§ 20: Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts

Sind die Fachlichen Weisungen zu § 36 SGB II auch bei Frauen anzuwenden, die Zuflucht in einem Frauenhaus suchen und völlig mittellos sind?

Nach Auffassung des BMAS soll den betroffenen Frauen ab dem Zeitpunkt der (neuen) Antragstellung die anteiligen Leistungen zur Deckung des Regelbedarfs (für Alleinstehende) gezahlt werden, wenn sie glaubhaft darlegen, dass ihnen die im Voraus an die Partnerin oder den Partner gezahlten Leistungen nicht zur Verfügung stehen. Insoweit ist in den betroffenen Einzelfällen abweichend von den Fachlichen Weisungen eine situationsangemessene Entscheidung zu treffen. Die an die Partnerin oder den Partner gezahlten Leistungen sind ggf. zurückzufordern.

Grundsätzlich kommt eine vorläufige Entscheidung nach § 41a Absatz 1 SGB II in Betracht, da nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, dass die Partnerin oder der Partner im Rahmen des Anhörungsverfahrens nach § 24 SGB X die Angaben der Betroffenen glaubhaft widerlegt.

Auch bei der Einleitung des Anhörungsverfahrens sollte die besondere Situation der Betroffenen berücksichtigt werden. Häufig kehren die Frauen bereits nach einem kurzen Aufenthalt im Frauenhaus in die gewaltgeprägte Lebenssituation zurück. Von einer Rückforderung der überzahlten Leistungen kann zwar nicht abgesehen werden. Da aber eine Rücknahmeentscheidung innerhalb eines Jahres möglich ist, wäre beispielsweise denkbar, die Anhörung erst nach dem Auszug aus dem Frauenhaus durchzuführen.

Stand: 01.01.2023

WDB-Beitrag Nr.: 200003

Sind Aufwendungen für Kabelgebühren Bestandteil des Regelbedarfs?

Nein, aber bei der Ermittlung des Regelbedarfs wurden entsprechende Aufwendungen für derzeit gängige Alternativen zur Grundsicherung mit Fernsehen und Hörfunk (z. B. Internet oder Satellitenfernsehen) vollumfänglich berücksichtigt.

Mit dem am 1. Dezember 2021 in Kraft getretenen Telekommunikationsmodernisierungsgesetz können Kabelgebühren für nach diesem Datum errichtete Verteilanlagen für Kabelfernsehen nicht mehr vom Vermieter im Rahmen der Betriebskosten auf die angeschlossenen Wohnungen umgelegt werden. Ab dem 1. Juli 2024 gilt dies auch für alle vor dem 1. Dezember 2021 errichtete Verteilanlagen für Kabelfernsehen.
Dies bedeutet, dass bei Bürgergeldbeziehenden, bei denen diese Kosten bislang Bestandteil der Betriebskosten sind und somit als Bedarf für Unterkunft und Heizung berücksichtigt wurden, diese Aufwendungen spätestens ab dem 30. Juni 2024 mit Wegfall der Umlagemöglichkeit auch nicht mehr über die Bedarfe für Unterkunft und Heizung anerkannt werden können (Wegfall des sogenannten Nebenkostenprivilegs). Entsprechende Verfahren müssen daher angepasst werden.

Sofern Beziehende von Bürgergeld trotz Wegfall des Nebenkostenprivilegs weiterhin den vorhandenen Kabelanschluss nutzen wollen und einen entsprechenden Vertrag mit einem Anbieter abschließen, müssen sie die entsprechenden Aufwendungen - wie alle anderen Leistungsbeziehenden mit alternativen Fernsehempfang – aus dem Regelbedarf finanzieren. Im Regelbedarf sind entsprechende Aufwendungen für derzeit gängige Alternativen zur Grundversorgung mit Fernsehen und Hörfunk (z. B. Internet oder Satellitenfernsehen) berücksichtigt. Demzufolge scheidet auch ein Härtefallmehrbedarf nach § 21 SGB II aus. Denn die reinen Kabelgebühren sind für sich betrachtet durch Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten aus dem Regelbedarf finanzierbar. Außerdem weichen diese der Höhe nach nicht erheblich von den alternativen im Regelbedarf berücksichtigten Zugangswegen ab. Ein Härtefallmehrbedarf ist daher nicht unabweisbar.

Im Ergebnis werden somit alle Leistungsbeziehenden gleichbehandelt. Denn auch bislang erfolgte bei Aufwendungen für Kabelfernsehen, die mietvertraglich nicht als Betriebskosten festgelegt wurden, keine Anerkennung dieser Kosten im Rahmen der Bedarfe für Unterkunft und Heizung (beispielsweise bei Mietern im Neubau oder deren Vermieter die Kabelgebühren nicht umlegen oder bei Leistungsbeziehenden in selbstgenutztem Wohneigentum).

Hintergrund:
Die Fernsehnutzung hat sich in den vergangenen Jahren aufgrund von Alternativen, wie Streaming und Internet, stark verändert. Auch die Kabelanbieter senden Fernsehen nur noch digital. Zudem haben diese infolge des sukzessiven Wegfalls der Umlagemöglichkeit seit dem 1. Dezember 2021 und dem damit verbundenen Wettbewerb mit anderen Zugangsalternativen ihr Leistungsangebot und die damit verbundene Preisgestaltung angepasst. Die im Rahmen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2018 erhobenen Kabelgebühren in Ein-Personen-Haushalten mit entsprechenden Aufwendungen (die jedoch wegen gegebener Deckung über die Bedarfe für Unterkunft und Heizung im Rahmen des Nebenkostenprivilegs nicht zum Tragen kamen), entsprechen daher nicht mehr der heutigen Situation.

Stand: 01.07.2024

WDB-Beitrag Nr.: 200027

Auszahlung der anteiligen Leistung zur Deckung des Regelbedarfs (ggf. in bar) an Nichtsesshafte: 
1.) Ist bei o. a. Personenkreis der gesamte Regelbedarf im Sinne des § 20 Absatz 1 (Stichwort: Telefon, Fax, Möbel, Apparate, Haushaltsgeräte) anzuerkennen? 
2.) Kann vom o. a. Personenkreis verlangt werden, von den Leistungen zur Deckung des Regelbedarfs Rücklagen für später notwendige Anschaffungen zu bilden? 
3.) Ist der o. a. Personenkreis generell leistungsberechtigt nach dem SGB II?

  1. Ja. Es ist der gesamte Bedarf anzuerkennen, weil mit der Leistung zur Deckung des Regelbedarfs die in § 20 Absatz 1 aufgeführten Bedarfe pauschaliert abgedeckt werden. Auf die individuellen Verhältnisse, z. B. ob jemand einen Telefonanschluss hat, kommt es nicht an.
  2. Ja. Leistungsberechtigte Personen haben in Bezug auf notwendige Beschaffungen Rücklagen zu bilden. Soweit dennoch ein unabweisbarer Einmalbedarf besteht, ist zu prüfen ob im Rahmen des § 24 Absatz 1 ein Darlehen gewährt werden kann.
  3. Ja. In § 7 Absatz 1 Nr. 4 SGB II ist lediglich der gewöhnliche Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland Anspruchsvoraussetzung. Ein fester Wohnsitz wird für einen Leistungsanspruch nach dem SGB II nicht verlangt.

Stand: 09.02.2017

WDB-Beitrag Nr.: 200012

Müssen SGB II-Leistungsberechtigte Zuzahlungen zu Medikamenten oder bei stationärer Behandlung – auch im Krankenhaus – leisten? Gibt es ggf. Härtefallregelungen?

Zuzahlungen zu Medikamenten bzw. bei stationären Aufenthalten sind im pauschalierten Regelbedarf berücksichtigt. Die leistungsberechtigten Personen haben anfallende Kosten mit den Leistungen für den Regelbedarf eigenverantwortlich zu bestreiten. Ggf. kommt im Einzelfall ein Darlehen nach § 24 Abs. 1 in Betracht.

Auf die Belastungsgrenze nach § 62 SGB V wird in diesem Zusammenhang verwiesen. Auskünfte erteilen die zuständigen Krankenkassen.

Stand: 01.01.2023

WDB-Beitrag Nr.: 200001

Nutzungshinweise Wissensdatenbank SGB II