Stichtag 30. September zieht die Agentur für Arbeit Ulm Bilanz zum Ausbildungsmarkt 2023/2024. „Der Ausbildungsmarkt ist und bleibt ein Bewerbermarkt“, sagt Dr. Torsten Denkmann, Leiter der Agentur für Arbeit Ulm. „Die Schere zwischen Bewerbern und Ausbildungsstellen ist seit mehr als 10 Jahren geöffnet, allerdings wird die Spreizung zunehmend größer.“ Entsprechend chancenreich war die Situation für Ausbildungssuchende. Rein mathematisch kamen auf hundert gemeldete Ausbildungsstellen 63 Bewerberinnen und Bewerber. Für Ausbildungsbetriebe hingegen spitzt sich die Situation weiter zu. Annähernd jede fünfte Ausbildungsstellen konnte nicht besetzt werden. „Angebot und Nachfrage liegen weit auseinander. Was für Ausbildungssuchende beste Karrierechancen bedeutet, für Ausbildungsbetriebe teils ein beschwerliches Ringen um potentielle Fachkräfte“, bilanziert der Agenturleiter und wird dabei konkret: „Jede besetzte Ausbildungsstelle birgt zwei Chancen: Bewerber gewinnen eine Basis für die weitere berufliche Entwicklung und die Betriebe gewinnen die Fachkräfte von morgen. Kurzum: Ausbildung ist immer ein Gewinn für beide Seiten.“ Und allen, die bei der Berufswahl nichts dem Zufall überlassen wollen, empfiehlt der Agenturleiter die Berufsberatung.
Um jungen Menschen bei der Berufswahl zur Seite zu stehen, ist die Agentur für Arbeit mit der Berufsberatung an allen regionalen Schulen vor Ort. Die Berufsberatung der Agentur für Arbeit ist neutral und setzt bei der Beratung den jungen Menschen in den Mittelpunkt. Ziel ist es, die individuellen Möglichkeiten der Jugendlichen auszuloten und dabei vorhandene Berufswünsche zu berücksichtigen. Die Berufswahl selbst liegt beim Jugendlichen. Doch auch mit einem festen Berufswunsch macht eine Beratung Sinn. Es wird geklärt, wie man zum Wunschberuf kommt, was gefordert wird, wer ausbildet und was Ausbildungsbetriebe erwarten. Gemeinsam werden auch Alternativen zum Wunschberuf entwickelt. Immerhin werden in der Region Ulm bis zu 180 verschiedene Berufe ausgebildet und 40 Prozent der Bewerber fokussieren sich auf etwa 10 Berufsbilder. „Es ist immer ratsam mehr als ein Eisen im Feuer zu haben, egal wie die Lage am Ausbildungsmarkt ist“, unterstreicht der Agenturleiter.
Der Ausbildungsmarkt in Zahlen
Von Oktober 2022 bis September 2023 wurden der Agentur für Arbeit Ulm insgesamt 4 286 Ausbildungsstellen gemeldet, 428 oder 11,1 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Auf der anderen Seite nahmen 2 638 Bewerberinnen und Bewerber die Unterstützung der Berufsberatung der Arbeitsagentur bei der Ausbildungsplatzsuche in Anspruch, 313 oder 13,5 Prozent mehr als im Vorjahr. In Relation kamen in etwa 1,6 Ausbildungsstellen auf jeden Bewerber.
927 Ausbildungsstellen blieben unbesetzt, 289 oder 45,3 Prozent mehr als im Vorjahr. „Die Lage am Ausbildungsmarkt ist für viele Ausbildungsbetriebe herausfordernd. Umso wichtiger ist es, allen Bewerbern eine Chance zu ermöglichen, auch wenn sie auf den ersten Blick als weniger geeignet erscheinen“, sagt Denkmann. Um Ausbildungsverhältnisse zu stabilisieren können nicht nur Auszubildende unterstützt werden, sondern auch Ausbildungsbetriebe. Beispielsweise mit der Assistierten Ausbildung, wodurch eine professionelle Begleitung des gesamten Ausbildungsprozesses ermöglicht werden kann.
64 Bewerber waren zum Stichtag noch unversorgt, 19 oder 42,2 Prozent mehr als im Jahr davor. Auch wenn die Aussichten auf den Wunschberuf im Wunschunternehmen größer seien als je zuvor, bleibe es weiterhin wichtig, Berufsalternativen zu entwickeln. Dafür empfiehlt der Agenturleiter jungen Menschen hinsichtlich ihrer Berufswahl frühzeitig mit der Berufsberatung der Agentur für Arbeit zu sprechen. Weiter gehe es auch darum, die Erreichbarkeit des Ausbildungsbetriebes sowie die individuelle Eignung und Neigung mit zu berücksichtigen. „Je wirklichkeitsnaher die Selbsteinschätzung, desto sicherer der Ausbildungserfolg“
Die Hitparade der beliebtesten Ausbildungsberufe
Abgesehen von der Reihenfolge ändern sich die Berufswünsche junger Menschen seit Jahren kaum. Wie im Vorjahr wollen männliche Ausbildungssuchende vor allem Kfz-Mechatroniker oder Industriemechaniker werden. Wo im vergangenen Jahr noch der Elektroniker für Energie und Gebäudetechnik stand, ist nun der Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung auf Rang 3 der Wunschberufe vorgerückt.
Bei den jungen Frauen stand wie im Vorjahr der Beruf Medizinische Fachangestellte auf Platz 1 der Hitparade. Die Berufe Kauffrau für Büromanagement und Industriekauffrau haben die Plätze getauscht. Die Industriekauffrau steht 2024 auf Listenplatz 2.
Von den 927 unbesetzten Ausbildungsstellen fielen die meisten auf den Beruf Kaufmann/-frau im Einzelhandel, gefolgt von den Berufen Verkäufer/in und Fachkraft Lagerlogistik. An Platz 2 änderte sich nichts, der Beruf Medizinische/r Fachangestellte/r lag im Vorjahr auf Rang 3, nun auf Rang 4.
Bildungszentrum Holzbau Baden-Württemberg
Die Aufgaben des Bildungszentrums Holzbau liegen in der Beratung der Innungsbetriebe, in der Lobby- und Verbandsarbeit sowie in der Bildung. Laut Handwerksordnung übernimmt das Bildungszentrum unter anderem die gesetzlichen Aufgaben der überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung. Zum Stichtag am 30.September gab es in Baden-Württemberg 1 718 Zimmererauszubildende, das waren 2,9 Prozent mehr als vor einem Jahr. Am Bildungszentrum in Biberach wurden zum 1. Dezember 2023 612 Auszubildende für das zweite und 607 für das dritte Lehrjahr gezählt. „Während im gesamten Baugewerbe im Land eher ein Rückgang an Auszubildenden zu verzeichnen ist, entwickelt sich die Zahl der Zimmererauszubildenden positiv“, berichtet Ernst Stephan, Fachbereichsleiter Fort- und Weiterbildung am Bildungszentrum Holzbau. „Aktuell liegen die Zahlen im Haus bei 725 Auszubildenden für das zweite Lehrjahr und 580 für das dritte.“ Besonders in Süddeutschland sei der Ausbildungsberuf des Zimmerers gefragt. Etwa die Hälfte aller Auszubildenden im Holzbauhandwerk lernen in Baden-Württemberg oder Bayern, so Stephan. Erfreulich benennt der Fachbereichsleiter auch die positive Entwicklung am Ausbildungsberuf interessierter Frauen. Ihr Anteil lag zuletzt bei etwa 10 Prozent und ist in der Tendenz zunehmend. Auch biete der Holzbau gute Zukunftsaussichten, nicht zuletzt dank eines nachwachsenden Roh- und somit nachhaltig wie nachgefragten Baustoffes. Um den Ausbildungsberuf zukunftsorientiert aufzustellen, wird der Ausbildungsberuf nach 25 Jahren derzeit neu geordnet werden. Die geplante Umsetzung ist auf den August 2026 datiert und inhaltlich wirkt das Ausbildungszentrum an der Ausgestaltung aktiv mit. Über die Frage, ob die Zimmerer in diesen modernen Zeiten noch auf die Walz gehen, antwortet Stephan: „Es gibt sie noch, die klassische Walz. Es sind aber Einzelfälle.“ Nicht von der Hand zu weisen sei, dass Zimmerer sich über die Gesellenwanderung handwerklich einen umfangreichen Erfahrungsschatz aneignen.
Hinweise:
Träger des Bildungszentrum Holzbau Baden-Württemberg ist der Landesinnungsverband des Baden-Württembergischen Zimmerer- und Holzbaugewerbes.
Information zur Zimmererausbildung: https://holzbau-online.de/ausbildung-zum-zimmerer-und-zur-zimmerin/berufsausbildung