§ 11: Zu berücksichtigendes Einkommen
Wie ist der Aufstockungsbetrag zum Arbeitsentgelt, der älteren Arbeitnehmern bei Inanspruchnahme von Altersteilzeit gezahlt wird, bei der Einkommensanrechnung zu berücksichtigen?
Arbeitnehmer, die in Altersteilzeit beschäftigt sind - Arbeitszeit und Arbeitsentgelt sind um 50 % reduziert -, erhalten zusätzlich einen Aufstockungsbetrag von mindestens 20 % des reduzierten Bruttolohns. Dieser Betrag ist grundsätzlich steuer- und sozialversicherungsfrei (brutto = netto). Daneben werden zusätzliche Beiträge zur Rentenversicherung gewährt.
Durch die Zahlung des Aufstockungsbetrags sollen Lohnnachteile, die dem Arbeitnehmer durch die Verminderung seiner Arbeitszeit entstehen, zumindest teilweise ausgeglichen werden. Der Aufstockungsbetrag dient folglich demselben Zweck wie reguläres Erwerbseinkommen und ist deshalb bei der Einkommensanrechnung nach dem SGB II als solches zu betrachten.
Auch bei der Ermittlung des Freibetrags nach § 11b Absatz 3 ist der Aufstockungsbetrag einzubeziehen. Berechnungsgrundlage ist dann: Brutto-Arbeitsentgelt + Aufstockungsbetrag.
Beispiel:
Herr A (56 Jahre) ist in Altersteilzeit beschäftigt und hat seine Arbeitszeit deshalb um 50 % reduziert. Das monatliche Brutto-Einkommen (bei 20 Wochenstunden) von Herrn A beträgt 800,00 Euro (631,00 Euro netto), außerdem erhält er einen Aufstockungsbetrag in Höhe von 160,00 Euro monatlich sowie zusätzliche Beiträge zur Rentenversicherung.
Zusätzlich beantragt Herr A Bürgergeld.
Berechnung:
Angabe | Betrag |
---|---|
Nettoeinkommen (Bruttoeinkommen) | 631 EUR (800 EUR) |
Aufstockungsbetrag | 160 EUR |
Gesamteinkommen netto (brutto) | 791 EUR (960 EUR) |
Grundabsetzungsbetrag | 100 EUR |
Freibetrag nach § 11b Absatz 3 SGB II | 216 EUR |
berücksichtigungsfähiges Einkommen | 475 EUR |
Angabe | Betrag |
---|---|
Gesamtbedarf (Regelbedarf + Bedarf für Unterkunft und Heizung) | 791 EUR |
Einkommen | -475 EUR |
Restbedarf | 361 EUR |
Ergebnis:
Herr A erhält Bürgergeld in Höhe von 361,00 EUR.
Stand: 01.07.2023
WDB-Beitrag Nr.: 110063
Vor einer Betriebsauflösung zum 01.03. (inkl. Gewerbeabmeldung) wird in den Monaten Januar und Februar kein Einkommen erzielt, weil die Auftragslage schlecht ist. Aus der Betriebsauflösung sowie aus den letzten Ausgangsrechnungen im Laufe des Februars resultieren Einnahmen in den Monaten März bis Juni. Der Bewilligungszeitraum geht von Januar bis Juni. Wird das Einkommen nur auf die Monate Januar und Februar verteilt, weil nur in diesen Monaten das Gewerbe ausgeübt wurde (Gewerbeanmeldung)? Abwandlung: Wie wird das Einkommen angerechnet, wenn der aktuelle Bewilligungsabschnitt von März bis August geht?
Nein, es erfolgt keine Aufteilung nur auf die Monate Januar und Februar, denn aus § 3 Absatz 1 Satz 3 Bürgergeld-Verordnung (Bürgergeld-V) ergibt sich, dass eine Aufteilung auf den Zeitraum erfolgt, in welchem die Selbstständigkeit ausgeübt wird. Es kommt daher auf die Ausübung der Selbstständigkeit an und nicht darauf, ob zu diesem Zeitpunkt noch eine Gewerbeanmeldung vorliegt.
Zur Ausübung der Selbstständigkeit zählt auch die Liquidation des Unternehmens bzw. der Firma des Selbstständigen. Daher sind auch die Einnahmen aus den letzten Rechnungsstellungen und der Verkauf der Betriebseinrichtung im Rahmen der Selbstständigkeit zu berücksichtigen.
Bei der Berechnung des Einkommens aus der Selbstständigkeit gilt ausnahmslos, dass der Zeitraum, für den die Einnahmen den Ausgaben gegenübergestellt worden sind, sich mit dem Zeitraum decken muss, auf den das ermittelte Einkommen verteilt wird (vgl. Eicher/Mecke, SGB II, 3. Auflage 2013, § 13 RZ 62). Da vorliegend Einnahmen in den Monaten März bis Juni erzielt worden sind, sind diese Monate in den Verteilzeitraum einzubeziehen. Vorliegend wird daher der Betrag auf den gesamten Bewilligungsabschnitt (Januar bis Juni) verteilt.
Antwort zur Abwandlung:
In der Abwandlung läuft der Bewilligungszeitraum in der Regel sechs Monate, also von März bis August. Entscheidend ist hier ebenfalls in welchem Zeitraum die Selbstständigkeit tatsächlich ausgeübt wurde (§ 3 Absatz 1 Satz 3 Bürgergeld-V). Vorliegend wurde die Selbstständigkeit ab dem 01.03. beendet. Es wurden jedoch noch Einnahmen im Zeitraum vom März bis Juni erzielt. Wenn im Juli und August keinerlei Ausgaben angefallen sind und keine Einnahmen erzielt wurden, dann wurde die Selbstständigkeit nur in den vier Monaten (März bis Juni) ausgeübt. Die Einnahmen und Ausgaben werden daher nur vier Monate gegenübergestellt und eine Aufteilung erfolgt daher nur auf diese vier Monate.
Stand: 24.07.2023
WDB-Beitrag Nr.: 110002
Ist eine Erziehungsrente als Einkommen zu berücksichtigen?
Die Erziehungsrente nach § 47 SGB VI gehört zu den Renten wegen Todes, welche jedoch aus der Rentenversicherung des Überlebenden gezahlt wird. Anspruch haben geschiedene Versicherte und verwitwete Versicherte, für die ein Rentensplitting durchgeführt wurde, wenn ihr früherer Ehegatte verstorben ist, sie nicht wieder geheiratet haben und allein ein Kind erziehen.
Die Erziehungsrente dient keiner anderen Zweckbestimmung als die Leistungen nach dem SGB II und ist daher als Einkommen zu berücksichtigen.
§ 5 Absatz 3 SGB II und §§ 102 ff SGB X sind zu beachten.
Stand: 26.07.2023
WDB-Beitrag Nr.: 110045
Sind bei privat versicherten Kindern auch die Krankenversicherungsbeiträge zum Lebensunterhalt zu zählen und bei der Frage, wie viel Kindergeld zur Sicherung des Lebensunterhalts erforderlich ist, zu berücksichtigen?
Gemäß § 11 Absatz 1 Satz 5 SGB II ist das Kindergeld für ein zur Bedarfsgemeinschaft gehörendes Kind Einkommen des Kindes, soweit es zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28 SGB II, benötigt wird.
Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes sind in Kapitel 3, Abschnitt 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch geregelt. Die Zuschüsse zu Versicherungsbeiträgen nach § 26 SGB II gehören somit zu den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (der 2. Abschnitt des 3. Kapitels umfasst die §§ 19 bis 35 SGB II).
Die Aufwendungen zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung, die grundsätzlich nach § 26 Absatz 1 SGB II zuschussfähig wären, sind daher bei der Frage, wie viel Kindergeld zur Sicherung des Lebensunterhaltes erforderlich ist, zu berücksichtigen.
Beispiel:
Bedarf des Kindes | Angabe in Euro |
---|---|
Gesamtbedarf (Regelbedarf des Kindes + Unterkunft/ Heizung) | 450,00 EUR |
Einkommen | Angabe in Euro |
---|---|
Unterhalt | 250,00 EUR |
Kindergeld | 250,00 EUR |
Insgesamt | 500,00 EUR |
Das Kind ist nicht bedürftig, weil sein Einkommen den Bedarf übersteigt. Vom Kindergeld wären grundsätzlich 50,00 EUR beim Kindergeldberechtigten als Einkommen zu berücksichtigen. Für das Kind ist jedoch ein Beitrag in Höhe von 120,00 EUR für eine private Kranken- und Pflegeversicherung (beispielhaft) zu zahlen. Durch die Übernahme dieses Beitrags würde Hilfebedürftigkeit eintreten. Es besteht somit ein Anspruch auf einen Zuschuss nach § 26 Absatz 1 und Absatz 2 SGB II in Höhe von 70,00 EUR (120,00 EUR abzüglich 50,00 EUR übersteigendes Kindergeld).
Im Ergebnis ist damit im genannten Beispiel kein Kindergeld mehr auf die Eltern zu übertragen.
Stand: 27.07.2023
WDB-Beitrag Nr.: 110118
Wie ist eine Lebensversicherung zu bewerten, die durch den Tod der Ehegattin / des Ehegatten fällig geworden ist? Sie wurde zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht berücksichtigt, da eine Verwertung unwirtschaftlich gewesen wäre. Die fällige Versicherungssumme überschreitet nun den Vermögensfreibetrag der Witwe / des Witwers. Ist die ausgezahlte Versicherungssumme Einkommen oder verwertbares Vermögen?
Vor dem 01.07.2023:
Nach dem Bundessozialgericht ist Einkommen im Sinne des § 11 Absatz 1 SGB II grundsätzlich alles, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen, was er vor Antragstellung bereits hatte. Es ist vom tatsächlichen Zufluss auszugehen, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt (Zuflusstheorie, BSG, Urteil vom 23.08.2011, Az: B 14 AS 185/10 R, Rz. 10 mit weiteren Nachweisen).
Einmalige Einkünfte, wie z. B. Lottogewinne, Steuererstattungen, die während der Bedarfszeit zufließen, zählen daher zum Einkommen und nicht zum Vermögen.
Dies gilt nicht für Fälle, in denen mit bereits erlangten Einkünften Vermögen angespart wurde. So zählt beispielsweise eine Lebensversicherung, die durch Zeitablauf fällig geworden ist, weiterhin zum Vermögen; es erfolgt lediglich eine Vermögensumwandlung. Siehe auch Ausbezahlung einer Lebensversicherung.
Im vorliegenden Sachverhalt handelt es sich aber nicht um eine eigene Lebensversicherung, also nicht um von der leistungsberechtigten Person selbst angesparte Mittel. Vielmehr ist hier die leistungsberechtigte Person aus einer Lebensversicherung eines Dritten begünstigt. Die zugeflossenen Mittel resultieren aus den Ansparleistungen des Dritten und der durch den Todesfall erhöhten Auszahlsumme. Die wegen Eintritts des Versicherungsfalles ausgezahlte Lebensversicherung ist daher als einmalige Einnahme zu betrachten.
Ggf. ist zu prüfen, ob von der Verwertung von Teilen der Versicherungssumme gemäß § 12 Absatz 1 Satz 2 Nr. 7 SGB II abzusehen ist, weil dies wegen des Vermögenszweckes (z. B. Beerdigungskosten, Grabpflege) für die leistungsberechtigte Person eine besondere Härte bedeuten würde.
Ab 01.07.2023:
Die Fachlichen Weisungen zu §§ 11-11b SGB II Kapitel 5.5 und § 12 SGB II wurden überarbeitet und sind entsprechend zu berücksichtigen.
Stand: 10.10.2023
WDB-Beitrag Nr.: 110108
Wie sind Steuerrückerstattungen nach dem Eröffnungsbeschluss im Verbraucherinsolvenzverfahren zu berücksichtigen?
Steuererstattungen nach dem Eröffnungsbeschluss im Verbraucherinsolvenzverfahren werden grundsätzlich weiterhin als Einkommen bei der Berechnung von Leistungen nach dem SGB II berücksichtigt.
Zum Hintergrund:
Mit dem Eröffnungsbeschluss beginnt das eigentliche Verbraucherinsolvenzverfahren, da mit dem Beschluss das vorhandene Vermögen in Beschlag genommen und der Treuhänder bestellt wird. Dieser hat für die Dauer des Insolvenzverfahrens die Vertretungs- und Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse inne (§ 80 Absatz 1 InsO).
Zur Insolvenzmasse zählt neben dem bereits vorhandenen Vermögen auch das neu erworbene Vermögen (§ 35 Absatz 1 InsO). Hierzu zählen auch Forderungen, die z. B. aus einer Abrechnung entstehen.
Es fallen nicht sämtliche Gegenstände und Forderungen in die Insolvenzmasse. Dabei gehören Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, nicht zur Insolvenzmasse (§ 36 Absatz 1 Satz 1 InsO, §§ 811ff ZPO).
Nach §§ 850ff ZPO sind von der Beschlagnahmung des neu erworbenen Vermögens nicht pfändbares Arbeitseinkommen und Sozialleistungen ausgeschlossen, so dass dieses Arbeitseinkommen als bereites Mittel der oder dem Leistungsberechtigten zur Verfügung stünde.
In die Insolvenzmasse fallen dagegen alle pfändbaren Vermögensgegenstände und unterliegen somit der Verfügungsbefugnis des Treuhänders, d. h. diese Vermögensgegenstände stehen der oder dem Leistungsberechtigten nicht als bereite Mittel zur Verfügung und sind bei der Berechnung des Leistungsanspruches nach dem SGB II nicht zu berücksichtigen.
Jedoch unterliegt das Einkommen des Insolvenzschuldners, das bei der Deckung des Bedarfs der Insolvenzschuldnerin bzw. dem Insolvenzschuldner nach dem SGB II zu berücksichtigen ist, nicht der Pfändung und Zwangsvollstreckung und wird daher nicht Teil der Insolvenzmasse. Dies folgt aus der Beschränkung der Insolvenzmasse auf das pfändbare Vermögen (§ 36 Absatz 1 InsO, §§ 811ff, 850ff ZPO) und den Gründen für die Pfändungsverbote (BSG, Urteil vom 16.10.2012, Az: B 14 AS 188/11 R, Leitsatz sowie Rz 19).
Die wirtschaftliche Existenz der Schuldnerinnen und Schuldner sowie ihrer bzw. seiner Familienangehörigen soll durch die Pfändungsschutzvorschriften erhalten werden. Damit soll ein bescheidenes, der Würde des Menschen entsprechendes Leben geführt werden können. Da eine Pfändung nicht zu Lasten öffentlicher Mittel erfolgen darf, dürfen dem Schuldner bei der Zwangsvollstreckung keine Gegenstände entzogen werden, die ihm der Staat aus sozialen Gründen mit Sozialleistungen wieder zur Verfügung stellen müsste (vgl. BGH, Beschluss vom 19.03.2004, Az: IXa ZB 321/03IXa ZB 321/03, Rz 8; Zöller, ZPO, 30. Auflage 2014, § 811 Rz 1).
Grundsätzlich ist nur Einkommen, das der leistungsberechtigten Person tatsächlich zur Verfügung steht ("bereite" Mittel), zu berücksichtigen. Es handelt sich daher nur dann um "bereite“ Mittel, wenn die leistungsberechtigte Person diese kurzfristig erlangen kann. Eine Steuerrückerstattung kann nicht als "bereites“ Mittel angesehen werden, wenn sie gepfändet wird. In diesen Fällen steht das Geld tatsächlich nicht zur Bedarfsdeckung zur Verfügung und kann nicht "ohne Weiteres“, also durch einfach gelagertes und zumutbares Verhalten, erlangt werden (BSG, Urteil vom 16.10.2012, Az: B 14 AS 188/11 R, Rz 25f; Landessozialgericht NSB, Urteil vom 19.03.2014, Az: L 13 AS 3/13; FW zu § 9 SGB II, Rz 9.7a).
Sollten hinsichtlich der Verfügbarkeit des Einkommens Schwierigkeiten (z. B. durch Pfändung) auftreten, hat die Kundin bzw. der Kunde die sich aus dem amtsgerichtlichen Verfahren ergebenden Rechtsschutzmöglichkeiten zu nutzen. Eine Unterstützung durch das Jobcenter hat dabei zu erfolgen.
Es ist ggf. ein Anspruchsübergang nach § 33 SGB II zu prüfen, da grundsätzlich jeder privat- oder öffentlich-rechtliche Anspruch übergehen kann.
Stand: 01.08.2023
WDB-Beitrag Nr.: 110119
Kann im Rahmen der Prüfung der Hilfebedürftigkeit der aufgrund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gepfändete Teil des Erwerbseinkommens einer antragstellenden Person als Einkommen nach § 11 SGB II berücksichtigt werden?
Grundsätzlich ist eine Berücksichtigung von Schuldverpflichtungen im SGB II nicht möglich.
Als Einkommen nach § 11 SGB II können nur bereite Mittel berücksichtigt werden. Bereite finanzielle Mittel stehen den leistungsberechtigten Personen dann zur Verfügung, wenn die Mittel kurzfristig und ohne wesentliche Zwischenschritte realisiert werden können, um den Bedarf zu decken. Soweit Teile des Arbeitseinkommens aufgrund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gepfändet werden, hat die antragstellende Person darüber keinerlei Verfügungsmöglichkeiten, d. h. diese stehen nicht als bereite Mittel zur Verfügung. Daher ist der gepfändete Betrag bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit grundsätzlich nicht als Einkommen nach § 11 SGB II zu berücksichtigen.
Regelmäßig dürfte es sich bei dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss um einen sogenannten Blankettbeschluss handeln. D. h., Drittschuldnern (hier: Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern) wird verboten, Arbeitseinkommen oberhalb der Pfändungsfreigrenzen nach § 850c Absatz 3 Zivilprozessordnung (ZPO) an die Schuldnerinnen und Schuldner (hier: Arbeitnehmerin/Arbeitnehmer, Antragstellerin/Antragsteller) auszuzahlen. Nach § 850c Absatz 3 Satz 2 ZPO genügt die Bezugnahme auf die Tabelle über die Pfändungsfreigrenzen zu § 850c Absatz 3 ZPO. Der Arbeitgeberin/Dem Arbeitgeber wird dabei die eigenständige Ermittlung des konkret pfändbaren Arbeitseinkommens auferlegt. Der antragstellenden Person wird daher immer das Einkommen bis zum Erreichen der Pfändungsfreigrenze ausgezahlt.
Tritt im Einzelfall durch die Pfändung des Einkommens erhöhte Hilfebedürftigkeit ein, so ist der antragstellenden Person aufzuerlegen, beim Vollstreckungsgericht eine Erhöhung des unpfändbaren Betrages zu beantragen (soweit die Voraussetzungen nach § 850f Absatz 1 Buchstabe a ZPO erfüllt sein könnten).
Beispiel: Familie mit 2 Kindern (15 und 17 Jahre)
Einkommen ohne Pfändung
Nach Ermittlung der Bedarfe (inkl. Regelbedarf, Bedarfe für Unterkunft und Heizung sowie Mehrbedarfe und KV/PV) wurde ein Gesamtbedarf nach dem SGB II in Höhe von 2.680,00 EUR ermittelt. Es wird ein Netto-Einkommen in Höhe von 2.570,00 EUR monatlich erzielt.
Angabe | Betrag |
---|---|
Netto-Einkommen erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person | 2.570,00 EUR |
./. Absetzbeträge nach § 11b SGB II | - 378,00 EUR |
zu berücksichtigendes Einkommen | 2.192,00 EUR |
Kindergeld (2 x 250,00 EUR) | + 500,00 EUR |
Einkommen insgesamt über 2.680,00 EUR - Bedürftigkeit liegt nicht vor! - | 2.692,00 EUR |
Das insgesamt zu berücksichtigende Einkommen liegt mit 2.692,00 EUR über dem Bedarf in Höhe von 2.680,00 EUR. Wegen der Differenz von 12,00 EUR liegt keine Hilfebedürftigkeit vor.
Variante 1: Familie mit 2 Kindern (15 und 17 Jahre)
gepfändetes Einkommen in Höhe von 867,89 EUR
Angabe | Betrag |
---|---|
Netto-Einkommen erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person | 2.570,00 EUR |
./. gepfändete Beträge nach § 850c ZPO (keine Unterhaltsverpflichtung) | - 876,89 EUR |
./. Absetzbeträge nach § 11b SGB II | - 378,00 EUR |
zu berücksichtigendes Einkommen | 1.324,11 EUR |
Kindergeld (2 x 250,00 EUR) | + 500,00 EUR |
Einkommen insgesamt unter 2.680,00 EUR - Bedürftigkeit liegt vor! - | 1.824,11 EUR |
Nach der Tabelle zu § 850c ZPO ist bei einem Nettoeinkommen von 2.570,00 EUR und drei unterhaltsberechtigten Personen lediglich ein Betrag von 15,58 EUR pfändbar. Grundlage für die Berechnung bilden die Werte ab dem 01.07.2022 in der Fassung der
"Bekanntmachung zu §§ 850c und 850f der Zivilprozessordnung (Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung 2023)“.
Angabe | Betrag |
Netto-Einkommen erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person | 2.570,00 EUR |
./. gepfändete Beträge nach § 850c ZPO (Unterhaltsverpflichtung für 3 Personen) | - 15,58 EUR |
./. Absetzbeträge nach § 11b SGB II | - 378,00 EUR |
zu berücksichtigendes Einkommen | 2.175,42 EUR |
Kindergeld (2 x 250,00 EUR) | + 500,00 EUR |
Einkommen insgesamt unter 2.680,00 EUR - Bedürftigkeit liegt vor! - | 2.675,42 EUR |
Auch unter Berücksichtigung des Betrages von 15,58 EUR würde Hilfebedürftigkeit eintreten. Dennoch ist die Erhöhung des unpfändbaren Betrages zu beantragen, um die Hilfebedürftigkeit zu reduzieren.
Variante 2: Erwerbsfähige leistungsberechtigte Person lebt mit Partnerin/Partner und 2 leiblichen Kindern (15 und 17 Jahre) von Partnerin/Partner in einer Bedarfsgemeinschaf
Da gegenüber den Personen in der Bedarfsgemeinschaft keine Unterhaltsverpflichtung der Schuldnerin/des Schuldners besteht, ist eine Erhöhung des unpfändbaren Betrages nach § 850c ZPO nicht möglich. Es bleibt bei einer Pfändung des Einkommens in Höhe von 867,89 EUR. Die gepfändeten Beträge dürfen nicht als Einkommen berücksichtigt werden, weil sie keine "bereiten Mittel“ sind.
Stand: 03.08.2023
WDB-Beitrag Nr.: 110100