Produktion und Fertigung mit den Schwerpunkten Maschinenbau, Fahrzeugtechnik, Mechatronik und Automatisierungstechnik den größten Anteil. 1 091 Ausbildungsplätze gab es im Bereich kaufmännische Dienstleistungen und Handel, mit Ausbildung im Verkauf allgemein (479), Handel (224), und Verkauf von Lebensmitteln (128).
495 Ausbildungsstellen boten Unternehmensorganisation und Buchhaltung mit dem größten Angebot im Bereich Sekretariat/Büro mit 202 ausgeschriebenen Stellen. 93 Ausbildungsplätze kamen aus dem Bereich Unternehmensorganisation und 78 Angebote kamen aus Versicherungs- und Finanzdienstleistungen. 356 Angebote waren in den Berufen des Gesundheits- und Sozialwesens und 327 Ausbildungsstellen aus Bau, Architektur und Gebäudetechnik. Die meisten der 729 unbesetzten Ausbildungsplätze sind in den Fertigungsberufen (228). Insgesamt blieben bis zum Stichtag 17,7 Prozent der Ausbildungsstellen unbesetzt, gegenüber 18,7 Prozent im vorangegangenen Berichtsjahr.
In den Top Ten der unbesetzten Ausbildungsplätze findet sich nur ein technischer Beruf, die anderen Berufe sind aus dem Lebensmittelbereich, Medizin oder kaufmännisch. „Noch immer tragen einige Berufe an einem negativen Image“, erläutert Müller, „dies betrifft die Aspekte Bezahlung, Arbeitszeiten, oder körperliche Anstrengung. Die Ausbildungssuchenden haben recht genaue Vorstellungen von ihrer Work-Life-Balance und berücksichtigen diese bereits bei der Berufswahl. Deshalb gilt es umso mehr, verfestigte Vorurteile aufzulösen und sich Berufe sowohl schülerseitig sachlich anzuschauen, als auch arbeitgeberseitig, realistisch darzustellen, um Enttäuschungen auf beiden Seiten zu vermeiden.“
Die 26 Berufsberaterinnen und Berufsberater und zusätzlich 7 Rehabilitationsberater betreuten im Beratungsjahr 2021/2022 regelmäßig 90 Schulen der Sekundarstufe I und II in den vier Landkreisen. Darüber hinaus betreuten die Rehabilitationsberater regelmäßig weitere 6 Schulen für Jugendliche mit Förderschwerpunkt geistige Entwicklung und 5 Sozialpädagogische Förderzentren mit Förderschwerpunkt Lernen.
In den rund 290 Abgangsklassen konnten im vergangenen Schuljahr ca. 6 900 Schüler das Beratungsangebot der Agentur für Arbeit nutzen. Die rund 240 Vorentlassklassen hatten ca. 5 500 Schüler.
An den Berufsschulen der vier Landkreise wurden alle Schüler/innen der Berufsvorbereitungsklasse regelmäßig beraten. Zusätzlich wurden die Ausbildungsanfänger in den Fachklassen der Berufsschulen über die verschiedenen Unterstützungsangebote der Berufsberatung informiert.
Die Berufsberatung veranstaltet jährlich für alle Vor- und Entlassklassen und die zwei Jahre vor Abschluss stehenden Klassen mindestens zwei Schulstunden zur grundsätzlichen Berufsorientierung und den Möglichkeiten, die individuelle Eignung herauszufinden. Diese Veranstaltungen finden in Präsenz direkt in den Schulen statt. Dies wird ergänzt durch regelmäßige Schülersprechstunden. Daran schließt sich häufig ein Termin zur persönlichen Beratung oder zur Videoberatung an. Bei den Elternabenden der Schule wurde über berufliche und schulische Ausbildungswege und Unterstützungsmöglichkeiten durch die Agentur für Arbeit informiert. Durch das Selbsterkundungstool „Check-U“ für Ausbildung und für Studium, und das neu hinzugekommene spielerische Tool "Gesucht - gefunden: ICH!" ausschließlich für die Sekundarstufe I, können die Schülerinnen und Schüler bereits mit den ersten Ergebnissen, bezogen auf die Berufsrichtung, in die persönliche Beratung kommen.
Die Berufsberaterinnen und Berufsberater beteiligten sich im vergangenen Berichtsjahr an digitalen und Präsenz-Berufsinfo- oder Studieninfotagen, sowie in Zusammenarbeit mit dem Berufsinformationszentrum (BiZ) an regionalen Berufs- und Bildungsmessen. Auch bei kleineren Schulmessen war die Berufsberatung wieder persönlich vor Ort.
Bei mehreren Vermittlungsaktionen direkt in den Berufsschulen wurden kurzentschlossene Berufsvorbereitungsschüler und -schülerinnen in noch freie Ausbildungsplätze vermittelt. Ausbildungssuchende Nichtschüler wurden bei Gruppenveranstaltungen über die Vorteile einer Berufsausbildung informiert und in passende Ausbildungsstellen gebracht.
An Maßnahmen zur Berufseinstiegsbegleitung an den Mittelschulen nahmen in unterschiedlichen Jahrgängen rund 500 Schülerinnen und Schüler mit Unterstützungsbedarf teil.
Für die Assistierte Ausbildung (AsA flex) waren ca. 500 Plätze eingerichtet. Neben den betrieblichen Ausbildungsstellen, die von Arbeitgebern gemeldet oder von Mitarbeitern eingeworben werden, wurden im Agenturbezirk Traunstein 72 Plätze, zuzüglich rund 200 behindertenspezifische Plätze in Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen (BvB) zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus gab es 107 Plätze – mit Teilnehmern unterschiedlicher Ausbildungsjahre – für Berufsbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen (BaE). Im Bereich Rehabilitanden wurden weitere 42 Plätze angeboten.
„So wie sich die Berufswelt ändert, ändert sich auch die Ausbildungswelt. Ausbildungsinhalte werden ständig angepasst um mit Digitalisierung und Automatisierung Schritt zu halten; dazu ergeben sich neue Berufsbilder, gerade im Zusammenhang mit E-Commerce, Elektromobilität und Klimaschutz“, führt Müller aus, „auch Berufe in der Nahrungsmittelbranche oder dem Gesundheitswesen erfahren eine Technisierung, die immer anspruchsvoller wird. Deshalb bieten wir vielfältige Unterstützungsmöglichkeiten, wenn es in der Ausbildung nicht glatt läuft. Das wichtigste ist, sich diese Unterstützung rechtzeitig zu holen und nicht bei der ersten Schwierigkeit aufzugeben, denn eine solide Ausbildung bleibt Grundstein für beruflichen Erfolg“, so Müller abschließend.
Ausbildung legt den Grundstein für beruflichen Erfolg
Ausbildungsbericht 2021/2022 Agentur für Arbeit Traunstein02.11.2022 | Presseinfo Nr. 53