Im Berufsberatungsjahr 2022/2023 (1. Oktober bis 30. September) registrierte der Agenturbezirk Traunstein mit den vier Landkreisen Traunstein, Altötting, Berchtesgadener Land und Mühldorf insgesamt 2 933 Bewerberinnen und Bewerber für Berufsausbildungsstellen. Das sind 369 junge Menschen oder 14,4 Prozent mehr als im vorangegangenen Berufsberatungsjahr. Dem standen 3 901 Berufsausbildungsstellen gegenüber, 213 oder 5,2 Prozent weniger als im Vergleichsvorjahr.
Rein rechnerisch standen jedem Bewerber 1,3 Ausbildungsstellen zur Verfügung. Am 30. September, dem Stichtag des Berufsberatungsjahres, waren im Agenturbezirk Traunstein noch weniger als drei Bewerber unversorgt.
Nachdem nahezu sämtliche Ausbildungsstellen in der Jobbörse veröffentlicht waren und die Nutzung stetig steigt, waren letztendlich 850 der bei uns gemeldeten Ausbildungsstellen unbesetzt, das sind 121 oder 16,6 Prozent mehr als im Beratungsjahr davor.
Von den insgesamt 2 933 Bewerbern nahmen 1 845 eine Berufsausbildung auf; darunter 97 geförderte und 92 junge Menschen entschieden sich für eine Erwerbstätigkeit. Für Gemeinnützige Dienste, wie Bundes- oder Jugendfreiwilligendienst entschieden sich 21 Bewerberinnen und Bewerber. In einen weiteren Schulbesuch meldeten sich 644 ab, 10 junge Menschen nehmen ein Studium auf, 8 weitere entschieden sich für ein Praktikum. Fördermaßnahmen nahmen 39 junge Menschen in Anspruch.
2 390 Bewerber sind aus dem diesjährigen Schulentlassjahr und 538 aus den vergangenen Jahren. 324 junge Menschen haben den Schulabschluss schon länger als ein Jahr hinter sich und sind nun auf der Suche nach einer Ausbildung. „Hier gibt es die verschiedensten Gründe für die lange Zeit zwischen Schule und Ausbildung“, erläutert Tanja Fuchs, Geschäftsführerin operativ der Agentur für Arbeit Traunstein, „das können Auslandsaufenthalte, Erwerbstätigkeit, um sich Führerschein und Fahrzeug leisten zu können oder auch Ausbildungsabbruch und persönliche Orientierung sein.“
Mit 2 653 ist der überwiegende Anteil der Ausbildungssuchenden unter 20 Jahre alt, 59 sind älter als 25 Jahre, 18 mehr als im vergangenen Berichtsjahr. Darunter sind 32 Männer und 27 Frauen. „Sowohl bei den Ausbildungssuchenden, als auch bei den Arbeitgebern hat sich in den letzten Jahren etwas an der Einstellung geändert“, so Fuchs, „Arbeitgeber profitieren von der persönlichen Reife und dem Verantwortungsbewusstsein und in den Berufsschulen sieht man, dass ältere Azubis schon lange keine Einzelfälle mehr sind. Beim Wiedereinstieg in den Beruf z.B. ist es durchaus auch eine Option, eine Ausbildung zu beginnen. Das geht auch in Teilzeit, um die Familienpflichten und den Beruf unter einen Hut zu bringen“, erläutert Fuchs.
1 036 Bewerber haben einen Hauptschulabschluss, 1 292 verfügen über die Mittlere Reife und 397 haben Fachhochschul- oder Hochschulreife. Gut 58 Prozent der Bewerber, 1 712, sind männlich. „Die Berufswünsche unterscheiden sich weiterhin geschlechtertypisch“, analysiert Fuchs, „bei den Jungen stehen technische oder handwerkliche Berufszweige auf der Wunschliste und bei den Mädchen kaufmännische, medizinische Ausbildungen oder der Dienstleistungssektor. Das Elternhaus hat den größten Einfluss auf die Berufswahl. Externe Vorbilder, die jährlichen Aktionen rund um den Girl’s und Boy’s Day und die MINT-Initiativen der Schulen zeigen sehr langsam Wirkung auf die spätere Berufswahl. In manchen Fällen geht es nach einem Berufseignungstest doch in eine ganz neue Richtung für den jungen Menschen, die er oder sie vorher gar nicht bedacht, oder sich nicht zugetraut hatte“, schließt Fuchs.
Unter den 3 901 Ausbildungsstellen sind mit 695 die meisten Angebote unter den Verkaufsberufen. 320 Angebote aus Maschinen- und Fahrzeugtechnik, 282 Ausbildungsplätze gab es im Bereich Mechatronik, Energie- und Elektroberufe. Kaufmännische Dienstleistungen und Unternehmensführung boten 271 Stellen, gefolgt von Metallbau mit 228 Angeboten. Bei den medizinischen Gesundheitsberufen waren 213 Ausbildungsstellen gemeldet und bei der Herstellung von Lebensmitteln und Getränken gab es 206 Chancen.
Die meisten der 850 unbesetzten Ausbildungsplätze sind in den Verkaufsberufen (183). Insgesamt blieben bis zum Stichtag 21,8 Prozent der Ausbildungsstellen unbesetzt, gegenüber 17,7 Prozent im vorangegangenen Berichtsjahr.
In den Top Ten der unbesetzten Ausbildungsplätze finden sich in diesem Jahr drei technische Berufe, im vergangenen Berichtsjahr war es nur einer. Die anderen Berufe sind wie bisher aus dem Lebensmittelbereich, Medizinische Fachangestellte oder kaufmännische Berufe. „Noch immer tragen einige Berufe an einem negativen Image“, erläutert Fuchs, „dies betrifft die Aspekte Bezahlung, Arbeitszeiten, oder körperliche Anstrengung. Die Ausbildungssuchenden haben recht genaue Vorstellungen von ihrer Work-Life-Balance und berücksichtigen diese bereits bei der Berufswahl. Deshalb gilt es umso mehr, verfestigte Vorurteile aufzulösen und sich Berufe sowohl schülerseitig sachlich anzuschauen, als auch arbeitgeberseitig, realistisch darzustellen, um Enttäuschungen auf beiden Seiten zu vermeiden.“
Die 24 Berufsberaterinnen und Berufsberater und zusätzlich 7 Rehabilitationsberater betreuten im Beratungsjahr 2022/2023 regelmäßig 90 Schulen der Sekundarstufe I und II in den vier Landkreisen. Darüber hinaus betreuten die Rehabilitationsberater regelmäßig weitere 6 Schulen für Jugendliche mit Förderschwerpunkt geistige Entwicklung und 5 Sozialpädagogische Förderzentren mit Förderschwerpunkt Lernen.
In den rund 290 Abgangsklassen konnten im vergangenen Schuljahr ca. 6 900 Schüler das Beratungsangebot der Agentur für Arbeit nutzen. Die rund 240 Vorentlassklassen hatten ca. 5 500 Schüler.
An den Berufsschulen der vier Landkreise wurden alle Schüler/innen der Berufsvorbereitungsklasse regelmäßig beraten. Zusätzlich wurden die Ausbildungsanfänger in den Fachklassen der Berufsschulen über die verschiedenen Unterstützungsangebote der Berufsberatung informiert.
Die Berufsberatung veranstaltet jährlich für alle Vor- und Entlassklassen und die zwei Jahre vor Abschluss stehenden Klassen mindestens zwei Schulstunden zur grundsätzlichen Berufsorientierung und den Möglichkeiten, die individuelle Eignung herauszufinden. Diese Veranstaltungen finden in Präsenz direkt in den Schulen statt. Dies wird ergänzt durch regelmäßige Schülersprechstunden. Daran schließt sich häufig ein Termin zur persönlichen Beratung oder zur Videoberatung an. Bei den Elternabenden der Schule wurde über berufliche und schulische Ausbildungswege und Unterstützungsmöglichkeiten durch die Agentur für Arbeit informiert. Durch das Selbsterkundungstool „Check-U“ für Ausbildung und für Studium, und das spielerische Tool "Gesucht - gefunden: ICH!" ausschließlich für die Sekundarstufe I, können die Schülerinnen und Schüler bereits mit den ersten Ergebnissen, bezogen auf die Berufsrichtung, in die persönliche Beratung kommen.
Die Berufsberaterinnen und Berufsberater beteiligten sich im vergangenen Berichtsjahr an digitalen und Präsenz-Berufsinfo- oder Studieninfotagen, sowie in Zusammenarbeit mit dem Berufsinformationszentrum (BiZ) an regionalen Berufs- und Bildungsmessen. Auch bei kleineren Schulmessen war die Berufsberatung wieder persönlich vor Ort.
Bei mehreren Vermittlungsaktionen direkt in den Berufsschulen wurden kurzentschlossene Berufsvorbereitungsschüler und -schülerinnen in noch freie Ausbildungsplätze vermittelt. Ausbildungssuchende Nichtschüler wurden bei Gruppenveranstaltungen über die Vorteile einer Berufsausbildung informiert und in passende Ausbildungsstellen gebracht.
An Maßnahmen zur Berufseinstiegsbegleitung an den Mittelschulen nahmen in unterschiedlichen Jahrgängen rund 500 Schülerinnen und Schüler mit Unterstützungsbedarf teil.
Für die Assistierte Ausbildung (AsA) waren ca. 500 Plätze eingerichtet. Neben den betrieblichen Ausbildungsstellen, die von Arbeitgebern gemeldet oder von Mitarbeitern eingeworben werden, wurden im Agenturbezirk Traunstein 48 Plätze, zuzüglich rund 200 behindertenspezifische Plätze in Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen (BvB) zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus gab es 39 Plätze – mit Teilnehmern unterschiedlicher Ausbildungsjahre – für Berufsbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen (BaE). Im Bereich Rehabilitanden wurden weitere 42 Plätze angeboten.
„Sich für einen Beruf zu entscheiden, ist nicht immer leicht. Manche wissen schon von Kindesbeinen an, was sie werden wollen und andere haben bis zum Schulabschluss noch keine konkrete Vorstellung. Dazu ändert sich auch die Ausbildungswelt, d.h. Ausbildungsinhalte werden ständig angepasst um mit Digitalisierung und Automatisierung Schritt zu halten. Auch neue Berufsbilder werden geprägt, gerade im Zusammenhang mit Elektromobilität und Klimaschutz“, führt Fuchs aus. „Hier den Überblick zu behalten und an die Schülerinnen und Schüler weiterzugeben, ist unsere tägliche Aufgabe. Dazu bieten wir vielfältige Unterstützungsmöglichkeiten, wenn es in der Ausbildung nicht glatt läuft. Das wichtigste ist, sich diese Unterstützung rechtzeitig zu holen und nicht bei der ersten Schwierigkeit aufzugeben, denn den Anfang macht stets eine solide Ausbildung“, so Fuchs abschließend.