Bilanz 2023. „Im Ulmer Agenturbezirk erreichte die Beschäftigung ein Rekordhoch, die durchschnittliche Arbeitslosenquote blieb unter der Drei-Prozentmarke und der Personalbedarf etablierte sich hoch auf stabilem Niveau. Unterm Strich zeigte sich der regionale Arbeitsmarkt im Jahr 2023, trotz erschwerter Rahmenbedingungen für die Wirtschaft, als robust“, bilanziert Dr. Torsten Denkmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Ulm. „Der Strukturwandel hat längst begonnen und die Dynamik am Arbeitsmarkt spürbar abgeschwächt. Zudem wirkten sich die Themen Energie, Inflation, Materialengpässe und Fluchtmigration auf den Arbeitsmarkt aus. So lagen die Arbeitslosigkeit über und der Stellenbestand unter dem jeweiligen Vorjahreswerten“, fährt der Agenturleiter fort.
Ausblick 2024. „Die wirtschaftlich unsicheren Rahmenbedingungen werden den regionalen Arbeitsmarkt auch im laufenden Jahr herausfordern. Hohe Energiepreise, Materialengpässe und Preissteigerungen werden die wirtschaftliche Entwicklung beeinträchtigen und auch Bürgerinnen und Bürger belasten. Andererseits werden die Digitalisierung, die Dekarbonisierung und der demografische Wandel die Personalplanung regionaler Betriebe und Unternehmen weiter beschäftigen, so dass wir von einem stabilen Arbeitskräftebedarf ausgehen, vor allem für Fachkräfte und höher Qualifizierte. Dementsprechend werden die Agentur für Arbeit und die Jobcenter weiterhin in am Arbeitsmarkt ausgerichtete Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen für Arbeitslose wie Beschäftigte investieren. In Anbetracht der nach wie vor hohen Nachfrage nach Arbeitskräften erwarten wir keinen Einbruch am Arbeitsmarkt, wenn auch Schwankungen auf Grund der Belastungen wahrscheinlich sind“, berichtet Denkmann weiter.
Arbeitslosenquote
Im Jahr 2023 lag die durchschnittliche Arbeitslosenquote bei 2,9 Prozent, das waren 0,4 Prozentpunkte mehr als in 2022 und damit der niedrigste Wert unter den 19 Agenturbezirken in Baden-Württemberg. Die Quote im Land lag bei 3,9 Prozent und somit ebenfalls 0,4 Prozentpunkte über dem Vorjahresdurchschnitt.
Arbeitslosigkeit
Durchschnittlich waren im vergangenem Jahr 8 922 Menschen im Monat arbeitslos, 1 255 Personen oder um 16,4% mehr als im Jahr davor. Der Anstieg ist im Wesentlichen auf die Entwicklung im Bereich der Jobcenter zurückzuführen, die seit Juni 2022 für die Betreuung geflüchteter Menschen aus der Ukraine verantwortlich sind. Diese werden von der Statistik als arbeitslos gezählt, sofern sie dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen.
In der Arbeitslosenversicherung (Arbeitsagentur) nahm die Arbeitslosigkeit leicht, um 95 Frauen und Männer oder um 2,4 Prozent auf 4 056 Personen zu. Vergleichsweise überproportional entwickelte sich die Arbeitslosigkeit im Bereich der Grundsicherung (Jobcenter), wo im vergangenen Jahr durchschnittlich 4 866 Menschen als arbeitslos geführt wurden. Das waren 1 159 Personen oder 31,3 Prozent mehr als der Durchschnitt des Jahres 2022. Seit der Betreuungsübernahme geflüchteter Menschen aus der Ukraine im Juni 2022 baute sich die Arbeitslosigkeit im Rechtskreis SGB II (Grundsicherung) folgerichtig sukzessive auf.
Der Job-Turbo in der Region
Im Rahmen des Job-Turbos möchte die Bundesregierung Geflüchtete noch schneller in Arbeit bringen. Wer einen Integrationskurs absolviert hat, soll so schnell wie möglich Arbeitserfahrung sammeln und mit dem Ziel der nachhaltigen Integration parallel weiter qualifiziert werden. „Auch bei uns in der Region sind inzwischen viele Menschen mit Fluchtkontext angekommen. Zusammen mit den beiden Jobcentern Ulm und Alb-Donau wollen wir vorhandene Fördermittel nutzen und im Kontext des Job-Turbo eine möglichst nachhaltige Vermittlung derer beschleunigen, die dem Arbeitsmarkt in voller Einsatzbereitschaft zur Verfügung stehen“, skizziert Torsten Denkmann und ergänzt: „Das wird aber nicht ad hoc geschehen, sondern nach und nach. Darüber hinaus sind wir auf die Mithilfe regionaler Unternehmen und Betriebe angewiesen. Sie sind der Motor am regionalen Arbeitsmarkt und ohne Motor bleibt jeder Turbo ohne Wirkung. Dabei ist die Zusammenarbeit mit allen in diesem Kontext engagierten Unterstützern, wie beispielsweise regionale Helfervereine, Gewerbevereine oder auch das Integrationsmanagement auf kommunaler Ebene für uns selbstverständlich.“ Dabei will der Agenturleiter auf Qualität vor Quantität setzen. Zunächst sollen erste Arbeitgeber und Arbeitnehmer selektiv in einzelnen und überschaubaren Veranstaltungen zusammenfinden. „Die Idee ist, fachlich und geografisch möglichst passende Konstellationen zu schaffen, damit die Arbeitsverhältnisse möglichst von langer Dauer sind“, unterstreicht Denkmann. Mit den gewonnenen Erfahrungswerten soll es dann Schritt für Schritt weiter gehen.
Die größte Gruppe der Geflüchteten sind Ukrainerinnen und Ukrainer. Im Januar waren im Bezirk der Agentur für Arbeit Ulm 3 362 erwerbsfähige Personen mit ukrainischer Staatsangehörigkeit gemeldet. Davon waren 2 565 arbeitsuchend und davon wiederum 1 391.
Beschäftigung
Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung erreichte einen weiteren Höchststand: Die Zahl Beschäftigten im Agenturbezirk Ulm kletterte 2023 auf 251.815 Frauen und Männer. Zum Vorjahr entspricht das einer Zunahme um 1,4 Prozent oder um 3 356 Personen.
Stellenmarkt
In der ersten Jahreshälfte nahm die Kräftenachfrage insgesamt deutlich ab und pendelte sich bis Jahresende auf hohem Niveau ein. 2023 lag der durchschnittliche Stellenbestand bei 4 537 offenen Arbeitsangeboten, im Jahr 2022 waren es im Schnitt 5 695 Vakanzen pro Monat. Im Vergleich zum Vorjahresdurchschnitt waren demnach 1 158 oder 20,3 Prozent weniger Stellen im Bestand. „Bei durchschnittlich viereinhalbtausend Vakanzen pro Monat kann man durchaus von einem hohen Niveau sprechen. Hinsichtlich der Anforderungen in den Stellenanzeigen geht der Markt für Hilfskräfte zurück. Gefragt bleiben Fachkräfte und höher Qualifizierte werden zunehmend gesucht“, fasst Torsten Denkmann zusammen. Über das vergangene Jahr hinweg reagierten regionale Arbeitgeber auf krisenbedingte Unwägbarkeiten spürbar mit mehr Zurückhaltung, so dass sich die Personalnachfrage auf zuletzt 4 220 offene Arbeitsangebote im Monat Dezember abschwächte. In Summe wurden im Jahr 2023 12 046 Stellenangebote neu gemeldet. Zum Vorjahr gesehen entsprach das einem Minus von 4 513 Stellen oder 27,3 Prozent. „Was es im starken Jahr 2022 an Mehrstellen gab, wurde 2023 wiederum eingespart. Bei schwerer konjunktureller Lage wird die Einstellungsbereitschaft gedrosselt und in Folge weniger Stellen gemeldet“, kommentiert Denkmann. Abgesehen von den öffentlichen Verwaltungen und dem Bereich freiberuflicher, wissenschaftlicher und technischer Dienstleistungen ging die Personalnachfrage über alle Branchen hinweg zurück.